Buch des Monats: Alle Toten fliegen hoch, Teil 1: Amerika

Das Buch des Monats:
...... Großartige Geschichte, dämlicher Titel

Auf meiner Mission deren Titel da lautet:

„Finde ein gutes Buch ohne Krimi, Tote, Gemetzel, Verschwörungsthriller (obwohl ich das noch gerne akzeptiere), oder eine schmalzige Romanze, Liebesschnulze -
?Warum das?: weil die Plots sich so furchtbar ähneln, die Geschichten zu allermeist nur von der Spannung leben, wie es denn ausgeht, wer der Böse ist, aber die Erzählung selbst annähernd inhaltsfrei sein kann und nach der letzten Seite sich schon die Zwangsamnesie einsetzt
bin ich doch unverhofft tatsächlich mal wieder erfolgreich gelandet, bei ebendiesem Juwel der Schreibkunst.

Stark verkürzt könnte man es einen Beitrag aus der Rubrik „coming-of-age“ nennen, die Geschichte eines Heranwachsenden über seine Entdeckung der großen weiten Welt der Erwachsenen.

Ein Junge/Jugendlicher/Heranwachsender aus der norddeutschen Provinz bewirbt sich in den 80er Jahren für einen Schüleraustausch in die USA. Dabei lernt er zunächst erstmals die Großstadt, in dem Fall Hamburg, und ihre besonderen Eigenheiten und Sehenswürdigkeiten kennen.
Der Austausch führt ihn in die tiefste amerikanische Provinz: Laramie in Wyoming, wobei er nicht einmal weiß, womit denn wohl die Stadt bzw der Bundesstaat gemeint ist.

Ohne auch nur die Leiseste Ahnung zu haben, was dort auf ihn zukommt stürzt er sich ins Ungewisse, obwohl ihm bis dahin daheim nichts fehlte.
Er erlebt die in manchen Dingen ähnliche wie auch deutlich andere Welt der Pampa mitten in den Rocky Mountains mit sympathisierendem wie auch staunenden Blick.

30 Jahre nach meinem eigenen amerikanischen Schuljahr berührt mich diese Erzählung womöglich mehr als andere Leser.
Mir fiel es nach der Rückkehr sehr schwer, zu beschrieben, was ich denn da genau erlebt habe. Was macht den Charakter eines fremden Landes aus, was mag man daran und was unterscheidet uns. Es ist die Summe die vielen Kleinigkeiten.
Es gibt auch nicht DIE AMERIKANER, noch weniger als DEN DEUTSCHEN.
Interessant aber ist das Buch auch für all diejenigen, die die USA nur aus dem TV kennen.
In vielen kleinen, spannenden wie auch skurrilen Episoden und Impressionen, die für den harten rauen Weg des Erwachsenwerdens typisch sein mögen, aber doch hoffentlich selten in dieser Anhäufung ein einzelnes Schicksal prägen, erfahren wir nicht nur Vieles dieses spezielle Land.

Ein sehr lebendiger und teilweise mitreißender Stil gewinnt den Leser schon nach kürzester Zeit, kein langes Geplänkel wird zur langatmigen Einleitung benötigt..

Trotz des hochinteressanten Covers, leuchtendes Orange mit zahlreichen Portraitfotos amerikanischer High-School-Schüler in den 80er-Jahren, wollte ich mir das Buch zunächst gar nicht antun.
Schuld daran ist der merkwürdige Titel, der eine makaber-schräge Horrorgeschichte suggeriert.

Tatsächlich stirbt auch hier jemand, aber das ist nur ein sehr untergeordneter Teil der Geschichte. Der Autor, ein sehr ambitionierter Schauspieler und Regisseur schreibt aus eigener Erfahrung. Dies tut er so, dass man vor Neid erblasst ob der vielen speziellen Erfahrungen und der lebendigen Sprache.
Hab ich das damals so erlebt? So bunt und besonders? Sicher nicht. Ein Teenager nimmt sicherlich niemals soviele Details wahr und speichert sie auch noch über viele Jahre.

Dies ist keine Dokumentation sondern Belletristik. Schon lange vor Ende der Lektüre muss ich diese dringende Leseempfehlung geben.

Schön: es handelt sich um „Teil 1, Amerika“ einer 6-teiligen Vorlesereihe, die der Autor nun in Buchform verarbeiten will.
Anders als bei den 5 Freunden, bei denen ich jahrelang vergeblich auf eine Fortsetzung warten musste, da die Autorin schon verstorben war was aber niemand wusste, wird es hier noch weiter gehen. Kanns kaum erwarten.

Autor:

Peter Neppl aus Duisburg

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