Online Handel wirkt sich auch auf Apotheken negativ aus
Ungerechtigkeit nicht nur innerhalb der EU

Für Hektor Gerbszt, Eigentümer der Apotheke am Berliner Tor, ist Apotheker "der beste Job, den es gibt"
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Dass der Online Handel viele Existenzen gefährdet,ist längst kein Geheimnis mehr. Schließlich war das Shoppen nie so einfach wie heute. Ohne sich vom Sofa zu erheben, bestellt man die benötigte Ware, welche einem meist am nächsten Tag kostenlos bis vor die Wohnungstür geliefert wird.

Das wirkt sich auch auf die Apotheken in der Region aus. So wurden allein in der Hansestadt Wesel in den letzten drei Jahren vier Apotheken geschlossen. Michael Jilek, Sprecher der Weseler Apotheken erklärt: „Alle 39 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke und in den nächsten zehn Jahren rechnen wir mit einer Reduzierung des Bestandes um 2200 Betriebe“.

Das macht sich natürlich auch beim Notdienst bemerkbar. So kommt es in ländlichen Gegenden nicht selten vor, dass die Bürger*innen bis zu 30 km fahren müssen, wenn sie am Wochenende oder nach Ladenschluss spontan Medikamente benötigen.
Das Hauptproblem sieht er, wie auch sein Kollege Hektor Gerbszt, Inhaber der Apotheke am Berliner Tor in Wesel, in den ausländischen Versandapotheken. „Diese ausländischen Ketten gewähren Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente, was den deutschen Apotheken gesetzlich verboten ist“, bedauert Gerbszt. In Deutschland sei nicht mal ein Päckchen Papiertaschentücher als Beigabe zu verschreibungspflichtigen Mitteln erlaubt.
Die verschreibungspflichtigen Medikamente machten allerdings einen Anteil von etwa 80 % am Gesamtgeschäft aus.

Hoffnung auf gerechtere Vorgehensweise

Jilek, seit 1977 Pächter der Apotheke im linksrheinischen Weseler Ortsteil Büderich und seit nunmehr zehn Jahren Eigentümer derselben, geht sogar einen Schritt weiter. „Sogar deutsche Versandapotheken setzen sich über das Verbot hinweg und unterlaufen das Gesetz, indem sie Rabatte anbieten“, ist er sich sicher. Denkbar sei hier beispielsweise eine Halbierung der Rezeptgebühr von Fünf Euro. Da es sich um große Konzerne handele, ließen die es auf ein Gerichtsverfahren ankommen und bezahlten die Strafe sozusagen aus der Portokasse. „Da macht eben die Masse den Verdienst aus“.
Man hoffe nun auf den geplanten Vorstoß der Bundesregierung, das Verfahren für alle Bestellungen aus Deutschland zu vereinheitlichen, um es gerechter zu machen. Natürlich sei auch dafür Voraussetzung, dass sich alle daran hielten.
Gerbszt kann die Menschen verstehen, die auf billige Internetangebote zurückgreifen. „Was sollen beispielsweise ältere Menschen, die von einer geringen Rente leben und jeden Euro dreimal umdrehen müssen, sonst machen?“
Er hat sich den Gegebenheiten angepasst und versucht, das Beste daraus zu machen. „Ich kann momentan, abgesehen von der Corona Krise, noch nicht von Umsatzeinbußen reden“.
So setze er ebenfalls auf den Versand von Medikamenten und hat sich mittlerweile auch auf den Verkauf therapeutischen Hanfs spezialisiert, welches er nach vorheriger Zusendung des Original Rezeptes auch online versende. „Das zieht sich mittlerweile durch die ganze Republik“, erklärt er. Zudem stelle er monatlich Sonderangebote an nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten zusammen und setze auf Werbung.

Beratung fehlt bei Onlinehandel

Für beide, wie auch andere Apotheken in der Region ist Service das A und O. „Der bleibt bei den Versandapotheken natürlich auf der Strecke“, gibt Jilek zu bedenken. Das versichert auch Gerbszt, „Da gibt es keine Fragen nach den Neben- oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten“. Ebenso sei es für Menschen, welche den Inhalt des so genannten Beipackzettels nicht verstehen, unmöglich, diesen zu hinterfragen.
Nicht umsonst sei das Pharmazie Studium neben dem in den Fächern Mathematik und Maschinenbau das Schwerste, resümiert der Büdericher Jilek. Nach acht Semestern zuzüglich einem praktischen Jahr und insgesamt drei Staatsexamen habe man es endlich geschafft.
Dabei bestehe das Studium aus 38 Stunden- Wochen, von denen man mehr als 5 Stunden täglich im Labor und drei Stunden in der Vorlesung verbringe.
Er verstehe auch nicht, dass an den Apotheken gespart werde, denn sie hätten an den Gesamtkosten des Gesundheitswesens lediglich einen Anteil von 2,2 %.
Beiden macht ihr Beruf trotz allem immer noch Spaß. So Gerbszt, „Für mich es der beste Job, den es gibt“.

Randolf Vastmans

Autor:

Randolf Vastmans aus Xanten

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