"Bernd Koberling - Werke 1963 - 2017" Große Retrospektive im Museum Küppersmühle
Mit einer umfassenden Retrospektive würdigt das MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst im Duisburger Innenhafen den Maler Bernd Koberling. Zu sehen sind rund 80 Gemälde aus sechs Jahrzehnten, die die stilistische Vielfalt in seinem künstlerischen Schaffen zeigen Der 1938 in Berlin geborene Bernd Koberling hat sich immer wieder neu erfunden.
Die Ausstellung ist in 9 Räume bzw. Kapitel eingeteilt, die chronologisch aufgebaut sind. Die letzten Arbeiten aus 2017, darunter Arbeiten die er eigens für die Ausstellung im MKM geschaffen hat, sind in der großen Ausstellungshalle im Zentrum der Ausstellung zu sehen.Von Raum zu Raum erschließt sich die große Bandbreite seines gesamten Werkes, die vielfältigen Ausdrucksmittel, die er für sich nach und nach entdeckte. Wie seine Mitstreiter Georg Baselitz und Markus Lüpertz fragte sich Koberling von Anbeginn seines Schaffens, was ein "modernes Bild" überhaupt noch sein könnte und was "sein Bild" sein kann. Sein Lebensthema - die Landschaft- findet er bereits früh. Auch wenn Koberling stetig nach neuen Stil- und Ausdruckmitteln suchte, seinem Grundmotiv - Landschaft - ist er stets treu geblieben.
Die Landschaft - sein Lebensthema
Bernd Koberling wird im nächsten Jahr 80 Jahre alt. Das Alter sieht und merkt man ihm nicht an. Voller Elan erzählt er bei der Vorstellung seiner Ausstellung wie er zur Kunst gefunden hat. Er, der das Gymnasium verlassen hatte, begann eine Lehre zum Koch, parallel dazu besuchte er die Hochschule für Bildende Künste in Berlin, malte nach der Arbeit oft bis tief in die Nacht. Doch letztendlich stand für ihn fest: er wird Maler! Für ihn brachte die Entscheidung ein großes Glücksgefühl, seine Familie war eher entsetzt "Der Junge wird Künstler!", erinnert sich Koberling lachend.
Sein inhaltliches Lebensthema - die Landschaft, formal abstrakt und reduziert dargestellt - hat er schon früh gefunden, angeregt durch jährliche Aufenthalte in Schwedisch-Lappland und Nordnorwegen. Seine erste Lapplandreise beschreibt er als vielleicht seinen größten Rausch, als ein echtes Erweckungserlebnis. Die frühen "Fjorde- und Hüttenbilder" (1963-1964) sind im Kabinettraum zu sehen. Der Blick aus dem Fenster der Hütte hinaus in die karge Landschaft erzählt davon, dass Koberling oft in den Hütten der Samen übernachtete.
Wechsel in Technik und Material
Durch Zufall entdeckt Koberling eine neue Ausdrucksform, die er "Überspannungen" (1965-1969) nennt. Er entdeckt, dass ein mit dünnem Nessel bespannter Rahmen die Konturen eines dahinter stehenden Bildes durchscheinen lässt. Diese Idee verfolgt er weiter, indem er zuerst einige Landschaftselemente wie Berge oder Bäume auf eine Leinwand aufträgt und darüber eine zweite Schicht Nessel mit Wolken, Himmel oder Horizont malt, darüber schließt eine dritte Schicht aus Kunststofffolie oder satiniertem Glas das Bild ab. Die Landschaftsformen wirken seltsam entrückt unter opaker Oberfläche.
1969 - 1970 ist Koberling Stipendiat an der Villa Massimo in Rom. Doch anstatt die italienische Landschaft unter südlicher Sonne auf die Leinwand zu bannen, so wie es wohl die italienischen Einlader erwartet hatten, gerät Koberling in eine Schaffenskrise. Ist der Druck zu groß? Ist das politische Weltklima zu zerrissen, um eine idyllische Landschaft zu malen? Koberling malt sich seine Zerrissenheit von der Seele. Die "Rombilder" (1969-1970) sind düstere Bilder, "Ascheregen" heißt eins, ein anderes "Keine Sonne". Das sagt alles. Auf einem weiteren Bild versucht Koberling vergebens einen Punkt zu treffen und genau das schreibt er auf das Bild.
Doch Koberling malt sich aus der Krise. Zwischen 1974 und 1982 entstehen die "Jutebilder" mit einfachen Naturmotiven in kräftigen, gedeckten Farben auf rauhem Untergrund. In den 1980er Jahren sind erstmals "Menschen und Tiere" in seinen großformatigen Bildern zu sehen. Es sind expressive Gemälde, die Koberling als einen der Väter der "Neuen Wilden" erkennen lassen. Es folgt eine Schaffensperiode, in der Koberling den "Mikrokosmos" untersucht, das Kleine groß malt oder wenn man so will, das Kleinteilige als große Landschaft malt. In den 1990er Jahren ist seine Farbpalette in der Untersuchung der "Grundkräfte" vorwiegend dunkel, im Gegensatz dazu erscheinen die "Plattenbilder" (1999-2012) als farbefrohe, monumentale Aquarelle. Doch es sind keine Aquarelle. Leicht hingehaucht verwischen sich stark verwässerten Acrylfarben auf den mit weißer Kreide grundierten Aluminiumplatten. Formen lösen sich gänzlich in Farben und Farbverläufen auf. Ab 2012 arbeitet Koberling wieder mit Öl. Auch hier sind Liniengeflechte und Farbwolken wie Blütenstände zu sehen.
"... Es sind Bilder des Fließens und Strömens, in denen jede Form in Farbe aufgeht und aus jedem Pinselstrich eine Blüte wachsen kann. Den Besuchern der Ausstellung wünsche ich, dass auch sie sich in diesen Bilderwelten verlieren mögen. ...", schreibt MKM Direktor Walter Smerling im Katalog zur Ausstellung, der übersichtlich und gut gestaltet die einzelnen Schaffensperioden des Künstlers dokumentiert.
Und was sagt Bernd Koberling zu seiner Malerei? "Wenn man mir unterstellt", hat Bernd Koberling einmal formuliert, "ich sei nicht modern und nicht in der Großstadt angekommen, dann bin ich eben an dieser Stelle mehr eine Art von Neandertaler. Die größte Klarheit und die tiefsten Glücksgefühle habe ich, wenn ich mich in der Natur aufhalte."
Bernd Koberling lebt in Berlin und auf Island.
Die Ausstellung läuft bis zum 28. Januar 2018
Weitere Infos, auch zum Begleitprogramm
Duisburger und Duisburgerinnen haben jeden Donnerstag freien Eintritt ins MKM (gegen Vorlage des Personalausweises).
Die Fotos entstanden bei der Präsentation der Ausstellung, viel Freude beim Anschauen.
MKM Museum Küppersmühle
für Moderne Kunst
Philosophenweg 55
47051 Duisburg
www.museum-kueppersmuehle.de
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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