Kolumne Fliegerball

Die Sportart "Fliegerball" stammt aus dem Niederrhein. Dabei steht ein Rohr senkrecht auf dem Boden und schießt einen Tennisball in die Luft. Ein Spieler, der daneben steht, hält einen Baseball-Schläger in der Hand und versucht, den Tennisball zu treffen und gegen eine Wand zu schlagne. An der Wand sind unterschiedliche und verschiedenfarbige Felder aufgemalt. Die Felder haben jeweils andere Punktwerte. Jeder Spieler darf zehnmal versuchen, den hochfliegenden Ball zu treffen. Gelingt dies nicht, scheidet der Spieler aus. Gewinner ist, wer am Ende die meisten Punkte erzielt hat.

Das Spiel stammt aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, wie Gabriel Sigmar von Fürstenlaub berichtet. Damals fiel Eupen-Malmedy bekanntlich als Kriegsbeute an Belgien. "In der Zeit nach der Gebietsübernahme sind viele Deutsche mit Sack und Pack ins Reichsgebiet geflohen," berichtet der Heimatforscher. "Wurden die armen Menschen von belgischen Grenzposten entdeckt, versuchten die Unholde und Böslinge, die leidenden Flüchtlinge aufzuhalten." Wie aber die belgischen Fieslinge davon abhalten? Genau. Man setzt sie außer Gefcht, ohne gleich wieder einen Krieg anzuzetteln. Waren Stolperfallen, Netzfallen, mit denen die Grenzposten in Baumwipfel katapultiert wurden, Irrgärten oder plötzlich hochschießende Zäune nicht (mehr) möglich, mußten andere Wege gefunden werden.

"Patriotisch gesinnte Mannschaften erinnerten sich des englischen Kricket-Sports. Also versuchten sie, Tennis- und andere Bälle in Richtung belgisch Soldaten zu werfen und natürlich möglichst auch zu treffen. Waren die Verfolger erst einmal kampfunfähig, hatten die bemitleidenswürdigen Flüchtling eine bessere Chance, nach Deutschland zu kommen."

Doch was tun, als Eupen-Malmedy entvölkert und die Ruhrbesetzung beendet war? Die Menschen vor Ort waren schließlich an das "Deutsche Cricket" genannte Spiel gewohnt. Es wurde Mitte der `20er Jahre begeistert von den Sportvereinen aufgegriffen und zu Fliegerball weiterentwickelt.

Kurz nach dem 2. Weltkrieg hat der Sport in der Ostzone eine Renaissance erlebt. Als sich die Oder-Neiße-Grenze als Grenzlinie zu Polen entwickelte, setzte eine Massenflucht ethnischer Deutscher über die Grenze Richtung Westen ein. Mittels Fliegerball wurden die polnischen Grenztruppen an ihrer Hetzjagd gehindert.

So ist es nicht weiter verwunderlich, daß Mannschaften vom Niederrhein und aus den deutsch-polnischen Grenzgebieten die Deutschen Fliegerball-Meisterschaften unter sich ausmachen.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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