Akzente 2024 und die Familien der Stadtgeschichte
Kaufleute und Ruhrbarone
Unter dem Motto „Familienbande" stehen vom 1. bis zum 24. März mehr als 90 Veranstaltungen an über 30 Veranstaltungsorten auf dem Programm der diesjährigen 45. Duisburger Akzente, die als eine der bedeutendsten und renommiertesten Kultur-Events weit über die Grenzen der Region hinaus gelten.
Erneut wird die Stadt Duisburg zum kulturellen Hotspot der Region, mit Theater, Performance und Tanz, bildender Kunst, Literatur, Musik, Film, Ausstellungen, Installationen und Diskussionen sowie einem Familien-Tanzmarathon und einer Kinderzaubershow für die ganze Familie.
Anlässlich der Duisburger Akzente laden die Stadtarchäologen zu einer Vortragsreihe und einer extra dafür erarbeiteten Ausstellung zur Duisburger Geschichte ein. Die Veranstaltung entstand in Zusammenarbeit der Stadtarchäologie Duisburg mit dem Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Genese des westlichen Ruhrgebiets“ der Universität Kiel.
Von Handel und
Handwerk geprägt
Alle Vorträge beginnen jeweils um 18 Uhr in den Räumen der Stadtarchäologie am Landschaftspark Duisburg Nord, Lösorter Str. 129. Der Eintritt ist frei. Das Ruhrgebiet ist ein Produkt der Industrialisierung, so die gängige These. Diese Aussage stimmt allerdings nur bedingt.
Die Forschung der letzten Jahre zeigt, dass die Region an der Ruhr bereits im Mittelalter dicht besiedelt und von Handel und Handwerk geprägt war. Kaufmannsfamilien aus Duisburg und Essen prägten die Städte und das Umland. Im Laufe der frühen Neuzeit wurden die Handels- und Produktionsnetzwerke schließlich so ausgebaut, dass die Industrialisierung des 19. Jahrhundert so rasch und tiefgreifend überhaupt möglich wurde.
Warum entstand das Ruhrgebiet im Ruhrgebiet? Mit diesem Thema beschäftigt sich zu Beginn der Vortragsreihe Dr. Maxi Platz, Universität Kiel, am Donnerstag, 7. März. Die Frage nach den Ursprüngen der Industrialisierung im Ruhrgebiet ist nicht so häufig gestellt worden, wie man annimmt. Über viele Jahrzehnte galt das Ruhrgebiet als ist ein Produkt der Industrialisierung, geprägt von Kohleförderung und -veredelung, Stahlproduktion sowie hochindustriell arbeitender Produktion.
Keine Entwicklung
auf der grünen Wiese
Inzwischen ist klar, dass sich diese Entwicklung nicht auf der grünen Wiese vollzog, sondern ein jahrhundertelanger Prozess der Protoindustrialisierung vorausging, der seine Wurzeln im späten Mittelalter hat und sich bis ins 18. Jahrhundert nachvollziehen lässt. „Das junge Licht scheint heller als die brennende Ruhr“ – unter diesem Titel lädt der Schriftsteller Ralf Koss am Montag, 11. März, zu einem literarischen Blick in die Lebenswelt der Arbeiterfamilien ein.
Bergbau und Industriearbeit prägten im Ruhrgebiet des 20. Jahrhunderts Mentalität sowie Alltag in Familien. Gewohnheiten und Haltungen aus dem Pütt bestimmten, was richtig und was falsch war. Auch in archäologischen Ausgrabungen finden sich Exponate aus dieser jüngsten Zeit. Anders als mittelalterliche Funde, sind diese nicht ausschließlich Informationsträger, sondern transportieren Erinnerung, Geschichten und Emotionen.
Literatur ist ein Weg, diese Geschichten zu erzählen. Stadtarchäologe Dr. Kai Thomas Platz zeigt in einem Vortrag „Archäologische Spuren der Familie Hardt und die Duisburger Tuchindustrie“ am Donnerstag, 14. März, anhand von neuen Befunden die Entwicklung der Wollenweber- und Leineweberfabriken in Duisburg. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Familie Hardt, die im mittleren 18. Jahrhundert nach Duisburg zog. Eine wesentliche Rolle spielte neben der Produktion der Vertrieb, daher werden auch die Warenströme und Handelswege, die von Duisburg ausgingen, betrachtet. Am Ende steht die Frage, wie diese neuen Forschungsergebnisse ins Bild von Duisburg als ärmliche Ackerbürgerstadt passen.
Duisburger Familien mit
Erfolg im Tabakgeschäft
„Die Böningers und Carstanjens: Zwei Duisburger Unternehmerfamilien im Tabakgeschäft“ – darüber referiert Dr. Ludger Heid am Donnerstag, 21. März. Die Familien Böninger und Carstanjen gehörten seit dem 18. Jahrhundert über Jahrzehnte hinweg zu den maßgeblichen Unternehmern der Stadt und haben einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung geleistet. Die Firmen „Arnold Böninger“ und „Martin Carstanjen & Söhne“ nahmen als zwei von 13 Tabakfabriken in Duisburg (1829) auch eine bedeutende Stellung innerhalb der deutschen Tabakindustrie ein, die hunderte Menschen beschäftigte.
Im Jahre 1831 wurde ein Sechstel aller nach Preußen importierten Tabakblätter in Duisburg verarbeitet. Unter dem Titel „Von Kaufleuten zu Industriemagneten: die Wurzeln der Ruhrbarone in den mittelalterlichen Städten“ kann man sich darüber hinaus in einer begleitenden Ausstellung informieren. Zu sehen ist sie jeweils im Anschluss an die Vorträge.
Das gesamte Programm findet sich mit über 90 Seiten im randvoll gefüllten Programmheft sowie unter www.duisburger-akzente.de.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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