Lehmbruck Museum Duisburg
Die Befreiung der Form - Barbara Hepworth - Eine Meisterin der Abstraktion
Die Bildhauerin Barbara Hepworth (1903-1975) gilt bis heute als eine Meisterin der Abstraktion und Schlüsselfigur der europäischen Avantgarde. Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod widmet das Lehmbruck Museum der Künstlerin eine umfassende Ausstellung. "Die Befreiung der Form" zeigt entscheidende Momente in der Entwicklung der modernen Bildhauerei.
Die Ausstellung zu Barbara Hepworth im Lehmbruck Museum ist erst die zweite, umfangreiche Präsentation ihrer Werke im deutschsprachigen Raum. Ihr Name und ihre Arbeiten sind weniger bekannt als die ihrer zumeist männlichen Künstlerkollegen ihrer Zeit wie zum Beispiel Henry Moore, mit dem sie zusammen studierte und mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband. Daher ist es besonders schön, ihre Arbeiten in diesem Umfang zu sehen. Ergänzt werden ihre Arbeiten mit Werken von Künstlerkollegen, mit denen sie in enger Verbindung stand wie Hans Arp, Constantin Brâncuși, Naum Gabo, Alberto Giacometti, Antoine Pevsner und Henry Moore. Zusammen werden so rund 50 Exponate präsentiert, darunter allein mehr als 20 Skulpturen von Barbara Hepworth, die vorwiegend als Leihgaben aus Museen und prominenten Sammlungen stammen.
Hepworths Formensprache bis heute aktuell
Die Schau zeigt aber nicht nur Arbeiten von Hepworth in Verbindung mit Werken ihrer Künstlerkollegen, sondern auch den Einfluss ihrer Formensprache bis in die Gegenwart. So werden Arbeiten der Künstler/innen Nevin Aladağ, Julian Charrière, Claudia Comte, Tacita Dean, Nezaket Ekici und Laurenz Theinert gezeigt, deren zeitgenössische Positionen Hepworths Ideen aktualisieren und ihre formalen und ästhetischen Qualitäten neu interpretieren.
Barbara Hepworth gilt als Vorkämpferin der modernen Bildhauerei. Ihre frühen Skulpturen waren zwar noch figurativ, doch sie begann, Formen zu vereinfachen, indem sie Details reduzierte oder eliminierte bis sie schließlich völlig abstrakt arbeitete. Sie modellierte nicht, sondern bevorzugte das "direct carving", das unmittelbare Herausarbeiten der Skulptur aus Stein oder Holz. Mit der Methode des "piercings", dem Durchstechen der Form, revolutionierte sie die Kunst fundamental. Aufträge für Skulpturen im öffentlichen Raum brachte sie dazu, auch in Bronze zu arbeiten, das ihr das Erstellen größerer Skulpturen ermöglichte.
Ihr persönliches Anliegen galt schon früh dem Umweltschutz. Sie engagierte sich in mehreren Initiativen zum Erhalt der Natur, setzte sich mit sozialen und gesellschaftlichen Fragen auseinander.
Mit ihrer einzigartigen Kombination aus reduzierten Formen, zeitlosen Materialien und einer humanistischen, naturverbundenen Haltung wurde sie zu einer der führenden britischen Künstlerinnen ihrer Zeit, die auch internationale Anerkennung fand.
Hepworths Kunst steht für die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg und für die Zuversicht, dass die Abstraktion die Kraft hat, auch an der Befreiung der Gesellschaft mitzuwirken. So hat ihre Kunst und ihr Engagement zu Themen der Natur und Ökologie bis heute nichts an Aktualität verloren.
Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit The Hepworth Wakefield (UK), mit Leihgaben aus prominenten Sammlungen wie The Royal Collection in London, dem Kröller-Müller Museum in Otterlo (NL), dem Sprengel Museum in Hannover, Pier Arts Centre in Stromness (UK), Kunstmuseum Den Haag (NL) und dem Museum Morsbroich, Leverkusen.
Laufzeit der Ausstellung: 02. April bis 20. August 2023
Ein Katalog zur Ausstellung ist im Hirmer Verlag erschienen.
Familientag zu Eröffnung am 02. April 2023
Barbara Hepworth war der festen Überzeugung, dass Kunst nicht nur betrachtet, sondern erlebt werden sollte.
Zur Eröffnung der Ausstellung lädt das Lehmbruck Museum zu einem Familientag am Sonntag, den 02. April von 11 bis 17 Uhr ein, der mit kreativen Workshops, bezaubernden Führungen und spannenden Lesungen Groß und Klein in die Wunderkammer der Natur mitnimmt.
Der Familientag findet im Rahmen der 44. Duisburger Akzente statt und stellt neben Hepworths Werken das diesjährige Akzente-Thema „Wunder“ in den Mittelpunkt.
Weitere Infos zum Besuch der Ausstellung und zum vielfältigen Programm während der Ausstellungsdauer unter www.lehmbruckmuseum.de
Die Fotos entstanden während der Pressevorstellung.
Infos in den Bildunterschriften.
Biografie Barbara Hepworth
Barbara Hepworth wurde 1903 in Wakefield, Yorkshire, als Tochter eines Bauingenieurs geboren. Sie erhielt Stipendien für die Leeds School of Arts (1919–21) und das Royal College of Art (1921–24). Zwischen ihr und ihrem Kommilitonen Henry Moore entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. Im Jahr 1924 erhielt sie ein Reisestipendium und verbrachte die Jahre 1924 bis 1925 in Italien, wo sie 1925 den Bildhauer John Skeaping heiratete. Ihr Sohn Paul wurde 1929 geboren. Obwohl Hepworths frühe Skulpturen noch figurativ waren, begann sie damit, Formen zu vereinfachen, indem sie Details reduzierte oder eliminierte. Ab Mitte der 1930er-Jahre arbeitete sie vollständig abstrakt.
1931 lernte Hepworth Ben Nicholson kennen – sie heirateten 1938. Gemeinsam schlossen sie sich 1933 der Gruppe Abstraction-Création und im selben Jahr Unit 1 an. Ein Jahr später wurden ihre Drillinge geboren. In den 1930er-Jahren arbeiteten Hepworth, Nicholson und Moore eng zusammen und bildeten den Kern der abstrakten Bewegung in Großbritannien. 1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, zog Hepworth mit Nicholson nach St Ives in Cornwall, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte.
In den 1950er-Jahren genoss Hepworth großes Ansehen und nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, darunter die Biennale von Venedig (1950) und die documenta in Kassel (1955/1959). Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie viele prestigeträchtige öffentliche Aufträge und Auszeichnungen, unter anderem 1959 den Hauptpreis der Biennale von São Paulo. Darüber hinaus wandte sich Hepworth auch anderen Bereichen der Kunst zu: Sie entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Sophokles’ Elektra (1951) und Michael Tippetts Oper The Midsummer Marriage (1955) und gründete das St Ives Festival of Music and the Arts (1953).
1975 kam Hepworth bei einem Brand in ihrem Atelier ums Leben. In ihrem Nachruf im Guardian wurde sie als „wahrscheinlich die bedeutendste Künstlerin in der Geschichte der Kunst bis heute“ bezeichnet.
Auszeichnungen und Ausstellungen
Barbara Hepworth wurde 1951 in das Komitee des zweiten LCC Open Air Exhibition of Sculpture im Battersea Park gewählt. 1973 würde sie zum Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters ernannt. 1960 erhielt sie die Ehrendoktorwürde der University of Birmingham und 1961 der University of Leeds. 1964 wurde sie Mitglied des Kuratoriums der Tate Gallery. 1965 folgte die Ehrung mit dem Orden Dame Commander of the British Empire und 1968 eine Retrospektive in der Tate Gallery, London. Im selben Jahr erhielt sie die Ehrendoktorwürde der University of Oxford.
Hepworths Arbeiten wurden in den USA und international vielfach ausgestellt, unter anderem im Rijksmuseum, Amsterdam (2022), im Musée Rodin, Paris (2019), im St Albans Museum & Art Gallery (2019), in der Pace Gallery, New York (2018), in der Abbot Hall Art Gallery, Kendal (2014), im Musée des Beaux-Arts, Lyon (2006), im Institut Valencià d'Art Modern (IVAM), Valencia (2004), in der Art Gallery of Ontario, Toronto (1991), bei Marlborough Fine Art, London (1982), in der Gallery Kasahara, Osaka (1987), im Royal Botanic Garden, Edinburgh (1976) und in den Kunstforeningen, Kopenhagen (1965). Darüber hinaus war Hepworth Teilnehmerin an der Biennale in Venedig (1950), an der documenta 1 (1955) sowie der documenta 2 (1959) in Kassel.
2011 wurde auf der Basis einer Schenkung der Familie Hepworth an die englische Stadt Wakefield das Hepworth Wakefield eröffnet. Dort sind 44 Exponate aus Gips und Aluminium zusammen mit der Werkbank und den Werkzeugen der Künstlerin in zwei Galerien ausgestellt, die Barbara Hepworths Arbeitsweise erforschen.
Das Museumsgebäude des Hepworth Wakefield wurde von dem Architekten David Chipperfield entworfen.
(Quelle: Lehmbruck Museum)
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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