Kolumne: Toeppersee

Der Toeppersee liegt im Westen von Duisburg. Einen natürlichen Ursprung hat er auf keinen Fall. Das belegen inzwischen archäologische, stadthistorische, religionsgeschichtliche und geologische Forschungen.

"Im Mittelalter glaubte man ja noch, daß die Erde eine Scheibe ist," berichtet Hans-Gustav Reichsfreiherr von und zu Baerl, seines Zeichens Kommunalarchäologe und daneben auch im Rheinischen Amt für Niederrheinforschung sowie dem universitären Forschungsprojekt für niederrheinische Kulturgeschichte engagiert. "Auf der einen Seite geht die Sonne am Morgen auf und der anderen Seite am Abend wieder unter."

Und außerdem gibt es ja noch die Unterwelt, in der das Reich der Toten liegt. "Viele Menschen haben sich die Erde wie eine Truhe vorgestellt. Sie leben auf dem Truhendeckel. Die Menschen fallen zwar nicht - wie bei richtigen Truhen aus Holz - herunter, sobald die Truhe geöffnet wird. Sie sind aber trotzdem neugierig, was in der sogenannten Truhe drin ist - ob überhaupt etwas unterhalb der Erdoberfläche ist, oder vielleicht nur Hohlraum."

Erste diesbezügliche Forschungen gehen wohl, wie historische Dokumente belegen, auf Graf Hans-Gustav IV zurück. Er ließ erste Feldversuche durchführen.

Sein Sohn Hugo X sah es wohl pragmatischer: Er brauchte Baumaterial für die umliegenden Bauernhöfe seiner Grafschaft und nutzte das Gebiet des heutigen Baerl als Steinbruch.

"Lange Zeit tat sich dann nichts mehr," so von und zu Baerl. Na ja, zumindest von Menschenhand nichts. Im Rahmen von Säkularisation und Verweltlichung nahm das Interesse an geologischen und infrastrukturellen Fragen zu. Schnell merkten die Naturforscher, wieso sich hier ein See gebildet hatte. Der nahegelegene Rhein (als Fluß) sowie dsa hochgelegene Grundwasser, aber auch häufige Regenfälle führten den Gruben viel Wasser zu.

"Die Menschen im 19. Jahrhundert waren aber auch phantasiebegabt," berichtet von und zu Baerl. "Spiritismus, Okkultismus, Horrorgeschichten sowie Science Fiction und Technikgläubigkeit standen hoch im Kurs."

Eine Legende von Loch Toepper mit einem Dinosaurier gibt es zwar nicht. Dafür kommen schon früh Gerüchte auf, es gebe hier ein weitläufiges und riesiges wassergefülltes Höhlensystem, das bis zum Atlantik reicht. Seltsame Fische sollen hier schon gesehen worden sein. Ein Schlangenfisch zum Beispiel mit 2 Sprungbeinen am hinteren Teil. Kleine walartige Wasserwesen mit einem "Gesicht", einer nasenartigen Ausstülpung sowie Augen + Mund vorne. Auch Quallen, die Lichtblitze absenden, Fische mit Flügeln und feuerspeiende Schwimmechsen waren schon dabei. "Es fehlen eigentlich nur noch Menschen mit Kiemen und Schwimmhäuten. Dafür sind die Seen aber doch zu klein."

Während der theokratischen Gottesherrschaft 1908 - 1914 gab es noch einen anderen Grund, warum im und um den Toeppersee herum geforscht wurde. Im Westen Duisburgs gab es immer schon Gerüchte um einen Meteoriteneinschlag. Die abergläubischen Menschen behaupten, "die Götter der Vorfahren" hätten einen Stern auf die Erde geworfen, aus Verärgerung über unseren Unglauben, seien sogar selbst gekommen und dann aus Enttäuschung wieder gegangen. Die gottesfürchtige Reichsregierung stellte die ergebnislose Suche irgendwann wieder ein.

Wie sieht die Zukunft aus? Keine Ahnung. Segeln ist hier ebenso wenig möglich wie Yachtbetrieb. Vielleicht können die örtlichen Schwimmer ja für eine Belebung des Badebetriebes sorgen.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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