Quadriennale - Ausstellungen im Forum NRW

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Als Stiftung für Medienkunst präsentiert das imai – inter media art institute das neue Werk „Projected Data Images“ (2010) von Katharina Sieverding. Sie nimmt wie kaum eine andere in Düsseldorf verortete Künstlerpersönlichkeit den spannungsvollen Transfer der Medien durch verschiedene Produktionsformate in ihr Werk auf. Seit mittlerweile vier Jahrzehnten zählt die international renommierte und vielfach ausgezeichnete Künstlerin zur Avantgarde dieser Stadt.

"Katharina Sieverding konzipiert eigens für das imai im NRW-Forum eine Ausstellung, in der ihr mehr als 40jähriges Fotoarchiv mit modernster Projektionstechnik künstlerisch vorgestellt wird. Circa 1.800 analoge Fotografien der Künstlerin werden in digitale Bildmontagen eingeflochten, die in einem wandfüllenden, sich stetig verändernden Projektionsfries gleich-sam in kinematografische Strukturen übersetzt werden. Die Bildsequenzen werden sowohl aus Fotografien gespeist, die bereits in frühere Fotoserien Eingang fanden, als auch aus bislang unveröffentlichtem fotografischem Material. Bildliche Verweise auf Sieverdings Jahre an der Düsseldorfer Kunstakademie und ihre Begegnung mit in Düsseldorf tätigen Künstlern, wie etwa Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, James Lee Byars, Nam June Paik, werden einfließen. Der Ausstellungsbesucher wird in einen projizierten, dynamischen Bildraum eintauchen, in dem wechselnde Bildkonstellationen ein komplexes visuelles System aus Bezügen und Assoziationen entwerfen," berichtet Brigitte Göllner von imai.

Das imai ist eine Stiftung für Medienkunst mit einer repräsentativen Sammlung, einem Studienschwerpunkt zur Konservierung und Restaurierung dieser Kunstgattung sowie einem in Deutschland einzigartigen Vertriebsprogramm. Über 3.000 Werke geben einen Überblick von der Frühzeit der Medienkunst in den 1960er Jahren bis in die Gegenwart. Gut ein Drittel davon kann im öffentlich zugänglichen Online-Katalog angeschaut werden. Im NRW-Forum organisierte das imai bisher die Ausstellung „Crossing the Screen“ (2006) und Gary Hill „Strange Trajectories“ (2007).

Der Rote Bulli. Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie – unter diesem Titel widmet sich das NRW Forum für Kultur und Wirtschaft zur Quadriennale 2010 erstmals eine Kapitel der jüngeren Fotogeschichte. Es geht um eine Künstlerfreundschaft, die im Jahre 1973 in New York ihren Anfang nimmt. In der US-Metropole lernt der 26jährige Stephen Shore die Düsseldorfer Fotografin Hilla Becher kennen, deren typologische Bilddokumentation von Wassertürmen, die sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Bernd Becher erstellt hat, im Vorjahr in der Galerie von Illeana Sonnabend gezeigt wurde. Zwei Jahre danach werden Stephen Shore (als einziger Farbfotograf) und das Ehepaar Becher (als einzige europäische Position) in der legendären Gruppenausstellung New Topographics präsentiert. Der New Yorker zeigt hier erstmals sein Farbbild eines roten Volkswagenbusses, das er im Juni 1974 an einer Straßenkreuzung in Easton, Pennsylvania, aufgenommen hat. "Für ihn bedeutet das Schlüsselbild nicht nur eine Hommage an den großen US-amerikanischen Fotografen Walker Evans, sondern es handelt sich auch um eine regelrechte Bildinitiation, die ihn dazu bewegt, fortan mit der altermeisterlichen Großformatfotografie zu arbeiten," erfahre ich bei der Ausstellungspräsentation.

Bernd und Hilla Becher wiederum erwerben im Jahre 1980 ausgerechnet einen C-Print dieses Motivs. Über Jahrzehnte ist das Fotografenpaar schließlich in genau diesem Vehikel unterwegs gewesen, um die Industrieanlagen der westlichen Welt zu dokumentieren. Bis zum Tod von Bernd Becher im Jahre 2007 wird ein solches Gefährt weiter seinen Dienst tun. "Ein Kleinbus mutiert unweigerlich zu einer Metapher der Fotografie," so die Ausstellung.

Der Rote Bulli ist denn auch der namensgebende Titel der Ausstellung Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie, der die Verbindung zwischen dem aufstrebenden Protagonisten der New Color Photography und den beiden Düsseldorfer Dokumentarkünstlern über einen Zeitraum von über zwei Jahrzehnten nachzeichnet. "Konkret erkundet die Schau die Frage, inwieweit die von Bernd Becher geleitete Fotoklasse an der Düsseldorfer Kunstakademie, deren erste Generation später Weltruhm erlangt, sich von US-amerikanischen Sujets und Bildkonzepten der 1970/80er Jahre inspirieren ließ. Gerade in Konfrontation mit dem fotografischen Werk von Stephen Shore sind die transatlantischen Einflüsse auf die Becherklasse kaleidoskopartig zu studieren," heißt es im Pressetext

Mit Stephen Shore steht eine Schlüsselfigur der US-amerikanischen New Color Photography im Zentrum der Ausstellung. Mit 17 Jahren gelangt der gebürtige New Yorker in Andy Warhols Factory und dokumentiert dort das virulente Treiben um den legendären Pop-Art-Künstler. Im Alter von 24 Jahren wird Shore bereits 1971 eine Einzelausstellung im Metropolitan Museum of Art in New York eingerichtet. Ab Mitte der 1970er Jahre begibt er sich auf mehrere Roadtrips durch die Vereinigten Staaten und erstellt eine Dokumentation des „American Life“. Hierbei offenbart sich für Shore das Moment der Farbe als ein künstlerisch auto-nomes Bildelement. Für die Fotografie allerdings, die damals von einer marktschreierischen Buntheit in den Werbe- und Printmedien beherrscht wird, kommt dieser künstlerische Impuls, den zeitgleich auch sein Landsmann William Eggleston treibt, einer Revolution gleich. Im ersten Teil gewährt die Schau einen umfassenden Blick auf Shores bahnbrechende Arbeiten der 70er und 80er Jahre. Beginnend von konzeptuell geprägten Schwarzweißarbeiten und betont ironischen Reihen, die mit vernakulärer Fotografie arbeiten, zeigt die Schau Werkkomplexe der epochalen Projekte American Surfaces und Uncommon Places.

Auch dank der Unterstützung von Bernd Becher werden die Farbserien von Stephen Shore seit Mitte der 1970er Jahre verstärkt in Europa und insbesondere in Deutschland wahrgenommen. Im Frühjahr 1977 wird ihm durch die Vermittlung Bechers in der Kunsthalle Düsseldorf eine erste institutionelle Einzelausstellung eingerichtet. Auf der documenta 6 (1977) sind Aufnahmen der Uncommon Places-Serie, die aus dem Besitz von Bernd Becher stammen, ebenso vertreten wie auf der Fotofachmesse photokina (1978, 1980). Früh strahlen die Arbeiten der US-amerikanischen New Color Photography auch auf die von Bernd Becher geleitete Fotoklasse an der Kunstakademie in Düsseldorf aus, die 1976 eingerichtet wurde.

Im zweiten Teil erkundet die Ausstellung Der Rote Bulli. Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie die Bildfindungen, die die Becherklasse im Spannungsfeld mit US-amerikanischen Bildtraditionen der Fotografie entwickelt. "Bereits in frühen Arbeiten von Candida Höfer, Thomas Ruff, Volker Döhne, Tata Ronkholz, Thomas Struth und Axel Hütte, die noch in den 1970er Jahren entstehen, artikuliert sich ein Bedürfnis der Studierenden, die präzisen motivischen, bildästhetischen oder konzeptuellen Vorgaben des Becherschen Anspruchs mit Bildparametern des New Color zu erweitern. Neben dem Einsatz von Farbe (Thomas Ruff, Candida Höfer) und motivischen Adaptionen – etwa im Rückgriff auf Straßenszenerien (Volker Döhne, Thomas Struth) – spiegelt sich dieser Drang in der Präferenz für Themen der Konsum- und Alltagskultur und spezifische atmosphärische Realitäten innerhalb der Fotografie (Tata Ronkholz, Axel Hütte). In der Folgegeneration der 80er Jahre dienen verstärkt Sally Eauclaires Monografie The New Color Photography (1981) und Stephen Shores Fotobuch Uncommon Places (1982) als Inspirationsquelle für bildkünstlerische Strategien. Die Ausstellung untersucht diese beispielhaft in Arbeiten von Wendelin Bottländer, Andreas Gursky, Andi Brenner, Martin Rosswog, Kris Scholz, Simone Nieweg und Boris Becker. Noch in den 90er Jahren lässt sich ein Einfluss von Stephen Shore im Frühwerk von Claus Goedicke, Claudia Fährenkemper, Laurenz Berges, Elger Esser, Stefan Schneider und Bernhard Fuchs nachweisen. Auch ihre Farbaufnahmen verdeutlichen mit Nachdruck, dass die Methodik der Becherklasse zwar einer weitgehend malerisch tradierten Kunstauffassung folgt, die Motivwahl jedoch weiterhin stark von der New Color beeinflusst ist," berichtet die Ausstellung.

Zu Beginn des Jahres 1995 ist Stephen Shore auf Einladung von Bernd Becher erstmals zu Gast an der Kunstakademie Düsseldorf. Er spricht dort zu den Studenten der Fotoklasse und sichtet Portfoliomappen. Kurz zuvor hat Stephen Shore in Münster eine Retrospektive seiner Werke eröffnet, die zugleich den Beginn seines künstlerischen Comebacks einleiten wird. Im Katalog findet sich ein Interview mit Bernd und Hilla Becher.

Stephen Shore, Bernd und Hilla Becher, Thomas Struth, Axel Hütte, Tata Ronkholz, Miles Coolidge, Martin Rosswog, Thomas Ruff, Candida Höfer, Claus Goedicke, Simone Nieweg, Stefan Schneider, Kris Scholz, Wendelin Bottländer, Elger Esser, Andreas Gursky, Boris Becker, Bernhard Fuchs, Laurenz Berges, Andi Brenner, Volker Döhne, Claudia Fährenkemper und Matthias Koch zeigen hier ihre Bilder.

Ist Fotographie Kunst? Wann ist Fotographie Kunst? Und worin unterscheidet sich Fotographie vom Bildjournalismus, der dokumentarisch arbeitet? Dies sind Fragen, die mir beim Rundgang durch die Ausstellung in den Sinn kommen. Eine schlüssige Antwort habe ich nicht; ob ich sie jemals geben kann, weiß ich nicht. Zu fließend erscheinen mir die Übergänge zu sein.

Man muß schon sehr viel Ahnung von Fotographie haben, um diese Ausstellung würdigen zu können. Schließlich ist selbst mir als Laien bekannt, daß es seit über 10 Jahren digitale Bildbearbeitungsprogramme gibt, die es ermöglichen, Bilder zu verändern. Fotos werden heutzutage digital aufgenommen. Auf diese Weise ist es für das ungeübte Auge nicht mehr zu erkennen, wann = zu welcher Jahreszeit, zu welcher Uhrzeit ein Foto entsanden ist. Eigentlich müßte man heute die Redensart "Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte" in den Spruch "Ohne 1.000 Worte sagt ein Foto nichts" umwandeln....

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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