„Wahnsinn!“ Wolfgang Petry als Musical.

Foto: Hardy Müller
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Mit 20 Millionen verkaufter Alben und unzähligen Party-Schlagern innerhalb von 40 Jahren gehört Wolfgang Petry zu den erfolgreichsten deutschen Musikern. Doch vor 15 Jahren war plötzlich Schluss mit „Wolle“. Ein letztes Mal war er 1999 beim Abschlusskonzert seiner „Einfach geil“-Tournee im Essener Georg-Melches-Stadion zu hören. Doch bis heute ist der schnelle Schlager-Rock viel mehr als die Erinnerung einer Generation. Deshalb überrascht es nicht, dass nun ein Musical mit den beliebtesten Songs aus dem Repertoire von Wolfgang Petry im Duisburger Theater am Marientor Premiere feierte. Als weitere Stationen des Schlager-Musicals sind in Berlin und München geplant.

„Reißt die Hütte ab“, gab Wolfgang Petry den Zuschauern mit auf den Weg. Selbst hat sich der Sänger schon vor Jahren aus dem Rampenlicht zurückgezogen und ist nur noch selten unter seinem neuen Künstlernamen „Pete Wolf“ mit Blues-Rock zu sehen. Auf der Strecke geblieben sind dabei nicht nur die schon 2002 für die Opfer der Oder-Flutkatastrophe versteigerten Freundschaftsbänder, sondern auch die lockige Matte. In der Erinnerung der Fans lebt Wolle weiter – mit Schnäuzer und langen Haaren. Eine ganze Gruppe Fans gekleidet in karierten Holzfällerhemden, mit Perücken und aufgeklebten Bärten sorgte bei der Weltpremiere für Stimmung – und bekam dort fast genauso viel Aufmerksamkeit wie Heino oder Guildo Horn, die zur Freude ihrer Fans in Duisburg über den roten Teppich flanierten.

Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen

Das Musical selbst erzählt eine abwechslungsreiche Geschichte von großen Gefühlen, bitterer Enttäuschung und von Freundschaft und Versöhnung. Den Autoren ist es gelungen, die Geschichte von vier ganz verschiedenen Paaren zu einer gemeinsamen Geschichte zu verknüpfen und diese mit den Songs von Wolfgang Petry zu erzählen. Wie in seinen Liedern gehen die Protagonisten durch die sprichwörtliche Hölle und finden schließlich den Weg zurück zum Happy End. Das gilt für Sabine und Peter, die sich nach langer Ehe auseinandergelebt haben und vor der Trennung stehen. Es gilt auch für Wolf und seine nie vergessene Jugendliebe Jessica, die nach einer stürmischen Nacht allein zurückblieb. Es gilt für Gianna und den an den jungen Wolfgang Petry erinnernden Musiker Tobi. Dessen Eltern Karsten und Gabi stellen fest, dass sich in ihrer Beziehung viel verändert hat – und wollen für den Jungen nur das Beste – eine solide Ausbildung. Doch das Herz des Sohnes schlägt für die Musik, sodass Gefühle und Vernunft in einen kaum zu lösenden Konflikt geraten. Aus ganz unterschiedlichen Gründen brechen alle Darsteller schließlich aus dem Ruhrgebiet auf nach Bahia del Sol. Dort beim legendären Holzfällerfest Ho Chi Ka Ka Ho ist es schließlich Zeit für Entscheidungen – und das große Happy End, das bei einem Gute-Laune-Musical einfach dazu gehört.

Bekannte Songs neu arrangiert


Um die Musik zu mögen, muss man nicht Wolfgang Petry-Fan sein – doch es hilft. Eindrucksvoll haben sich die Produzenten die bekannten Songs aus dem Repertoire vorgenommen und diese neu arrangiert. Während manche nah am Original sind und das Publikum zum Mitsingen animieren, haben andere eine ganz neue Gestalt bekommen. So gerät Peter bei einer Polizeikontrolle mit dem Gesetz in Konflikt und singt mit dem Polizisten „So ein Schwein“ als Duo. Sabine leitet die Trennung ein zu „Ich will das alles nicht mehr“ und im Streit begeistert Wolf mit einem sehr emotionalen „Der Himmel brennt“. Mehr als 25 Hits aus der Feder von Wolfgang Petry finden so ihren Platz in der Geschichte. Bei der Produktion aus der Feder von Martin Lingnau und Heiko Wohlgemuth waren die wohl erfolgreichsten Musical-Autoren ihrer Generation aktiv. Mit Regisseur Gil Mehmert und Sebastian de Domenico als musikalischem Leiter wurden auch in diesen Bereichen Könner ihres Faches verpflichtet. Begleitet wurde die Entwicklung des Stückes auch von Wolfgang Petry, der die fertigte Produktion kommentierte: „Ich finde es großartig, was hier aus meiner Musik gemacht wird. Ich habe gelacht, sogar geweint und bin begeistert.“

Insider für echte Fans

Für echte Fans hat man an verschiedenen Stellen kleine Extras eingebaut. So soll ein Dixie-Klo daran erinnern, dass Wolfgang Petry nach Beschwerden von Fans einst selbst die Sauberkeit der Klos bei einem Konzert kontrollierte. Das Holzfällerfestival kann gewiss als Reminiszenz an den Kleidungsstil des Musikers verstanden werden. Auch wenn Tobi an die Jugend des Ruhrgebiets-Barden erinnert, der genau wie die Bühnenfigur im Schlafzimmer der Eltern proben musste, und Wolf wohl eine gereifte Version des Stars sein kann, erzählt „Wahnsinn!“ nicht vom Leben Wolfgang Petrys. Vielmehr nutzt die Produktion die bekannten Hits, um eine fiktive Geschichte zu erzählen. Bei der ist man äußerst kreativ zur Sache gegangen. Barhocker werden zum Laufsteg. Ein alter VW-Käfer zerfällt in seine Einzelteile. Ein Dixie-Klo wird in Flammen gesetzt. Kern des Bühnenbildes ist der Platz für die siebenköpfige Liveband, die in manchen Szenen zu sehen ist und in anderen hinter dem Vorhang für stimmungsvolle Musik sorgt. Mit einfachen Umbauten verwandelt sich die Bühne in einen LKW, eine Konzertbühne und schließlich sogar in ein Hotel im sonnigen Süden.

Mit Gefühl und Humor

Dass das Musical nicht nur Stimmung und Emotion kann, sondern auch Humor beweist nicht nur die Auswahl des Songs „Majas Blumenwiese“, bei dem als Insekten verkleidete Darsteller über die Bühne laufen, sondern auch der Einblick in eine Yoga-Sesssion am Strand von Bahia del Sol, bei der der esoterische Guru in Konflikt kommt mit der schlagkräftigen Faust des Gastes aus dem Ruhrgebiet. „Ich hoffe, Ihr geht alle mit einem lachenden Herzen nach Hause“, hatte Wolfgang Petry dem Publikum in einem Brief mit auf den Weg gegeben. Das Experiment gelang – nach Veranstalterangaben sogar so gut, dass die Musikanlage im Saal ausgetauscht werden musste, um es mit dem bei manchen Liedern lautstark mitsingenden Publikum aufzunehmen. Eigentlich fehlte nur einer – Wolfgang Petry, der versprach sich einer der in Duisburg bis Ende April, in Berlin bis Mitte Mai und in München bis Anfang Juni folgenden http://www.petry-musical.deShows anzuschauen.

Autor:

Christian Kolb aus Essen-Steele

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