Kunst & Kohle - Hommage an Jannis Kounellis im Museum Küppersmühle
"Kunst & Kohle", das große, städteübergreifende Ausstellungsprojekt von 17 RuhrKunstMuseen zum Abschied von der Kohle geht weiter. Das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst im Duisburger Innenhafen zeigt in seinem Ausstellungsbeitrag eine ganz besondere "Hommage an Jannis Kounellis".
Der 1936 in Piräus geborene und 2017 in Rom verstorbene Jannis Kounellis war ein Pionier der sogenannten Arte Povera, der "armen Kunst". Immer wieder hat er Fundstücke und harte Materialien wie Eisen, Stahlplatten, Stahlträger und auch Kohle, verbunden mit weichen Materialien wie Jute, Filzdecken und Hanfseile für seine Installationen und Raum-Inszenierungen verwendet.
Das Zitat von Jannis Kounellis aus dem Jahr 1989: „Eisen und Kohle stellen für mich die Materialien dar, die am besten die Welt der industriellen Revolution und damit die Ursprünge der heutigen Kultur widerspiegeln." trifft daher besonders gut den Charakter der Ausstellung zum Thema Kunst und Kohle.
Pionier der Arte Povera
Auffällig sind seine Installationen, die durchaus auch bedrückend wirken können, wie das Lazarett. Hier liegen Stahlkörper mit "Stichwunden" unter Wolldecken auf Feldbetten in einem mit Stahlplatten umkleideten Raum. Fast heiter und spielerisch dagegen das Arrangement von Eisenstäben und Moniereisen. Sie stehen wie Blumenstiele oder Gräser in einer Vase aus Baustahl. Kounellis sah sich selber als Maler. Seine Leinwand sind Trägerplatten aus Stahl, darauf Papier, Ölfarbe oder auch Blei-Einschlüsse. Gesteinsbrocken hängen an Stahlseilen, rostige Trägerplatten wirken wie Linien oder Balken. Sehr schön sind die feinen Farbnuancen der Metalloberflächen, bläulich schimmernd stehen sie im Kontrast zu rostigen Oberflächen. Ein Spiel der Gegensätze. Die Installationen wirken kraftvoll und zugleich trotz ihrer rohen Materialität irgendwie leicht.
Ursprünglich war diese Ausstellung anders geplant. Auf Einladung von Walter Smerling, Direktor des MKM, wollte Jannis Kounellis selbst die Ausstellung im Museum aufbauen und inszenieren. Dazu wollte er für mehrere Wochen in das Museum einziehen, auf einem Feldbett schlafen, um die Atmosphäre der Räume zu spüren. Sein Tod im Frühjahr 2017 aber machte den Plan zunichte.
Hommage mit Künstlerkollegen
Die Kuratoren Walter Smerling und Ferdinand Ullrich, der Kounellis 1993 als damaliger Direktor der Kunsthalle Recklinghausen zur ersten Einzelausstellung in das Ruhrgebiet eingeladen hatte, entschieden sich daher, die Ausstellung als eine Hommage an den Künstler zu realisieren, mit Werken aus Museen und Sammlungen, die Kounellis also bereits zu Lebzeiten autorisiert hatte. Erweitert wird die Hommage durch Arbeiten von sechs Künstlern, Freunden, Weggefährten, die auch Kohle und Stahl als Arbeitsmaterial, Motiv und Inhaltsträger verwenden. Ayşe Erkmen, Anselm Kiefer, Michael Sailstorfer, Sun Xun, Timm Ulrichs und Bernar Venet zeigen Arbeiten, die gezielt für die Ausstellung ausgewählt oder eigens neu geschaffen wurden.
Anselm Kiefer lässt in "Klingors Garten" Sonnenblumen aus Steinkohle wachsen. Ein Symbol für stetiges Werden und Vergehen. Die Kohle hierzu kommt aus dem Bergwerk Ibbenbüren, von Bergleuten handverlesen. Die türkische Künstlerin Ayse Erkmen hat eine Rauminstallation aus Leuchtstoffröhren, Heizstrahlern und Kohle-Elektroden geschaffen, ein Werk aus Licht und Wärme. Michael Sailstorfer erzeugt mit seiner "Tränenpresse" Tränen aus Kohle. Der chinesische Medien-Künstler Sun Xun thematisiert in seinem Animationsfilm die Kohleförderung in China.
Der französische Bildhauer und Konzeptkünstler Bernar Venet war Kounellis seit den 1970er Jahren freundschaftlich verbunden, war und ist ein Sammler seiner Arbeiten. Sein Beitrag ist Installation und Werkstatt zugleich. Am Eröffnungsabend verwandelte er mit seinem Team das Museum in eine laute, funkensprühende Fabrik. Timm Ulrichs hat einen "Kohleofen brennbar" installiert. Der Ofen, einmal angezündet, verbrennt sich selbst. Das wird am 28.Oktober 2018 geschehen, die passende Aktion als Performance zur Finissage der Ausstellung.
Bis dahin bleibt genügend Zeit, die besondere Hommage anzuschauen.
Zum Ende noch ein passendes Zitat aus dem sehr schönen Katalog zur Ausstellung:
"Die Ausstellung zu Jannis Kounellis ist eine Hommage nicht nur an einen großen Künstler, sondern zugleich auch an die Heimatregion von Kohle und Stahl (...) Die Ära der Kohle findet in diesem Jahr ihr offizielles Ende - aber bekanntlich wohnt jedem Ende ein Anfang inne. (...) Der Rohstoff Kohle geht, und nahtlos übernehmen Kunst und Kultur eine führende Rolle. Die neue Programmatik ist zukunftsweisend, denn sie konzentriert sich auf einen stets neu zu formulierenden, mit spannenden Herausforderungen behafteten Energieträger: den Rohstoff Geist." (Ferdinand Ullrich / Walter Smerling, Kuratoren)
Laufzeit: bis zum 28. Oktober 2018
weitere Infos zur Ausstellung hier
Duisburger und Duisburgerinnen haben jeden Donnerstag freien Eintritt im MKM (gegen Vorlage des Personalausweises).
Achtung: Ab dem 13. Juli 2018 sind die Sammlungsräume des MKM wieder geöffnet. Die Schließung war nötig, um den Erweiterungsbau an das bestehende Museumsgebäude anzuschließen. Die Fertigstellung des MKM-Erweiterungsbaus ist für 2019 geplant.
Die Sammlungsräume überraschen derweil mit Neuerungen: die Räume mit Arbeiten von Markus Lüpertz und Gerhard Richter sind neu konzipiert und die großformatigen Stadtbilder von Ralph Fleck haben jetzt einen eigenen Raum.
Übrigens: Mit dem MKM, dem Lehmbruck Museum und dem Museum DKM sind es drei Museen in Duisburg, die sich dem Thema "Kunst & Kohle" widmen.
Alle Fotos sind bei der Vorstellung der Ausstellung entstanden.
Viel Spaß beim Anschauen!
MKM Museum Küppersmühle
für Moderne Kunst
Philosophenweg 55
47051 Duisburg (Innenhafen)
www.museum-kueppersmuehle.de
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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