offener Brief / Heerdt einkaufen und wohnen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Ratsdamen und Ratsherren,
sehr geehrte Entscheiderinnen und Entscheider jeglicher Coleur!

Ein offenes Wort, ein offener Brief

Ich bin gebürtige Kölnerin und vor gut einem Jahr den Rhein ein paar Kilometer hoch gezogen von Rheinkilometer 688 nach 744.

Köln ist gemütlich, klüngelig und dreckig – letzteres darf ich als Kölnerin sagen. Und wie ist Düsseldorf? Als erstes fiel mir auf, dass es sauber ist, ordentlich. Und nun kann ich sagen: Düsseldorf, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, hat eindeutig ein Luxus-Problem.

In einer kleinen Meldung und einem kleinen Nebensatz las ich: raus mit Hartz IV-Empfängern aus Düsseldorf. Und nun der Bau und die Einweihung des Kö-Bogens. Der Luxustempel pur, wo eine Handtasche locker ein Monatsgehalt kostet. Ja natürlich, ich verstehe, dass die Besucher dieses Tempels des Konsums Geld in die Kasse der Stadt schwemmen. Ich verstehe, dass Menschen, die rund um das Existenz-Minimum herum leben, dies nicht können. Und vielleicht auch nicht wollen, ihre Prioritäten liegen sicherlich anderswo.

Gerade wird in Heerdt das nächste Luxus-Projekt gebaut: Ein ehemaliger Bunker wird in Luxus-Wohnungen umgebaut. Ich frage mich, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister: wo wohnen denn all die normalen Leute – müssen sie hinausziehen auf die sogenannte grüne Wiese? Wenn sie doch nur grün wäre ….

In unserem Stadtteil im Alt-Heerdter-Zentrum stehen nun drei Läden leer: Der ehemalige Schlecker, der ehemalige KiK und ein kleines Lädchen, in dem eine Grabmalhandlung ihr Glück versuchte. Ich glaube dennoch, dass gerade an der U-Bahn-Haltestelle Nikolaus-Knopp-Platz ein kleiner Supermarkt sehr wohl „ginge“. Das Seniorenzentrum im Alt-Heerdt und seine Bewohner wären sicherlich ein Klientel, ebenso deren Besucher, die berufsbildende Schule und auch und gerade wir Anwohner im Umkreis. Wenn wir mal die Milch vergessen haben, müssen wir mindestens einen Kilometer laufen, wenn wir nicht gerade nette Nachbarn haben.
Nachdem vom Bürgerverein bereits die berühmt-berüchtigten Discounter angeschrieben wurden, die „natürlich“ alle abgewinkt haben, wie wäre es mit einer Niederlassung des neudeutsch und politisch-korrekt betitelten Klientels der Familien mit Migrationshintergrund. Könnte nicht darüber nachgedacht werden, eine Investitionshilfe zu leisten (z.B. in Form der Pacht-Übernahme). Auch mit Hinblick auf die neuen Bewohnerinnen und Bewohner des Luxus-Bunkers – noch mehr Verkehr auf den ohnehin überlasteten Straßen?
Und wohin gehen die Besucher des Dominikus-Krankenhaus? Eine „armselige“ Tankstelle gegenüber der Haltestelle – und auch die Patientinnen und Patienten, die Ausgang haben, vom schönen Rheinpanorama werden Wünsche nicht gestillt. Nicht jeder hat immer Lust auf die ewig gleiche Krankenhauskost. Und was, wenn die Strumpfhose gerissen ist, die Wimperntusche vertrocknet, die Socken vergessen und die Lust auf Schokolade überhand nimmt?

Also bitte: ein kleiner Supermarkt am Nikolaus-Knopp-Platz, um das Zentrum zu beleben.

Bezahlbaren Wohnraum im Stadtgebiet und nicht irgendwo weit draußen.

Und das Verständnis, das Menschen, die um das Existenz-Minimum herum leben, nicht auf Almosen angewiesen sind, sondern auf FÜRSORGE.

Merci und eine schöne ((Vor-)(Weihnachts-) Zeit
Elke Hens-Es Said

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Elke Es Said aus Düsseldorf

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10 Kommentare

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Elke Es Said aus Düsseldorf
am 24.06.2014 um 08:57

Lieber Robert Fischer,
danke dir für deine lange Antwort (shame on me, aber ich war krank).
Du hast mit all deinen Aussagen so sehr recht, dass es beinahe wehtut.
Grüße, Elke

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Elke Es Said aus Düsseldorf
am 24.06.2014 um 09:00

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Ich erhielt tatsächlich noch eine Antwort der CDU-Fraktion. Man habe u.a. mit dem Bau des Kö-Bogens zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen....

Mit der Wahl des neuen OBs wird sich etwas ändern, oder nicht ????

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Elke Es Said aus Düsseldorf
am 24.06.2014 um 09:11

Erklärung

"Wenn wir mal die Milch vergessen haben, müssen wir mindestens einen Kilometer laufen, wenn wir nicht gerade nette Nachbarn haben."

Damit meinte ich natürlich nicht, wie im Antwort-Brief der CDU herausgegriffen, dass wir lediglich für die Milch in den neuen Laden gehen würden, sondern dass wir ärgerlicherweise wieder mindestens einen Kilometer (pro Strecke!) laufen müssen, um sie zu kaufen.

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Nun wird auf dem Gelände des Dominikus-Krankenhaus ein neuer Wohnblock mit Eigentumswohnungen, frei finanzierten und "bezahlbaren" Wohnungen sowie einem Kiosk gebaut. Vielleicht schreibe ich mal den Investor/Bauträger an, denn eine Infrastruktur besteht m.E. nicht nur aus Straßen für den Individualverkehr.

Robert, du hast natürlich recht, dass wir mit unserem Einkaufsverhalten dazu beitragen, dass der Einzelhandel stirbt. Dennoch finde ich es unglaublich, dass es in einer Großstadt innerhalb eines Umkreises von 1,2 km keinen Discounter gibt - stattdessen zwei Leerstände, die von der Größe angemessen wären - sowie Parkplätze unter der Brücke, von denen einige sicher anmietbar wären.

Ganz ehrlich von meiner Seite: ich kann mir ein Luxus-Lebensmittelgeschäft oder den ständigen Einkauf am Büdchen/Kiosk nicht leisten. Obgleich ich dankbar bin, dass wir eins hier haben, wenn doch mal etwas fehlt.