Große Werkschau des Künstlers Erwin Bechtold im MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst Duisburg
"BECHTOLD" im Museum Küppersmühle

Erwin Bechtold in seinem Atelier. Das übergroße Foto von Jo Goertz aus dem Jahr 2008 begrüßt die Besucher/innen im MKM.
Blick in die Ausstellung "BECHTOLD" im MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst
15Bilder
  • Erwin Bechtold in seinem Atelier. Das übergroße Foto von Jo Goertz aus dem Jahr 2008 begrüßt die Besucher/innen im MKM.
    Blick in die Ausstellung "BECHTOLD" im MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst
  • hochgeladen von Andrea Gruß-Wolters

Erwin Bechtold gehört zu den wichtigsten Vertretern der abstrakten Nachkriegskunst in Deutschland und Spanien. Das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst im Duisburger Innenhafen widmet dem Künstler, der im April seinen 95. Geburtstag feiert, eine große Werkschau.

Mit der Ausstellung habe sie es leicht gehabt, sagt Kuratorin Eva Müller-Remmert. Erwin Bechtold selbst hat seine Ausstellung präzise und intensiv vorbereitet. Im MKM arbeiten intelligente Menschen, bedankt sich wiederum der Künstler. In seinem langen Leben hat er auch schon anderes erlebt. Dann, wenn er anderswo um Art und Weise der Präsentation seiner Arbeiten ringen musste. Also, allesamt glückliche Gesichter bei der Vorstellung der Ausstellung. Zu recht, denn es ist eine großartige Werkschau geworden.

Gezeigt werden ca. 100 Arbeiten, die zwischen 1957 bis 2014 entstanden sind. Die Präsentation ist nicht chronologisch, sondern themenbezogen. Beginnend mit frühen informellen bis hin zu geometrisch angelegten Gemälden und Papierarbeiten. Bechtold arbeitet seriell. In all seinen Arbeiten spielt er mit Gegenpolen . Denn in jedem guten Bild, so sagt er, sollten Gegensätze und Störungen eine Rolle spielen, wie Ordnung und Unordnung oder Gestalten und (Zer)-Stören. Diese Ambivalenz zeigt sich im Aufbau der Bilder. Geometrische Formen werden gebrochen, durch Linien gestört. Aber auch in der Oberflächenstruktur spielt Bechtold mit Gegensätzen. Farbe mit Sand vermischt, erzeugt matte, spröde, rissige Farbflächen, dagegen stehen glatte und glänzende Oberflächen. Der Kontrast zeigt sich auch in seiner Farbpalette: Schwarz und Weiß und wenn Farbe, dann oft erdige Töne, die wiederum Schwarz und Weiß besonders hervorheben.

Ibiza - Quelle der Inspiration

Seit 1958 lebt und arbeitet Erwin Bechtold auf Ibiza, fasziniert von den dortigen Lichtverhältnissen und der traditionellen, kubischen Bauweise. Aber wie kann es sein, dass er dann nicht in leuchtenden Farben malt? "Schwarz ist für mich eine Farbe. Voller Nuancen. Mehr Farbe lenkt zu sehr ab. Wo viel Licht ist, ist auch Schatten, und gerade dieses helle Licht bringt besonders dunkle, schwarze Schatten hervor. Dieser Gegensatz interessiert mich. Ibiza ist für mich eine Welt der Kontraste." erklärt Bechtold. Er will keine "schönen" Bilder malen, sondern kraftvoll, kontrastreich und spannungsvoll sollen sie sein.
"Einem Architekten nicht unähnlich baue ich meine Bilder. Der Mensch steht im Mittelpunkt steht im Mittelpunkt meiner Arbeit - und er lebt, wie die Natur, in Kontrasten, Spannungen, Störungen. Wir sind in das Spiel der geordneten Unordnung, der ungeordneten Ordnung existentiell eingebunden. Meine Bilder sind der Versuch, diese komplexe Unergründlichkeit in die künstlerische Welt umzusetzen."

Malerei - Freiheit und Opposition

1925 wird Erwin Bechtold in Köln geboren. Nach Abitur und Meisterdiplom als Setzer und Drucker entscheidet er sich jedoch, nicht die Großdruckerei seiner Familie zu übernehmen. Er will als freier Künstler leben. Ein Entschluss auch als Folge der erlebten Nazizeit. Er entflieht dem Mief des Nachkriegsdeutschlands nach Paris. Eine neue Welt tut sich ihm auf. Fernand Léger wird auf ihn aufmerksam und lädt ihn ein, sein Atelier zu benutzen. Während eines Kurztrips nach Barcelona lernt er die katalanische Avantgarde kennen...und bleibt. Malerei bedeutet jetzt auch Opposition, Bechtold bewegt sich innerhalb der Franco-Gegner. Da Versammlungsverbot gilt, werden Vernissagen kurzerhand in die Nachtstunden verlegt. "Da fühlte ich mich zu Hause. Malerei war Opposition", erzählt Bechtold lebhaft. Zuhause ist nun Ibiza, aber wo ist seine Heimat? "Köln,..." antwortet Bechtold im unverkennbar rheinischen Tonfall, "... das steckt drin."

Auch im hohen Alter arbeitet Erwin Bechtold fast jeden Tag in seinem Atelier. Die Kunst hält ihn offensichtlich fit und vital. Und das beste Bild ist noch nicht gemalt.
"Der größte Reiz liegt darin, wieder und wieder ein neues Bild zu schaffen - etwas, das es vorher auf der Welt noch nie gab. (...) Das macht die Kunst und die Künstler so ungeheuer mobil. Es gibt keine Ruhe, sondern immer Entwicklung."

Seine Bilder und Grafiken finden sich in zahlreichen Sammlungen, darunter Fundació Juan Miro (Barcelona), Museo Nacional Reina Sofía (Madrid), Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland (Bonn), Sammlung Ströher (Duisburg/Darmstadt), Museum Ludwig (Köln), Von der Heydt-Museum (Wuppertal), Tate Gallery (London), Carnegie Museum of Art (Pittsburgh/USA), Graphische Sammlung Albertina (Wien) u.a.

Wie schön, dass nun diese große Werkschau im Ruhrgebiet zu sehen ist.

Die Ausstellung läuft bis zum 24.Mai 2020
Zur Ausstellung ist ein umfassender, schön gestalteter Katalog (Wienand Verlag) erschienen.

Weitere Infos zur Ausstellung /Rahmenprogramm

Die Fotos entstanden während der Vorbesichtigung.
Viel Vergnügen beim Anschauen!

MKM Museum Küppersmühle
für Moderne Kunst
Philosophenweg 55
47051 Duisburg
www.museum-kueppersmuehle.de

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

43 folgen diesem Profil

6 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.