Kolumne Steuerfachgehilfe

Hans-Jürgen Schieferarm ist 85 Jahre alt. An seinem Geburtstag erhielt er eine Auszeichnung vom "Verband Deutscher Steuerberatung". Er ist nicht nur der älteste noch immer im Beruf des Lohnsteuerfachangestellten aktive Arbeitnehmer, sondern auch schon 65 Jahre (!) in dem Beruf tätig.

"Geboren in Neubrandenburg, aufgewachsen in Eisenhüttenstadt," blickt er auf seine Anfangszeit in der SBZ zurück. "Sie merken es: Ich stamme aus der Ostzone. Mit 18 bin ich dann nach Ostberlin und habe eine Ausstellung in der Finanzverwaltung begonnen." Schlechte Karriereaussichten bewohnen ihn, nach "Trizonesien" überzusiedeln.

"Ich leide eigentlich unter Dyskalkulie," erzählt Schieferarmt. "Bei mir ist schon mal 1 + 1 = 3." Was sich aber durchaus als Vorteil für die Ausbildung zum Steuerfachgehilften, wie der Beruf damals hieß, herausstellen sollte. "Ich habe mich sehr oft zugunsten meiner Klienten verrechnet und das auch erfolgreich beim Finanzamt durchfechten können."

Eine Kundin sei ihm besonders in Erinnerung geblieben: Lady Muckefuck, zusammen mit ihrem Ehemann Lord Whisky, sehr künstlerisch veranlagt.

"Die Lady ist ja schon sehenswert, weil sehr voluminös," blickt Schiefelarm zurück. "Ihre fruchtig-gemüsige KLeidung ist extrovertriert und extravagant." Als er herausfinden wollte, ob die Äpfel auf einem ihrer Prachthühe echt oder aus Plastik sind, fing er sich die bislang einzige beruflich bedingte Ohrfeige ein. "Ich wollte ihr doch nur an die Wäsche, nicht darunter," beklagt sich der Senior.

Er könnte natürlich noch viel über prominente Klienten, spannende Fälle und Wirtschaftskriminalität erzählen, berichtet Schiefelarm. Wichtig ist ihm etwas anderes. "Der Beruf hat Nachwuchssorgen." Die klassischen Personalrekrutierungswege seien "ausgelutscht". Neue Wege müssen her.

Seine Leistungsanreize: "Höhrere Ausbildungsvergügung. Ein leichterer Zugang zum Beruf. EIne Woche kostenloser Urlaub an der Cote d`Azur am Mittelmeer bei bestandener Ausbildungsprüfung. Höhere Einstiegsgehälter. Austiegschancen auch in kleinen Kanzleien."

Wie habe es mal eine Zeitschrift vor Jahren formuliert? Der Mama-Typ-Charakter fängt beim Finanzamt an: geregelte Arbeitszeit und planbare Karriere. Der Rest arbeitet in Steuerberatungsgesellschaften, in Frankfurt / Main oder in Monaco.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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