Aus dem Jahresbilanzgespräch der Nispa
Niedrigzins, Immobilienblase und Zukunftschancen: Wie aus Träumen harte Realität wird

Sascha Hübner (links) und Friedrich Wilhelm Häfemeier, die beiden Vorstände der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe. | Foto: dibo
4Bilder
  • Sascha Hübner (links) und Friedrich Wilhelm Häfemeier, die beiden Vorstände der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe.
  • Foto: dibo
  • hochgeladen von Dirk Bohlen

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos! Mit diesem Satz ließe sich zusammenfassen, was die beiden Vorstände beim Pressegespräch zur Jahresbilanz der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe verlauten ließen.

Noch 2021 fühlte sich die Nispa - zusammen mit einem Großteil der regionalen Unternehmen - wirtschaftlich wie auf dem Ponyhof. "Trotz Corona hat sich die Wirtschaft in der Region gut entwickelt!", erklärte Friedrich-Wilhelm Häfemeier. Mit Ausnahme der Gastronomie hätte es im ersten Pandemie-Jahr "keine Ausfälle" gegeben. Ein politischer Dolchstoß verschlechterte aber kürzlich binnen Tagen die Lage und öffnete einer weit schlimmeren Realität die Pforten: der Ukraine-Krieg.
So zeigt die Nispa-Bilanz zwei Seiten einer Medaille: die Rückschau auf 2021 - eine Erfolgsgeschichte. Und den Ausblick aufs gestartete Jahr - ein Damoklesschwert, auf dessen Klinge ein schwacher  Hoffnungsschimmer liegt.

Die nüchternen Zahlen: Trotz des weiterhin schwierigen Gesamtumfeldes ist es der Sparkasse erneut gelungen, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Die Bilanzsumme der Sparkasse liegt zum Jahresende unverändert bei rund 3,4 Milliarden Euro. „Damit sind wir grundsätzlich zufrieden – insbesondere vor dem Hintergrund so prägender Faktoren wie der Corona-Pandemie und der weiterhin anhaltenden Niedrigzinsphase“, so Friedrich-Wilhelm Häfemeier und Sascha Hübner.

Im Kundenkreditgeschäft konnte die Nispa erneut ein gutes Wachstum erzielen und das gute Vorjahresniveau halten. Die Neubewilligungen lagen bei rund 500 Millonen Euro. Die Summe der vergebenen Kredite beläuft sich damit per Jahresende 2021 auf rund 2,7 Milliarden Euro.  „Die Nachfrage nach Baugrundstücken sowie Neu- und Bestandsimmobilien übersteigt unverändert das Angebot, was die Preisentwicklung verstärkt.“  
Das zweite Corona-Jahr und die Ukraine-Krise bewirken einen Negativ-Dreiklang, der vor allem beim Hausbau viele Menschen von der bisherigen Traumwelt in einer harte, aktuelle Wirklichkeit führen werde: Die derzeitige Inflation reduziere die durchschnittliche Kaufkraft um etwa 10 Prozent, die Kreditzinsen fallen höher aus und das Wirtschaftswachstum sei rückläufig.

Im Geschäftsjahr 2021 konnte die Nispa die Zahl der Depotkonten um nahezu 1.000 Stück auf nunmehr rund 19.000 Stück erhöhen. Auf den betreuten Wertpapierkonten befand sich zum Jahresende 2021 ein Anlagevolumen von rund 870 Millionen Euro – ein deutlicher Zuwachs
gegenüber dem Vorjahr. Das Girokonto bleibt der Dreh- und Angelpunkt der Geschäftsverbindung. und erfreut sich in seiner Multifunktionalität weiterhin hoher Beliebtheit. „Damit bleiben wir Marktführer", so Sascha Hübner.

Attraktive Arbeitgeberin

Die Nispa ist und bleibt eine große und attraktive Arbeitgeberin. Per Jahresende 2021 beschäftigte sie 636 Menschen (eld weniger als 2021), davon 38 Auszubildende. Doch Hübner schrränkte ein: "Es wird immer schwieriger, genügend Auszubildende zu finden!" Für den Ausbildungsstart im Spätsommer seien noch immer freie Plätze im Hause zu bekommen - mit anschließender Übernahmegarantie.

Im vergangenen Jahr musste das kulturelle und soziale Miteinander auf ein Minimum reduziert werden. Trotzdem hat die Nispa Vereine und Organisationen, die z. B. auch mit coronabedingten Einnahmeausfällen zu kämpfen hatten, mit insgesamt rund 1,3 Millionen Euro unterstützt.
Darüber hinaus hat die Nispa ihr Produktspektrum bei Nachhaltigkeitsfonds ausgebaut. „Wer beispielsweise in nachhaltig ausgerichtete Unternehmen investiert, trägt man nicht nur zum Umweltschutz bei“, weiß Sascha Hübner.

Durch Lieferengpässe und steigende Rohstoffpreise werden insbesondere Immobilien und der Hausbau teuer. Friedrich-Wilhelm Häfemeier nennt zwei erschreckende Zahlen: Eine Doppelhaushälfte in Dinslaken kostet in bestimmten Lagen derzeit rund 600.000 Euro, in Schermbeck rund 400.000 Euro. "Für die Breite wird die Finanzierung schwierig", räumt der Nispa-Chef ein. Doch er sieht auch die unternehmerischen Möglichkeiten, die sich aus den aktuellen Krisen ergeben und betont: "Investitionen in Digitalisierung und Erneuerung werden sich auszahlen, die Preissteigerungen im Immobilienbereich werden sich bald beruhigen."

Angesichts der bedenklichen Großwetterlage erscheinen Nispa-Pläne wie der Neubau der Hauptgeschäftsstelle Dinslaken und der Abbau des Geldautomaten in Ginderich (Maßnahme gegen Sprengversuche) eher unwichtig. Doch Häfemeier sieht sowohl das Potenzial der Region mit ihrer hohen mittelständischen Betriebsqualität als auch die beratenden Stärken seines Hauses: "Die Erneuerung ist eine Chance und wir werden sie nutzen!"

Lokales aus Lohberg und Ginderich

Im Dinslakener Ortsteil Lohberg gab es einen Sprengversuch: Der Geldautomat im Ledigenheim, einer beliebten Adresse für Kultur und Begegnung, explodierte im Januar. Konsequenz: Die Nispa streicht den Standort und sucht einen neuen. Ganz ohne Automat müssen wohl die Bürger des Weseler Ortsteils Ginderich auskommen. Auch die sprengten Kriminelle den Geldautomaten. Die Nispa-Chefs sehen den Standort als zu brisant an und meinen, die Bevölkerung müsse mit Geldabhebungen im örtlichen Edeka-Geschäft auskommen - oder im Bedarfsfalls den Geldbringservice der Sparkasse nutzen.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

59 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.