Obermeiderich verabschiedete Pfarrer Jochen Hölsken in den Ruhestand
„Bei allem Ernst auch viel und von Herzen gelacht“
„Es war ein bewegender, ein- und mitnehmender Tag, den ich noch verarbeiten muss. Auch muss ich jetzt erst einmal Ruhestand lernen“, sagt Jochen Hölsken, der jetzt nach 33 Jahren im Amt als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Obermeiderich verabschiedet wurde.
Er hat nicht nur das Leben in seiner Gemeinde mitgeprägt, sondern war auch in vielen Bereichen des gesamten Kirchenkreises engagiert. „Den Gottesdienst mit der offiziellen Verabschiedung durch Superintendent Armin Schneider habe ich sehr intensiv erlebt“, so Hölsken im Gespräch mit dem Wochen-Anzeiger. Lachend ergänzt er: „Ich habe mich ja auch erfolgreich vor der Predigt gedrückt und das an dem Tag anderen überlassen.“
Auf lange Reden verzichtet
Beim anschließenden Empfang hat er zudem ganz bewusst auf lange Lob-, Dankes- und Abschiedsreden der anwesenden „Offiziellen“ verzichtet. Er wollte, wie er es immer gehalten hat, lieber mit den Menschen ins persönliche Gespräch kommen. Und dazu hatten er, die Gemeinde und viele Weggefährten und Gäste reichlich Gelegenheit.
Jochen Hölsken wurde am 9. November 1986 in sein Amt als Pfarrer der Kirchengemeinde Obermeiderich eingeführt, in einer Zeit des noch bestehenden Ost-West-Konfliktes, aber schon mit ersten Signalen der Annäherung. So waren bei Hölskens Einführung nicht nur Vertreter der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche, der Freikirchen und der Stadt Duisburg anwesend, sondern auch Pfarrer Alfred Schierge, Superintendent aus dem Partnerkirchenkreis Belzig in der DDR. Den hatte der Superintendent des damaligen Kirchenkreiese Duisburg-Nord, Karl-Wolfgang Brandt, eingeladen.
Wie ein Nachhause kommen
Jochen Hölsken studierte Theologie in Berlin, in München und in Bonn. Als Vikar und Hilfsprediger arbeitete er zunächst in einer Kirchengemeinde im Siebengebirge. „Der Wechsel nach Obermeiderich war wie ein Nachhausekommen“, sagt er rückblickend. „Meine Eltern waren gebürtige Meidericher, und mir waren die vermeintlichen Eigenarten und der Zungenschlag der Menschen hier wohlvertraut.“ Seine Frau, die Kinder und er seien von Anfang an mit so viel Herzlichkeit aufgenommen worden, „dass wir es nie bereut haben.“
Deshalb schwingt, wenn Pfarrer Hölsken über Obermeiderich spricht, Dankbarkeit und Liebe mit im Ton: „Meine Gemeinde zeichnet sich durch große Offenheit und Bodenständigkeit aus. Man sagt, was man denkt, hält aus, wenn Andere anders sind, und so fühlen sich wirklich viele unterschiedliche Gemüter hier bei uns zuhause.“ Die Begegnung mit so vielen Menschen in allen erdenklichen Lebenslagen und das Vertrauen, das ihm als Pfarrer entgegengebracht wurde, beeindrucken ihn bis heute am nachhaltigsten. Besondere Freude haben ihm die gemeinsamen Gottesdienste bereitet, egal ob klassisch oder experimentell. Die Teamarbeit im „Geteilten Amt“ mit den Pfarrern Preuß und Schurmann war ihm sogar ein richtiges Vergnügen.
Jochen Hölsken wörtlich: „Wir haben uns gegenseitig unterstützt und ermutigt, und unsere Gemeindeglieder haben immer wieder zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie das zu schätzen wissen. Ich war ja auch ununterbrochen 31 Jahre lang Vorsitzender ganz unterschiedlicher Presbyterien, und dabei war mir immer wichtig, dass wir Entscheidungen und Weichenstellungen in großer Einmütigkeit treffen konnten. Neben allem Ernst in der Sache haben wir auch viel und von Herzen gelacht. Und das kann ich nur sehr empfehlen. Das entkrampft nämlich ganz gehörig.“
Immer konsequent eingebracht
Aber Jochen Hölsken hatte und hat nicht nur seine Gemeinde im Blick, sondern blickte stets über den Tellerrand hinaus. „Nicht nur in unserer Region schrumpft die evangelische Kirche kontinuierlich, und frühere Selbstverständlichkeiten und angestammte Autorität schwinden in zunehmendem Tempo“, sagt er und ergänzt sofort:.“ Wer meint, bei Althergebrachtem und Gewohntem stehen bleiben zu können, hat schon verloren. Die Seele der Kirche wird immer bei den Menschen in der Gemeinde vor Ort erlebbar sein, und da spielen traditionelle Gemeindegrenzen kaum noch eine entscheidende Rolle.“
So hat sich der „Jung-Ruheständler“ in den letzten Jahre aktiv in die Arbeit der Kooperationsgruppe Nord eingebracht, die künftig mehr zusammenwachsen muss, will und wird. Für ihn ist zudem klar, dass Kirche immer politisch sein wird, solange sie eine öffentliche Größe ist. Hölsken: „Aber die Menschen werden zunehmend empfindlich, wenn sie sich bevormundet fühlen. Um klare Signale gegen Rechts wird man allerdings nicht umhinkommen, wenn wir unserem Auftrag treu bleiben wollen.“
Jochen Hölsken bleibt übrigens Duisburg, Obermeiderich und seiner Gemeinde weiterhin „hautnah“ verbunden. In seiner bisherigen Wohnung kann und wird er beliben. Jetzt allerdings hat er mehr Zeit für seine Kinder und Enkelkinder, für das Lesen, Reisen und Malen, denn Letzteres ist seine große Leidenschaft.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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