Interview mit Doris Lewitzky, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Kreis Wesel/Duisburg
Über Rechtsvertretung, Digitalcoaching, Marketing, Lösungsprozesse und Shopping-Gelüste
Die neue Chefin des Handelsverbandes Kreis Wesel/Duisburg weiß viel über die Gewerbestruktur im niederrheinischen Einzelhandel. Seit Oktober ist Doris Lewitzky zur Hauptgeschäftsführerin bestellt. Sie tritt die Nachfolge von Wilhelm Bommann an, der nach 37 GF-Jahren in den Ruhestand ging.
Im Interview erklärt die HV-Chefin ihren Blickwinkel auf das Geschehen im regionalen Handel.
Schnuppern Sie mal rein!
dibo: Wie fühlen Sie sich als neue Chefin eines Verbandes, den kaum jemand kennt?
Doris Lewitzky: Sagen wir mal so, unsere Mitglieder kennen uns und unsere Leistungen sehr gut und als Drohung für die Zukunft: Die anderen werden uns noch kennenlernen! Nein im Ernst, gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig der Austausch für unsere Mitgliedsbetriebe war und immer noch ist und dass gerade Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände wie der Handelsverband NRW Niederrhein sehr nah an den ihnen angeschlossenen Unternehmen agieren und hier jederzeit als Ansprechpartner für ihre branchenspezifischen Belange erreichbar sind.
dibo: Erklären Sie bitte in wenigen Sätzen, was der HV für seine Mitglieder tun kann.
Doris Lewitzky: Für unsere Mitgliedsbetriebe verstehen wir uns als erste Anlaufstelle bei Fragestellungen und Problemen rund um deren Einzelhandelsbetrieb. Unabhängig davon, ob es sich um betriebswirtschaftliche oder arbeitsrechtliche Fragen, um Fragen zum Stadtmarketing oder zum Wettbewerbsrecht, um handelsrelevante politische Abstimmungsprozesse etc. handelt (der Phantasie sind hier keine, na sagen wir wenige, Grenzen gesetzt), kümmern wir uns individuell um die konkreten Anliegen und versuchen stets einen praktikablen Lösungsweg zu finden. Stellvertretend für die Mitglieder sind wir Partner vieler regionaler Entscheidungsfindungen und zudem deren Vertreter vor den Arbeits- und Sozialgerichten.
dibo: Sind Sie zufrieden mit der Resonanz, die Sie aus den niederrheinischen Betrieben erfahren?
Doris Lewitzky: Die Zufriedenheit unserer Mitglieder ist uns sehr wichtig. Und Zufriedenheit gründet sich zuletzt durch ein ausgeglichenes Geben und Nehmen. Unser Anspruch ist es, die unseren Mitgliedern angebotenen Leistungen laufend zu optimieren und den sich ändernden Anforderungen an den Einzelhandel anzupassen. Aktuell stellen wir unseren Mitgliedern als Bestandteil der Mitgliedschaft das Know-how von Digitalcoaches zur Verfügung, den jedes Mitglied individuell buchen und so den für sich und sein Unternehmen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung planen und umsetzen kann. So kann unterschiedlichen Konzepten und Branchen Rechnung getragen werden und wie sehen an der Resonanz, dass die Betriebe dieses Angebot gerne nutzen.
dibo: Ein Wort zur regionalen Politik – wie funktioniert der Austausch?
Doris Lewitzky: Der Austausch mit der regionalen Politik hat immer gut und praxisorientiert funktioniert. Gerade jetzt, wo es besonders um die Attraktivität und den Erhalt der Innenstädte und Stadtteile, um die Stärkung des Einzelhandels in der Corona-Krise geht, geht ein großes Lob an alle regionalen Player. Hier wurde erkannt, dass die Funktionalität unserer Städte für die menschliche Gemeinschaft unabdingbar ist und es sich für deren Erhalt zu kämpfen lohnt. So wird verstärkt an Konzepten zur Steigerung der Aufenthaltsqualität gearbeitet, ebenso wie an Konzepten zur Erreichbarkeit der Innenstädte und Stadtteile sowie an der Schaffung der Voraussetzungen zur Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen. Da sind dicke Bretter zu bohren, aber es wird gemeinsam angepackt.
dibo: Macht Corona Ihre Arbeit komplizierter?
Doris Lewitzky: In den Zeiten von Corona muss vieles völlig neu gedacht werden. Abstimmungsprozesse wurden als Video- oder Telefon-Konferenz durchgeführt und Präsenzveranstaltungen über mehrere Monate komplett abgesagt. Davon waren alle mehr oder weniger betroffen. Aber nachträglich muss man konstatieren, dass andere Wege und Verfahren gefunden wurden und noch weiter entwickelt werden, um die anfallenden Arbeiten und Prozesse bewältigen zu können. Und Corona hat hier auch als Brandbeschleuniger gewirkt, das heißt, plötzlich musste in vielen Fällen schnell eine Alternative und Möglichkeit der Erledigung gefunden werden und das hat im Zusammenspiel aller Beteiligten auch sehr gut funktioniert. Und die Suche nach einem Parkplatz ist auch öfter mal weggefallen.
dibo: Wie viele verkaufsoffene Sonntage erachten Sie als passend für die Mittelzentren im Kreis Wesel und die Stadt Duisburg?
Doris Lewitzky: Verkaufsoffene Sonntage sind ein wichtiges Instrument für den Handel, nicht nur, aber besonders in Zeiten von Corona. Auch wenn von Seiten der Gewerkschaften immer wieder erklärt wird, den verlorenen Umsatz könne der Handel an einem Sonntag nicht wieder aufholen, so geht es doch gar nicht nur um den Umsatz, sondern viel mehr darum, dass sich der Handel präsentieren, sein Angebot zeigen und insgesamt für den Aufenthalt in den Städten werben kann. Der Abwanderung der Kunden in den Online-Handel kann nur dadurch begegnet werden, dass dieser einen Tag in der Einkaufsmeile vor Ort als bereichernd und angenehm empfindet und den Wunsch verspürt, wieder zu kommen. Viele Online-Geschäfte werden nachweislich an einem Sonntag getätigt und diese Shopping-Lust des Kunden soll auch der stationäre Handel nutzen dürfen. Die Anzahl der offenen Sonntage ist dabei gar nicht so entscheidend, sondern dass an den geöffneten Sonntagen eine gute und inspirierende Stimmung herrscht nach dem Motto unserer derzeitigen Kampagne "Anfassbar gut - nicht nur klicken auch anfassen".
dibo: Thema Online-Handel: Sehen Sie die hiesigen Kaufleute gut aufgestellt?
Doris Lewitzky: Der Handel ist in Bewegung und optimiert seine Wahrnehmbarkeit. Er muss zukünftig noch näher am Kunden und dessen Wünschen agieren und die digitalen Angebote dahingehend prüfen und anpassen, dass seine Waren der aktuellen Nachfrage entsprechen. Bestenfalls kann der Händler eine Nische für sich finden, die ihn von der Masse der Online-Angebote abhebt. Es wird in der Zukunft sicherlich so sein, dass es keinen Stillstand in der digitalen Entwicklung gibt und der Händler von heute sich diesen Herausforderungen stellen muss und auch stellt. Dann wird es auch zukünftig inhabergeführte Geschäfte geben.
dibo: Geben Sie den Städten Dinslaken, Moers und Wesel bitte jeweils einen guten Rat in Bezug aufs lokale Handelskonzept.
Doris Lewitzky: Jede der genannten Städte hat die Zeichen der Zeit erkannt und arbeitet an lokalen Handelskonzepten zur Steigerung der Aufenthaltsqualität, der guten Erreichbarkeit und einem attraktiven Handelsangebot. Wichtig ist sicherlich, die lokalen Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale der jeweiligen Stadt auszuspielen und den Besuchern und Kunden beispielsweise ein Gesamtpaket aus Sightseeing zu historischen Plätzen, Shoppingerlebnis mit speziellem Warenangebot und kulinarischen Highlights bieten zu können.
dibo: Wie lautet Ihr größter Wunsch für die nächsten Monate?
Doris Lewitzky: Angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen wäre mein größter Wunsch, dass es schnell eine Impfung gibt und Corona nicht mehr unser gesamtes Handeln und insbesondere Nichthandeln bestimmt. Wir wünschen uns doch alle unser normales Leben zurück.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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