Handwerk mit goldenem Boden? Ein Interview mit Norbert Borgmann (Innung Sanitär/Heizung/Klimatechnik Kreis Wesel)
"Viele Kollegen suchen noch Auszubildende, da (...) die Betriebe gut zu tun haben!"

Norbert Borgmann, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung- und Klimatechnik im Kreis Wesel. | Foto: privat
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  • Norbert Borgmann, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung- und Klimatechnik im Kreis Wesel.
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Ist es wegen Corona schwieriger geworden, eine Ausbildung zu absolvieren? Man hört relativ viel von Schülerproblemen wegen der Abschlussprüfungen und dem, was danach kommt. Aber was ist eigentlich mit den Bewerbungen - zum Beispiel im Handwerk? Und wie steht's dort um die Zukunftsaussichten?

Einer, der richtig gut über solche Dinge bescheid weiß, ist Norbert Borgmann, Obermeister im Vorstand der Innung Sanitär-Heizung-Klima Kreis Wesel. Seine Antworten auf unseren Fragen geben Aufschluss über die Facetten der Thematik.

dibo: Bitte ziehen Sie eine kurze Bilanz für die Zeit zwischen März 2020 und März 2021.
Borgmann: Es war eine schwierige Phase für die Branche, da wir keinerlei Erfahrungen im Umgang mit der Pandemie hatten. Ganz besonders zu Beginn von Corona. Nach Beseitigung der Unklarheiten und Unsicherheiten lief es in den Betrieben wieder. Kunden und Aufträge konnten abgearbeitet werden. Fast wie zu Zeiten vor Corona. Das hat sich alles eingespielt. Insgesamt ist die Branche gut durch die Corona-Pandemie gekommen und wir hatten nur leichte Schwierigkeiten.

dibo: Wie steht’s um die Ausbildungssituation in der SHK-Innung?
Borgmann: Im Vergleich zum Vorjahr sind nur drei Ausbildungsverhältnisse weniger eingetragen worden. Wir bewegen uns auf einem stabilen Niveau. Dennoch suchen viele Kollegen noch Auszubildende, da ein stetiger Nachwuchsmangel zu verzeichnen ist und die Betriebe gut zu tun haben. Wir brauchen die jungen Leute in unseren Betrieben.

dibo: Welche Voraussetzungen muss ein/e Azubis mitbringen? 
Borgmann: Mit der Tendenz zum höherwertigen Schulabschluss und dem Wegfall der Hauptschule fehlt es etwas an der Vergleichbarkeit. Wichtig ist vielmehr das Interesse am Beruf. Gute Noten in Mathe und Physik helfen schon, da es in unserer Branche doch recht technisch zugeht. Der Kundenauftrag muss abgearbeitet werden, sodass ein gewisses Textverständnis erforderlich ist. Al- lerdings sollen diese theoretischen Kenntnisse in der Ausbildung erlernt werden. Daher hängt nicht alles am Schulabschluss.

dibo: Wie sind die Zukunftsaussichten für die fertigen Gesell(inn)en?
Borgmann: Das Handwerk hat weiterhin goldenen Boden. Viele ältere Mitarbeiter scheiden in Zukunft aus. Das hat zur Folge, dass Stellen unbesetzt bleiben. Der Markt hat sich da gedreht und die Betriebe sind heute Nachfrager.

dibo: Gibt’s bei Ihnen viele "Abbrecher"?
Borgmann: Ein klares Nein! Natürlich finden wir auch Abbrecher in unserer Branche. Aber ausbilden ist Selbstzweck in unseren Betrieben. Wir haben als Arbeitgeber kein Interesse an einem Abbruch und versuchen das zu verhindern. Immer gelingt dies jedoch nicht.

dibo: Welche Rolle spielt SocialMedia bei der Öffentlichkeitsarbeit Ihrer Innung?
Borgmann: Noch nicht die größte Rolle. Das hängt auch mit den Kollegen zusammen, die diese Medien nicht im Blick haben. In Zukunft wird sich das mit jüngeren Betriebsinhabern sicherlich ändern. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass sich in diesem Bereich die Social-Media-Kanäle eben falls schnell wandeln. Es ist schwierig, auf das richtige Pferd zu setzen.

dibo: Erinnern Sie sich noch an Ihren Berufseinstieg – wie war das damals?
Borgmann: Ich habe meine Lehre am 1. August 1971 als Gas-und Wasserinstallateur bei der Firma Gebrüder Neuenhofer in Wesel begonnen. Dort habe ich in den Osterferien zwei Wochen als Praktikant gearbeitet. Schulpraktikum gab es damals noch nicht. Ich habe für neun Tage Arbeit 100 D-Mark bekommen.
Am letzten Arbeitstag hat Heinz Neuenhofer mich gefragt, wie es mir gefallen hat und ob ich eine Lehre in seinem Betrieb machen wolle. Mir hatte es gefallen und die Lehre wollte ich auch gerne in diesem Betrieb absolvieren. Das Schulzeugnis wollte er noch haben und der Lehrvertrag musste noch mit meinen Eltern besprochen und unterschrieben werden. Die Ausbildungsvergütung betrug damals 100 DM im Monat.

dibo: Schildern Sie bitte die Vorteile für die Kunden bei der Beauftragung eines zertifizierten Meisterbetriebs!
Borgmann: Die Vorteile liegen vor allem in der nachgewiesenen Qualifikation der Betriebsinhaber. In der Regel handelt es sich um Betriebsinhaber mit der Meisterqualifikation. Sie sind gut ausgebildet und verfügen über das nötige Fachwissen. Punkten aber auch mit Service und Nähe zum Kunden. Zudem sind sie in der Region verwurzelt und der Kunde kennt seinen Meister.

dibo: Was ist für Sie das Schönste an diesem Job?
Borgmann: Da gibt es viele schöne Dinge. Schöne Badezimmer bauen und sich mit den Kunden freuen, wenn alles nach ihren Vorstellungen erledigt wurde. Heizungsstörungen beseitigen damit die Kunden wieder im Warmen sitzen. Klimaanlagen einbauen und dafür sorgen, dass die Räume bei extremer Hitze angenehm temperiert sind. Ich habe sogar im letzten Jahr von drei Kunden eine Aufmerksamkeit als Dankeschön bekommen, weil es mit dem Einbau der Klimaanlage so gut funktioniert hat.

dibo: Formulieren Sie einen Appell an Unentschlossene: Eine Ausbildung in einem Fachbetrieb ...
Borgmann: ... für Sanitär, Heizung und Klimatechnik verschafft mir ein solides Fundament für mein weiteres Berufsleben!

Norbert Borgmann, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung- und Klimatechnik im Kreis Wesel. | Foto: privat
Norbert Borgmann erinnert sich genau an seine eigene Ausbildung bei einem Weseler Meisterbetrieb. | Foto: privat
Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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