Facettenreiche Industriefotografie
Dampfende Schornsteine, mächtige Zechentürme, in den Himmel ragende Gerüstbauten oder zerfallende Industrieanlagen, Naturgewucher über stillgelegten Schienen und bröckelnden Backsteinmauern: Industriefotografie ist vielfältig und beeindruckend, manchmal erschreckend monströs, manchmal bezaubernd schön. Viele Fotografen haben sich auf diese Art der Fotografie spezialisiert, gerade das Ruhrgebiet lädt dazu ein. Der Kohleabbau mit seinen Zechentürmen, längst Wahrzeichen der Region, prägten diese Landschaft. „Kaum woanders gibt es so viele Industriedenkmäler auf so kleiner Fläche“, sagt der Duisburger Fotograf Olav Bremer.
Gerade das 180 Hektar große Areal des Duisburger Landschaftsparks mit dem stillgelegten Hüttenwerk im Zentrum und einem erloschenen Hochofen, der zum Aussichtsturm umgebaut wurde lockt Fotografen bei Tag und Nacht an. Während der diesjährigen Messe Photo+Adventure, die am 13. und 14. Juni auf dem Gelände stattfindet, wird es zahlreiche Seminare, Workshops und Touren durch den Park zum Thema Fotografie geben. In Kleingruppen führt etwa die IG Ruhrpottfotografie über das Gelände zu den schönsten Orten und besten Aussichten. „Ein Highlight wird der Aufstieg zum Hochofen sein“, verspricht Carsten Deckert von der IGR. Auch der in Wien lebende Fotograf und Künstler Thomas Bredenfeld, ein Kind aus dem Ruhrpott, bietet eine sechsstündige Panorama-Tour durch den Landschaftspark auf der Suche nach den spannendsten An- und Ausblicken an. Außerdem gibt es Foto-Touren zu verschiedenen Halden mit ihren Skulpturen oder guten Aussichten.
Die IGR, eine Gemeinschaft von 18 Fotografen aus dem Pott, zeigt außerdem eine Ausstellung unter dem Titel „Ruhrpottblenden“, die die verschiedenen Perspektiven deutlich macht. „Da sind Naturaufnahmen ebenso dabei, wie Schwarz-weiß-Bilder und Nachtaufnahmen in HDR“, so Deckert. Denn jeder sehe den Ruhrpott anders. Ihm hat es vor allem die moderne Architektur mit ihren Glasfassaden angetan.
Für Olav Brehmer beispielsweise gibt es nichts Spannenderes als Nachtaufnahmen. „Die Industrie bei Tageslicht kennt jeder“, sagt der 46-Jährige. Aber die Spiegelungen und Reflexionen des Lichts, beispielsweise an der Hohenzoller Brücke in Köln oder natürlich die Lichtinstallation des britischen Künstlers Jonathan Park im Landschaftspark, die das alte Hüttenwerk in ein Meer von Licht und Farbe taucht, seien faszinierend. Absolut notwendig für Nachtaufnahmen sei die Langzeitbelichtung. Nur so könne man eine bestimmte Helligkeit einfangen. „Damit nichts verwackelt, ist ein Stativ unabdingbar“, sagt der Experte. Brehmer gibt seit 15 Jahren Fotokurse in Duisburg, Köln und Düsseldorf und hat festgestellt, dass der größte Fehler bei Anfängern die Ungeduld ist. Etwa indem sie die Kamera wegziehen, bevor die Belichtung abgeschlossen ist. Und die kann dauern. Aber nur so werden Dinge eingefangen, die man mit bloßem Auge sonst nicht sehen kann.
„Ein schwieriges Thema ist es, alte Industrie zu fotografieren“, findet der Duisburger Fotograf Jochen Kohl. Denn die harten Konturen der Bilder verleiteten zu sehr zur Nachbearbeitung am PC. Zu oft stehe nur das schöne Ergebnis des Bildes im Vordergrund, die Geschichte des Motivs gehe dabei aber verloren. Dass die Geschichte wichtig ist, weil in den Anlagen Menschen arbeiteten, sagt auch Olav Brehmer. An seinen Kursen nehmen auch ehemalige Arbeiter teil. Den alten Ruhrpottler falle sofort auf, wenn sich jemand mit der Geschichte der Technik nicht auskenne. So wurde er etwa einmal sehr derbe darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Motiv nicht um einen Förderturm handelte. „Wenn Sie noch einmal Förderturm sagen, dann töte ich Sie! Das ist ein Fördergerüst!“, sagte der ehemalige Kumpel.
Auch jenseits des Landschaftsparks gibt es im Ruhrgebiet zahlreiche Anlaufpunkte für Industriefotografie. Etwa die ehemalige Schutthalde Alsumer Berg mit Blick auf die Hamborner Ofengruppe, auf das Stahlwerk Bruckhausen von ThyssenKrupp, zum Kraftwerk Duisburg-Walsum sowie auf die Werksanlagen von Fritz Schupp. Hier lassen sich dampfende und rauchende Schornsteine aus der Ferne fotografieren. Denn in die noch im Betrieb befindlichen Anlagen kommt man zum Fotografieren nicht rein. Als Workshop-Teilnehmer auf der Photo+Adventure im Landschaftspark Duisburg-Nord hat man hingegen mitunter die Möglichkeit, auch hinter Türen zu blicken, die für gewöhnlich verschlossen bleiben. Die Veranstaltungen von Panoramakünstler Thomas Bredenfeld und Jochen Kohl finden nämlich zum Teil in den in der Fotografenszene als "Lost Places" bekannten Örtlichkeiten statt.
Von Claudia Kabel
Autor:Christian Thomas aus Duisburg |
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