Großes Wirrwarr: „Straßennamen-Duden-Kommission“ im Einsatz
Bereits im Sommer vergangenen Jahres witterte eine bürgerliche „Straßennamen-Duden-Kommission“ Verrat. Nach einem umfangreichen Straßenschilder-Austausch in der Eisenbahnsiedlung (das Gros der Schilder war nicht mehr lesbar) gebe es auf der Uerdinger Straße vier neue Wegweiser mit „Uerdingerstr.“ und eines mit „Uerdinger Str.“, also viermal falsch und einmal richtig. Gleich nebenan, in der Heynenstraße, nerve in lichter Höhe die „Heynestr.“ - beschämt tauschte die Behörde die Schreibfehler aus.
Einen anderen Weg wählte ein Rumelner Bürger: An der Allee am Friedhof (deshalb „Friedhofallee“ = Allee am Friedhof) grüßte seit Jahr und Tag fälschlicherweise die „Friedhofsallee“ (die Allee des Friedhofs). Das ging dem Einwohner dermaßen auf den Zeiger, dass er das überflüssige „s“ entschlossen überklebte.
Dem Genitiv sein Tod ist wiederum das Fanal eines anderen Straßenschild-Machers, der die Zuwegung zur Ex-Zeche Alter Fritz „Bergwerkstraße“ nennt, wiewohl in Steinwurfnähe gleich zwei Schilder aus den 60ern Jahren als Rechtschreibhilfe zur Verfügung stehen, richtig ist nämlich „Bergwerksstraße“. Derweil überlegt sich in Kaldenhausen ein Anwohner der „Traarerstraße“ (richtig natürlich Traarer Straße), wo und wie er den Rotstift ansetzen kann. Die ehrenamtlichen Street-Deutschlehrer sind also allerorten. In Rheinhausen weisen innerörtliche Hinweise auf den „Töppersee“ hin, derweil jedes Kind weiß, dass es der gute Emil Toepper war, der zum Behufe der Kiesgewinnung ab 1900 die Baggerschaufeln in den hiesigen Grund haute. Auch die „Hoelderlinstraße“ steht auf dem Meckerzettel - Lyriker Johann Christian Friedrich Hölderlin das unbekannte Wesen?
Prophet Jesaja hielt bereits im Alten Testament mit „Ich nenne dich bei deinem Namen und du bist mein!“ ein flammendes Plädoyer für die richtige Schreibweise (und Aussprache) von Namen. Das Statement zeitgemäß ausgedrückt: Es macht keinen Sinn, wenn sich Bürger „draußen amtlich“ orientieren – und dort steht es falsch. Doch die Wächter der Orthographie haben noch nicht fertig!
Sind die Umlaute etwa ausgegangen?
Vor der Trompeter Brücke steht ein Rohrpfosten. An ihm sind zwei Schilder befestigt. In eine Richtung heißt es „An der Cölve“, in die andere „An der Coelve“. Sind den Schilder-Machern nach der Mittagspause die Umlaute ausgegangen oder was? Schwer zu sagen, denn selbst auf amtlichen Stadtplänen wird nicht deutlich, warum und weshalb. Liegt es möglicherweise am Umstand, dass die Straße, die zur und von der Brücke wegführt, zum Teil in Moers, zum Teil in Duisburg liegt? Wer weiß!
Ähnlich strubbelig wird es, wenn der werte Verkehrsteilnehmer den Sittardweg in Rumeln Richtung Lauersforter Wald befährt. Wären Stadtgrenzen noch sichtbare Schranken, müsste der Autofahrer in Höhe des dortigen Baggersees von gleich auf jetzt in die Eisen – hier wechselt die Stadtgrenze mal eben die Seite und ab sofort, da nunmehr in Moers-Vennikel gelegen, heißt die Piste „Sittardsweg“. Merke: Rumeln wähnte den Weg am Sittard, die Moerser aber tun den „Weg des Sittards“ kund. Diskussionsbedarf für die rechthaberische Duden-Fraktion.
Rheinhausener oder Rheinhauser?
Ebenfalls eine Bauchlandung erleben Rheinhauser (kleine Eigenart: in Rheinhausen gibt es keine Rheinhausener), wenn sie die „Rheinhausener Straße“ zwischen Rumelner Straße und Dorfstraße sprachlich richten, um eine Silbe kastrieren wollen. Denn diese Chaussee liegt auf Rumeln-Kaldenhausener Hoheitsgebiet – und da gilt wie überall in Deutschland die weithin verbreitete Rechtschreib-Regel, das Bestimmungswort „Rheinhausen“ voll auszuschreiben und mit „-er“ abzuleiten, basta! Doch die düpierten Rheinhauser holten zum Gegenschlag aus. Hinter der Mühlenberg-Siedlung wurde stickum eine „Kaldenhauser Straße“ geschaffen, für Kaldenhausener eine Kriegserklärung.
Unter dem Strich bleibt festzustellen, dass es bei den genannten Straßennamen zwei Sonder-Kategorien gibt. Eine Gruppe besteht schlichtweg aus falsch geschriebenen Wörtern. Das ist doof. Denn ebenso wie der Name einer Stadt oder einer Schule dient ein Straßenname vor allem der Orientierung. Er soll gewährleisten, dass innerhalb eines besiedelten Gebietes der gewünschte Bestimmungsort eindeutig bezeichnet und aufgesucht werden kann. Sorte zwei sind die Straßen, die Kommunen miteinander verbinden und wo die Städte mit ihren jeweiligen Schreibweisen am Start sind. Das kommt hin und wieder Schilda-ähnlich daher, liefert aber immer Stoff für Bordstein-Palaver.
Der Typus „Keiner weiß Bescheid!“ sei schließlich auch noch erwähnt. So streiten sich kundige Bürger, ob die Südtangente zwischen Uerdingen und Kaldenhausen/Mühlenberg „Charlottenring“ oder „Charlottering“ heißt. Ist es der Name eines Mädchen, einer Kartoffel oder eines Apfels? Weit gefehlt. „Charlotte“ ist auch der Name von gleich elf Kommunen in den USA, und der Ort aus North Carolina ist die Partnerstadt von Krefeld. Soviel Erwachsenenbildung muss sein…
Text und Fotos: Ferdi Seidelt
Autor:Lokalkompass Duisburg aus Duisburg |
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