Familienbande
Lesung über die Verlegung einer Mittelschule in Kriegszeiten
Letztens fragte mich meine Freundin Rezia Mols, ob ich Zeit und Interesse hätte zu einer besonderen Lesung. Ich wurde hellhörig. Um was ging es? Ihr Cousin Dieter Braecker hat über einen frühen Lebensabschnitt seiner Patentante, ihrer Mutter, einen Roman geschrieben. Da ich auch mit ihrer Mutter Renate gut befreundet war, war ich sofort dabei.
Am Sonntag, den 10. März 2024, fuhren wir beim schönsten Sonnenschein in Richtung Beeck an vielen Thyssengebäuden vorbei und ich erfuhr, wo das Elternhaus von Renate in Hamborn stand. Nicht mehr weit davon entfernt ging es links zur „Alten Brotfabrik“, wo der Heimatverein Hamborn e.V. zur Lesung im Rahmen der „Duisburger Akzente Familienbande“ eingeladen hatte. Die Veranstaltung fand hinten im eisigen Fabrikgebäude, was heute auch ein Atelier ist, statt. Ein Teil der Familie war auch gekommen, so dass es auch ein kleines Wiedersehen der Cousinen und Cousins gab.
Dieter Braecker las aus dem ersten Drittel seines Romans „Eine Schule zieht um“ vor. Es fängt an mit dem Alltag in Duisburg. Bei der Beschreibung kamen nicht nur mir Erinnerungen von meiner Geburtsstadt hoch. Weiter geht es wie das Nesthäkchen Renate, welche als Kind Reni genannt wurde, sich bei Freunden und Familie verabschiedet. Anschließend fährt sie mit der Klasse und ihren beiden Freundinnen im Zug nach Tschechien. Vieles wird aus der Sicht der Dreizehnjährigen erzählt. Wie sich der Schulalltag langsam ändert und auch Dienst im Lazarett gemacht wurde. Die Unterhaltungen der Freundinnen sind ein Spiegel, mit was für Sorgen und Gedanken die heranwachsenden Mädels alleine zurechtkommen mussten. Reni fährt Mitte April 1945 mit Genehmigung der Lehrerin alleine nach Prag. Dort trifft sie ihren Bruder Werner, welcher ihr mitteilt, dass sie der Lehrerin dringend Bescheid geben müsste, dass die ganze Schule nach Bayern flüchtet. Dieses Treffen mit ihrem Bruder ist ein einschneidendes Erlebnis für Reni. Für den Rest des Romans wird die Flucht beschrieben, was jeder für sich selber lesen sollte.
Dieter Braecker war es wichtig, dass er die Feinheiten und das Hintergrundwissen aus Gesprächen mit seiner Tante immer wieder besprechen und bei eigener Ungewissheit nachfragen konnte. Er fuhr bewusst zu den einzelnen Örtlichkeiten der Geschichte zum Urlaub, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen, und hat unter anderem auch mit Nonnen aus einem Kloster gesprochen, wo die Schule zwischendurch untergebracht war. Eine große Hilfe war ihm auch das Fluchttagebuch der Klassenlehrerin.
Besonders schön empfand ich, dass eine Mitschülerin, Frau K., mit bei der Lesung war. Sie war in einem anderen Jahrgang (zwei Klassen tiefer). Sie hatte eine besondere Beziehung zu Reni, da Reni als ältere Mitschülerin ihre „Lagermutti“ war. Sie bestätigte nach der Lesung, dass es genauso war.
Autor:Adelheid Windszus aus Hünxe |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.