Kolumne: Arbeitsfreier Sonntag
Ganz heimlich, still und leise hat sich Duisburg zum Standort von Veranstaltungen und Messen gemausert. Nicht ganz schuldlos daran sind die örtlichen gastronomischen Verbände.
Nehmen wir den Gastgeberverband linksrheinisches Duisburg. "Wir haben regelmäßig Beschwerden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen erhalten. Sie wollten am Wochenende nicht immer nach Duisburg," berichtet Chlodwig. "Auch den Künstlern fehlten oft genug Veranstaltungsräumlichkeiten." Was also tun? Einfachste Lösung: Das Raumangebot der Gaststätten wurde erweitert und Musiker angeheuert. Seitdem gehören Liedermacher, Jazz- und Blues-Konzerte u. v. m. zum örtlichen Kulturprogramm.
"Rheinhausen hat uns den Fehdehandschuh hingeworfen. Das können wir uns nicht bieten lassen!" reagierte das rechtsrheinische Duisburg prompt. Privatpersonen organisieren ein Anti-Akzente-Kulturfestival.
Die Barkeeper machen einen Wettbewerb: Wer bereitet den besten Cocktail zu? Der Bund Duisburger Köche veranstaltet Demonstrationskochveranstaltungen zur regionalen Küche.
Sehr aktiv ist der Verband Alternativer Musikinstrumente. Didgeridoos und Alphörner kommen genauso vor wie Straßenmusik, Zittern, Harfen, Kuhglocken (also bayerische Folklore), Zuwanderer-Musikinstrumente und Shantee-Gesänge. "Dies sind Veranstaltungen für lebensältere Menschen," ist von den Veranstaltern zu hören.
R`n´B, Hiphop, Rock, Blues, House, Funk, Disco, Breakdance - dies sind Musikstile, die junge Menschen bevorzugen. Es gibt inzwischen mehrere Clubs (und andere Veranstaltungsorte),wo die Zielgruppe hingehen kann. Sie sind über das ganze Stadtgebiet verteilt. Dort finden nicht nur traditionelle Partys statt. Auch Themenabende (z. B. Manga, Rollenspiele, Arbeitsleben, Sport u. a.) komme vor. Daraus sind inzwischen Labels entstanden, die auch neue Formen der Musikveröffentlichung (z. B. im Weltnetz) ausprobieren.
Bei den Olympischen Spielen gibt es Sportarten, die schon lange nicht mehr durchgeführt werden. Bogenschießen "Beweglicher Vogel", Tauziehen, Seilklettern, Standhochsprung, Standweitsprung und Standdreisprung sind Beispiele dafür. Hier ist der Verein retrolympics sehr in Duisburg willkommen und aktiv. Auch Spaßsportarten wie Freihandklettern, Tauchen oder organisierte Segeltouren gehören dazu.
Samstag gehört der Papa mir. Unter diesem Motto erreichten die Gewerkschaften die 5-Tage-Woche für die Arbeitnehmer. Und stehen heute vor einem verzwickten Problem. Wer heute Arbeit hat, arbeitet tatsächlich auch 5 Tage in der Woche. Lage und Verteilung der Arbeitszeit ist allerdings unterschiedlich. Die Bedeutung von Abend-, Nacht- und Wochenendarbeit hat deutlich zugenommen. Und das betrifft nicht nur die klassischen Wirtschaftsbereiche wie das Gesundheitswesen (siehe Krankenpflegepersonal), Gastronomie und Kultur aller Arbeit. Auch der Handel ist ein sichtbares Zeichen. Wann gab es das schon, daß Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte samstags bis 22 Uhr geöffnet hatten?
Würde das Arbeitsverbot an Sonntagen konsequent durchgesetzt, dürfte nur gearbeitet werden, wenn es um das Leben von Mensch und Tier geht - Krankenpflege, Viehwirtschaft und Tierpflege seien hier als Beispiele genannt. Busse und Bahnen würden dagegen stillstehen, Taxis ebenfalls. Der ÖPNV wäre vollständig lahmgelegt, der Einzelhandel an Bahnhöfen für 1 Tag in der Woche geschlossen. Kirchliche Veranstaltungen müßten anders organisiert werden, damit das hauptamtliche Kirchenpersonal seinen Ruhetag hat.
Museen, Zoologische Gärten, Hafenrundfahrten, Theater, Musikveranstaltungen u. v. m. gäbe es dann nicht - es wäre ja Arbeit. Die Gastronomie wäre komplett geschlossen. Fernsehen und Radio könnte es nicht geben - es kann nichts tagesaktuell produziert und ausgestrahlt werden. Und vor allem Tageszeitungen hätten ein Angebotsproblem: SIe müßten Samstagabend bzw. -nacht produziert werden, damit sie Montagmorgen ausgeliefert werden könnten. Über Ereignisse des Sonntags könnten sie erst am Dienstag berichten. Privatpersonen können zwar zuhause Sport betreiben; Sonnenbanken und Fitneßstudios hätten aber geschlossen, Sportveranstaltungen (selbst im Amateurbereich) würden an anderen Wochentagen stattfinden.
Die christlichen und jüdischen Kirchen waren lange Zeit in die Diskussion involviert. Dort gibt es das Sabbatgebot - man soll den Samstag bzw. Sonntag als arbeitsfreien Tag hochhalten. Doch wie glaubwürdig werden die Argumente selbst in die Praxis umgesetzt? Ist der Sonntag nicht für Pfarrer, Küster, Organisten und andere ein Arbeitstag? Müßten die sonntäglichen Gottesdienste nicht anders organisiert werden?
Und: Wie schafft man einen Ausgleich für Museen, Gastronomie, Jahrmärkte und Volksfeste, also Veranstaltungsformate, die darauf angewiesen sind, genau dann geöffnet zu haben, wenn andere Leute frei haben, kommen können und Einnahmen erzielt werden? Wie konsequent oder inkonsequent ist es, Ausnahmen zuzulassen?
Autor:Andreas Rüdig aus Duisburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.