Slapstick in seiner absurdesten Form
Absurd, unverschämt, „very british“ eben. So lässt sich Richard Beans rasante Verwechslungskomödie „Ein Mann, zwei Chefs“ wohl am Besten zusammenfassen. Die moderne Version von Carlo Goldonis Klassiker „Der Diener zweier Herren“ feiert am 5. März im Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM) Premiere.
„Es kommt auch Schlagsahne darin vor, aber mehr möchte ich noch nicht sagen.“ So viel schonmal verrät Michael Bohn, Leiter des Mülheimer Backstein Theaters, über die charmante Typenkomödie. Nach Molières „Tartuffe“ wird die Große Bühne dieses Stück nun ein volles Jahr über im EKM inszenieren.
Am Londoner Westend 2011 uraufgeführt, erfreut sich „Ein Mann, zwei Chefs“ dort seitdem größter Beliebtheit. Denn hier jagt eine Verwechslung die Nächste und die Kulisse des Gangstermilieus der wilden 60er Jahre verleiht dem modern aufbereiteten Klassiker ein ganz besonderes Flair.
Handlungsort ist das englische Seebad Brighton. Das Stück startet mit der Verlobungsfeier von Pauline, der Tochter des bekannten Ganovenbosses Charlie Clench. Auf der Feier taucht plötzlich der totgeglaubte Gangster Roscoe auf, mit dem sie ursprünglich eine Zwangsheirat eingehen sollte. Sein plötzliches Auftauchen bringt Vater Clench ordentlich ins Schwitzen, denn nun sind alle seine geschäftlichen Vereinbarungen wieder aktuell.
Doch Roscoe ist in Wahrheit seine verkleidete Zwillingsschwester Rachel. Und als würde das nicht schon für genug Verwirrung sorgen, kommt an der Stelle auch noch der von seinen Bedürfnissen getriebene Leibwächter Francis ins Spiel. Immer hungrig, verfolgt er seine ganz eigenen Pläne, indem er sich von gleich zwei Herren als Diener einstellen lässt.
Und so häufen sich die Verwicklungen und Missverständnisse. Das Stück erreicht seinen Höhepunkt, als Francis beide Arbeitgeber in getrennten Räumen eines Pubs gleichzeitig bedienen muss und obendrein noch seinen Heißhunger stillen will. Das Chaos nimmt seinen Lauf.
Dadurch, dass er auf irrwitzigste Weise immer wieder seinen Hals retten muss, sorgt Leibwächter Francis in der Komödie für pausenlosen Spaß. „Er tickt nicht gerade wie eine Schweizer Uhr“, verrät Schauspieler Jost Schenck mit einem Augenzwinkern. Bei der aktuellen Produktion des Mülheimer Backsteintheaters verkörpert er den unverschämten Leibwächter. Dass Francis zwar überhaupt nicht politisch korrekt, aber trotzdem irgendwie ein Sympathieträger sei, das habe ihm besonders Spaß an der Rolle bereitet, erzählt der Darsteller.
Aber nicht nur dieser Charakter macht das Stück zu einer ausgesprochenen Slapsticknummer. Die vielen überraschenden Wendungen und auch kleinere Rollen sorgen für pausenlosen Spaß. Der 87-jährige Kellner mit überdrehtem Herzschrittmacher beispielsweise, der das Chaos bloß noch vergrößtert, als er dem überforderten Francis zur Hilfe eilen möchte. Dieser ist auch die einzige Figur, die in Carlo Goldonis Klassiker ursprünglich nicht vorkommt. Aber genau durch ihn gerät das Stück zu völlig absurdem Slapstick. „Für mich ist das ein Highlight“, sagt auch Michael Bohn über die zusätzliche Figur.
Eine weitere Besonderheit stellt der musikalische Rahmen dar, in welchem die Komödie inszeniert wird. Eine so große begleitende Live-Band hat es in dieser Form auf der Großen Bühne des Backsteintheaters noch nicht gegeben.
Hinter all dem steckt ein enormer technischer Aufwand, betont Regisseur Dr. Heribert Lochthove. Die Technik und die tollen Bühnenbilder und Kostüme machen es dem Zuschauer leicht, sich ins England der 60er Jahre zu versetzen.
Nach der Premiere am 5. März um 19 Uhr im Großen Kasino des EKM wird das Stück das gesamte Jahr über aufgeführt. Weitere Aufführungstermine sind der 6. März, 12. März, 23. April, 30. April und 1. Mai, jeweils um 19 Uhr im Kasinotheater EKM. Kostenlose Eintrittskarten gibt es telefonisch unter 309 2067, online auf www.evkmh.de/kultur/große-buehne, an der Information des EKM, Wertgasse 30, oder im Altstadt-Restaurant „Die Schatulle“, Muhrenkamp 7. Sibylle Brockschmidt
Autor:Sibylle Brockschmidt aus Mülheim an der Ruhr |
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