Loveparade-Strafverfahren eingestellt
Richter machen eine "Vielzahl von Umständen" für Katastrophe verantwortlich

Ob das Landgericht Duisburg mit seinen Ausführungen die Frage nach dem Warum für die Opfer und Angehörigen ausreichend beantwortet hat? | Foto: Frank Preuß
  • Ob das Landgericht Duisburg mit seinen Ausführungen die Frage nach dem Warum für die Opfer und Angehörigen ausreichend beantwortet hat?
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Die 6. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg hat das Verfahren gegen die drei verbliebenen Angeklagten im Loveparade-Strafverfahren mit Zustimmung der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Dennoch war es den Richtern ein besonderes Anliegen, gerade für die Verletzten und Hinterbliebenen Aufklärungsarbeit zu leisten. Deshalb haben sie detailliert geschildert, was sich nach ihren Erkenntnissen von den Anfängen der Planung bis zum Ende des Unglückstages zugetragen haben könnte.
Als wesentliche zusammenwirkende Ursachen für die Katastrophe haben sie benannt:
=> Einen Veranstaltungsort, der für das Veranstalterkonzept und die erwarteten und auch die tatsächlichen Besuchermengen nicht geeignet war,
=> Zugangsanlagen, die für die erwartete Besucheranzahl zu geringe Kapazität hatten,
=> zu wenig Fläche zwischen dem Zugang (über die Rampe Ost) auf das Gelände und der Fläche, auf der die Musikwagen fuhren,
=> die unkoordinierte Steuerung der Personenströme,
=> die massiven Störungen in der Kommunikation, die notwendige Absprachen teilweise unmöglich machten,
=> die fehlende Abstimmung von Maßnahmen wegen des Rückstaus vor den Zugangsbereichen sowie zwischen dem Zugang auf das Gelände und der Fläche mit den Musikwagen,
=> organisatorische Entscheidungen am Veranstaltungstag entgegen vorheriger Absprachen,
=> die Errichtung der (dritten) Polizeikette auf der Rampe Ost, die die Drucksituation auf der Rampe verstärkt hat,
=> das nicht abgestimmte Öffnen der Zugangsanlagen trotz angeordneter Schließung,
=> das Öffnen der Zaunelemente an der Zugangsanlage West um 16.31 Uhr.

Nach den Ausführungen des Gerichts hätte das Unglück auch am Veranstaltungstag noch durch eine Reihe von Maßnahmen verhindert oder zumindest in den Folgen abgemildert werden können, so etwa durch
=> eine zwischen dem Veranstalter und der Polizei abgestimmte Steuerung der Personenströme und/oder
=> koordinierte Maßnahmen wie zeitweilige Schließungen der Vor-sperren oder der Zugangsanlagen und/oder
=> den verstärkten Einsatz von Ordnern, um Personen von der Rampe weg zu leiten und auf das eigentliche Veranstaltungsgelände zu führen und/oder
=> ein vorübergehendes Anhalten der Musikwagen auf der Parade-strecke, um besseren Personenfluss auf das Gelände zu ermöglichen und/oder
=> den Abbruch des Besucherzuflusses auf das Gelände und/oder
=> den Abbruch des Besucherzuflusses in die Stadt Duisburg insgesamt (Stopp des Bahnverkehrs).

Nach den Ausführungen der Richter dürfte das Zusammenwirken einer Vielzahl von Umständen dazu geführt haben, dass es zu dem Gedränge mit dem tödlichen Verlauf gekommen ist.
Unter Gesamtwürdigung dieser Erkenntnisse und aller Umstände der Katastrophe kommt das Gericht trotz der schwerwiegenden Folgen der Tat zu dem Schluss, dass die (mögliche) individuelle Schuld der Angeklagten an der Katastrophe zum jetzigen Zeitpunkt als gering anzusehen sei. Deshalb soll das Verfahren gegen sie nicht weitergeführt werden.

Autor:

Sabine Justen aus Duisburg

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