Krieg und Vertreibung – Ruhrtriennale: Auftakt am 9. August in der Gebläsehalle
Update 7. August:
Aufgrund eines Krankheitsfalles im engen Familienumfeld ist es der indischen Umweltaktivistin Vandana Shiva nicht möglich, die Eröffnungsrede zur Ruhrtriennale 2018 zu halten. Statt ihrer wird die indische Philosophin und Gender-Theoretikerin Nikita Dhawan zum Auftakt des Festivals am 9. August (18 Uhr) in der Kraftzentrale Duisburg sprechen. Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp: „Wir wünschen Vandana Shiva viel Kraft in dieser Situation und haben großes Verständnis, dass sie momentan bei ihrer Familie bleiben möchte. Gleichzeitig freuen wir uns, dass wir mit Nikita Dhawan so kurzfristig eine so außergewöhnliche Denkerin für die Eröffnungsrede gewinnen konnten.“
Nikita Dhawan wird sich in ihrer Rede mit Postkolonialismus und Migration auseinandersetzen – zwei Themen, die auch das Programm der diesjährigen Ruhrtriennale prägen. Dhawan ist Professorin für Politische Theorie an der Universität Innsbruck und war Direktorin des Frankfurt Research Center for Postcolonial Studies. Ihr Forschungsfokus liegt auf den historischen, ökonomischen, sozio-politischen und kulturellen Verflechtungen zwischen Europa und der postkolonialen Welt. Weitere Schwerpunkte ihrer wissenschaftlichen Arbeit liegen in den Bereichen des Transnationalen Feminismus, der Globalen Gerechtigkeit, der Menschenrechte sowie der Demokratie und Dekolonisierung.
Ruhrtriennale 2018: das sind 33 Produktionen und Projekte, davon 20 Eigen- und Koproduktionen sowie 16 Uraufführungen, Neuinszenierungen, Deutschlandpremieren und Installationen. Auftakt ist am 9. August in Duisburg.
Eröffnet wird das Festival zeitgenössischer Kunst, das sich in diesem Jahr den Themen Krieg, Vertreibung und Migration widmet, am Donnerstag, 9. August, in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord, und zwar um 18 Uhr mit einer Rede der indischen Umwelt-Aktivistin Vandana Shiva.
Im Anschluss feiert um 20 Uhr William Kentridges „The Head and the Load“ Deutschlandpremiere in der Duisburger Kraftzentrale. Das vor wenigen Wochen in der Londoner "Tate Modern" uraufgeführte Stück sei eine bildgewaltige und alle Genregrenzen sprengende Produktion, die sich mit der Rolle Afrikas im ersten Weltkrieg auseinandersetzt. In einer Videobotschaft für die Ruhrtriennale drückte William Kentridge seine Freude darüber aus, dass „The Head and the Load“ ein Teil des Festivals sein wird. "Ich habe die Version an der ,Tate' gesehen", erzählt Stefanie Carp, die künstlerische Leiterin der Ruhrtriennale 2018 bis 2020. "Wir können uns hier auf eine ganz besondere Aufführung freuen."
Deutschlandpremiere: William Kentridges „The Head and the Load“
Zu den weiteren Highlights des Festivalauftakts gehört die Eröffnung der mehrteiligen Installation „Vom Nutzen der Angst – The Politics of Selection“ der Berliner Künstlerin Peggy Buth am 10. August in der ehemaligen Kirche St. Barbara in Rheinhausen. Bei der Ausstellung, die sich mit dem Arbeitskampf in Duisburg-Rheinhausen auseinandersetzt, handelt es sich um den diesjährigen Beitrag von Urbane Künste Ruhr zur Ruhrtriennale.
In Duisburg kann sich das Publikum am 24. August zudem auf eine weitere Uraufführung mit "Diamante - Die Geschichte einer Free Private City" freuen: Filmregisseur, Theatermacher und Schriftsteller Mariano Pensotti baut in die Kraftzentrale ein begehbares Modell von Diamante, einer Stadt im Privatbesitz eines Unternehmens in Lateinamerika. In dem sechsstündigen Theaterereignis (mit zwei Pausen) können die Zuschauer in Häuser und Leben der Bewohner hineinschauen, an Versammlungen teilnehmen und den Aufstieg und Fall der Stadt unmittelbar erfahren.
Das Schauspiel "The Factory" der syrischen Künstler Omar Abusaada (Regie) und Mohammad Al Attar (Text) wird am Samstag, 11. August, in Essen uraufgeführt. In der Koproduktion mit der Volksbühne Berlin geht es um skrupellose Geschäftsmodelle des Krieges anhand der auf Tatsachen beruhenden Geschichte der französischen Zementfabrik von Lafarge in Syrien. Das Unternehmen soll für den Betrieb seiner Werke in Syrien ein finanzielles „Arrangement“ mit der Terrororganisation Islamischer Staat eingegangen sein. Gegen sechs leitende Angestellte wurde noch in diesem Jahr wegen Finanzierung von Terrorismus ermittelt.
Weltpremiere: "The Factory" auf Arabisch mit Übertiteln
Die Zuschauer erwartet ein Stück mit vier Schauspielern und einem Musiker. "Die meisten im Team sind Syrer, die mittlerweile in Europa leben", erklärt Regisseur Omar Abusaada bei der Pressekonferenz zum Auftakt der Ruhrtriennale. "Ich bin die einzige Ausnahme: Ich lebe immer noch in Syrien."
Lina Murad spielt eine französische Journalistin, die die Machenschaften des französchen Konzerns aufdeckt. "Ich kenne Omar Abusaada seit dem Studium in Damaskus", erzählt Murad. "Ich freue mich sehr, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten und bin sehr dankbar, hier bei der Ruhrtriennale dabei zu sein."
Das Besondere: Das Schauspiel wird in arabischer Sprache aufgeführt mit deutschen und englischen Übertiteln. "Wir hoffen, insbesondere mit ,The Factory' auch Menschen mit Migrations-Hintergrund als Publikum erreichen zu können", erklärt Stefanie Carp, seit November 2017 Intendantin der Ruhrtriennale.
Einen ersten musikalischen Eindruck von der Musiktheaterproduktion „Universe, Incomplete“ (Uraufführung am 17. August in der Bochumer Jahrhunderthalle) präsentierte bei der Auftaktpressekonferenz die Sängerin Tora Augestad, begleitet von Bendix Dethleffsen am Klavier. In seiner neuesten Kreation entwickelt Regisseur Christoph Marthaler eine ganz neue Perspektive auf Charles Ives unvollendet gebliebene „Universe Symphony“. "Charles Ives hat unglaublich utopische Werke geschaffen", sagt Marthaler. "Wir improvisieren mit diesen Klängen hier in der großen Halle", freut sich der Artiste associé der Ruhrtriennale.
Im Gespräch mit Stefanie Carp berichteten Bühnenbildnerin Anna Viebrock und der musikalische Leiter Titus Engel von den Proben in der Jahrhunderthalle Bochum, die für diese außergewöhnliche Produktion erstmals komplett bespielt wird. "Wir haben verschiedene Stücke von Ives ausgewählt, um sozusagen ein eigenes ,Universe' zu bilden", erklärt Engel. Das geschieht zusammen mit den Bochumer Symphonikern, zusätzlichen Schauspielern und Sängern sowie einem mobilen Ensemble, zusammengestellt von Titus Engel.
Zur Ruhrtriennale 2018 sind vom 9. August bis 23. September fast 1000 Künstler aus rund 30 Ländern zu Gast im Ruhrgebiet.
Info
Eröffnet wird die Ruhrtriennale 2018 am 9. August im Landschaftspark Duisburg Nord, Gebläsehalle.
"The Head and the Load", Deutschlandpremiere des Musiktheaters von William Kengtridge am 9. August, 20 Uhr, Kraftzentrale.
Die Spielorte in Duisburg sind: Gebläsehalle und Kraftzentrale im Landschaftspark Nord, Emscherstraße 71, sowie die ehemalige Kirche St. Barbara in Rheinhausen, Klausstraße 1.
Infos, Programm und Tickets: www.ruhrtriennale.de
Autor:Annette Schröder aus Bochum |
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