„Otto Pankok: Sinti-Portraits – Joakim Eskildsen: Die Romareisen“. Eine bemerkenswerte Ausstellung.
Wer weiß schon, dass die Schlager-Ikone Marianne Rosenberg den Sinti angehört und der legendäre Komiker Charlie Chaplin ein Rom war? Und wer hätte gedacht, dass Sinti seit dem Mittelalter in Deutschland leben? Solche und weitere interessante Aspekte vermittelt die Ausstellung „Otto Pankok: Sinti-Portraits – Joakim Eskildsen: Die Romareisen“ in der Liebfrauen-Kulturkirche im Rahmen der 36. Duisburger Akzente mit dem Thema HEIMAT.
Die Stiftung Brennender Dornbusch veranstaltet die Ausstellung, um zum Nachdenken über Integration anzuregen. Die Schau setzt sich aus drei Elementen zusammen, wie Wolfgang Esch von der Stiftung erläutert: Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der 1966 verstorbene Rheinische Expressionist Otto Pankok mit seinen Sinti-Portraits. Einen weiteren Teil bilden die Fotos des dänischen Fotografen Joakim Eskildsen (geb. 1971) von seinen sogenannten Romareisen in sieben verschiedene Länder. Hintergrundwissen liefern Infostationen des Mannheimer Zentrums für Kultur, Bildung und Antiziganismusforschung RomnoKher mit der Überschrift „Typisch ‚Zigeuner‘? – Mythos und Wirklichkeit“.
„Verstört, geschunden, verschmäht“
Annette Burger, Künstlerische Leiterin des Otto-Pankok-Museums in Hünxe, erklärt: „Wie Schwarz-Weiß-Fotos eine besondere Wirkung entfalten, so ist es auch bei den Kohlebildern von Otto Pankok.“ Darunter erweist sich das Bild „Von Auschwitz zurück“ als besonders eindrucksvoll, weil sich das ganze Leid des Konzentrationslagers im Gesicht einer betroffenen „Zigeunerin“ widerspiegelt. „Verstört, geschunden, verschmäht“, kommentiert Annette Burger solche Schicksale. Zynisch mag Ausstellungsgästen dann der Hinweis an einer Infotafel vorkommen, dass die den Nationalsozialisten nahestehende Regisseurin und Schauspielerin Leni Riefenstahl im eigenen Film „Tiefland“ die Hauptrolle einer „Zigeunerin“ spielte. Wurden doch dafür als Komparsen Sinti und Roma zwangsverpflichtet, von denen viele später in Auschwitz umkamen.
Zwischen Armut und Stolz
„Ohne diese Vorurteile wäre der Völkermord aber nicht möglich gewesen. Darum ist es so wichtig, dass wir uns mit diesen Vorurteilen auseinandersetzen“, hat der frühere Bundespräsident Johannes Rau einmal gesagt und wird entsprechend an einer Infostation zitiert. Zum Nachdenken tragen die feinfühligen Sozial-Portraits von Joakim Eskildsen bei, der bei seinen Reisen im europäischen Raum und im indischen Herkunftsgebiet der Roma unterschiedliche Lebenswelten dokumentiert hat. „Typisch“ wirken Fotos, auf denen eine Frau vor einem Wohnwagen Geschirr per Hand spült oder wenn ein Pferdefuhrwerk eines älteren Mannes neben einem modernen Truck steht. Dagegen zeigen Fotos finnischer Roma zufriedene Gesichter in geräumigen Wohnungen, als ginge es ihnen vergleichsweise gut. Einige Fotos von Romafrauen künden von Selbstbewusstsein und Stolz.
Ausstellungsführung mit Wissens-Check
Der aus Mazedonien stammende und seit den 1990er-Jahren in Duisburg lebende Roma-Musiker und -Schauspieler Mustafa Zekirov weist darauf hin, dass viele Klischees zu Sinti und Roma überholt seien. In seiner Tätigkeit als Integrationslotse bietet er Ausstellungsführungen mit Wissens-Check und -Update an: „Was wissen Sie über Sinti und Roma? Welche Bilder, welche Gedanken entstehen in Ihrem Kopf, wenn diese Wörter fallen? Kennen Sie die Menschen? Kennen Sie ihre Geschichte?“
Weitere Informationen
Die Ausstellung läuft vom 7. bis 29. März 2015 täglich von 12 bis 18 Uhr – donnerstags bis 21 Uhr – in der Liebfrauen-Kulturkirche, König-Heinrich-Platz 3, in Duisburgs Stadtmitte. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten. Die Ausstellungsführungen finden im genannten Zeitraum sonntags um 16 Uhr und donnerstags um 19 Uhr statt. Weitere Informationen zur Ausstellung finden sich auf der gleichnamigen Website der Liebfrauen-Kulturkirche.
(Thomas Westerdorf)
Autor:Thomas Westerdorf aus Duisburg |
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