Kolumne: Schloß Quickbeck

Schloß Quickbeck liegt am Niederrhein, ganz in der Nähe von Schwalmtal. Heute nicht bewohnt und halb verfallen, war die Burg früher ein Wach- und Horchposten an der Grenze zu den niederrheinischen Moorgebieten. Zum Glück gibt es heute eine neue Nutzung als Freizeitstätte.

Natürlich waren auch reguläre Soldaten und Söldner dort stationiert. Verurteilte Straftäter aus anderen Regionen Deutschlands kamen aber hinzu. Bierpanscher aus Bayern, Printenfälscher aus Aachen, Käseschmuggler aus Venlo, ordinäre Verbrecher. Die abgelegene Lage und, noch wichtiger: die Angst vor dem Moor ließen die Arbeit nicht unbedingt attraktiv erscheinen. Wiederauferstandene Moorleichen können schließlich Angst einjagen.

Siehst du das Licht?
es gefällt mir nicht.

Spürst du den Geruch?
das ist ein Fluch?

im Moor, da liegt `ne Leiche
es ist Kallemann der Reiche

praller Beutel, goldne Ringe
das waren seine Dinge

er reiste stets allein
and´re Leute sind ein Schwein

er kam aber ab vom rechten Pfad
und versank bis zur Wad´

den Rest besorgen Düster`stalten
Gerechtigkeit sollte walten

schimmelig sind die Silberlinge
verschollen ist die Welt der Dinge.

Erstmals urkundlich erwähnt wird Schloß Quickbeck im Jahre 1120. Graf Rutger der Fromme stiftet dort eine Kirche und ein Wohngebäude für Ordensleute. Trappisten, Dominikaner, Minoriten, Franziskaner, Jesuiten und andere Orden sollen eine Bastion gegen die Dämonen und Geister des Moores bilden; später kommen auch Damenorden wie die Beguinen hinzu.

Erfolgreich scheinen die Glaubensbrüder jedenfalls nicht gewesen zu sein. Die historischen Dokumente berichten von Gespenstern, Geistererscheinungen, unerklärlichen Geräuschen, optische Erscheinungen, haptischen Täuschungen und unsichtbaren Gestalten. Lebendiggewordene Moorleichen kommen nicht vor. Selbst räuberische Überfälle sind dokumentiert.

Was tut man da als unumschränkter, weil absolutistischer Herrscher? Genau: Man baut seinem Sohn Luitpold dem Lüstling von Kalkar ein Schloß. Da kann er dann zeigen, daß er auch militärisch was drauf hat, und eben nicht nur dreiarmige Söhne und einäugige Töchter zeugen kann.

So wurde Schloß Quickbeck im Laufe der Zeit zu einer Multifunktionsanlage, wie man heute sagen würde. Für lange Zeit kämpfen geistliche und weltliche Obrigkeit gegen die Schatten des Waldes und Unheimlichkeit des Moores.

Dann kam das Jahr 1804, und mit ihr die Säkularisation. Schloß Quickbeck fiel komplett an Preußen, die geistlichen Herren wurden zu zahlenden Untermietern. Auch um das Schloß deutlicher von seiner Umwelt abzugrenzen, legten die neuen Herren einen Burggraben an. Sie bedachten aber nicht die Unmengen an Wasser, die das nahegelegene Moor beherbergte. Es setzte regelmäßig Burg und Burggraben unter Wasser. "Das Wasser nutzen wir für die Landwirtschaft, den Torf zum Stechen," befahl Oberregierungspräsident Friedrich Wilhelm Freiherr von Böse-Schwingendorf. Der  Niederrhein wurde so zur Kornkammer Preußens, zumindest im 19. Jahrhundert. Der Torf konnte nicht abgebaut werden - es gab kein entsprechendes Fachpersonal, das sich in die "Geisterhöhle" traute.

Es sollte bis zum Jahre 1980 dauern, bis sich ein Veranstaltungskaufkann an das Schloß erinnerte. "Warum das Moor nicht zu einer Touristenattraktion machen?" fragte er. Die wenigen erforderlichen Umbauarbeiten wurden diskret durchgeführt. Seitdem gibt es unheimliches Licht, Dinosauriergebrüll, immaterielle Geistererscheinungen, seltsame Gewächse und eine unbändige Geräuschkulisse.

"Man darf das Gelände nur mit organisierten Führungen betreten. Die Effekte sind so realistisch, daß selbst die erfahrenen Führer gelegentlich Angst bekommen," ist von der Touristeninformation zu erfahren.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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