Frisch aus der Denkfabrik eingetroffen
Mangels Glaskugeln: Rent a Zukunftsforscher!
WeselPartner, dieser engagierte Interessenverband der regionalen Wirtschaftsförderung, hat sich eine Art Pressesprecher für Zukunftserwartungen eingeladen. Und weil die Außenperspektive, die bei Beratung und Selbstreflexion so dringend nötig ist, sich proportional zur Anreiseentfernung verhält, hat man sich diesen Zukunftsforscher aus Leipzig einbestellt. Michael Carl von der Denkfabrik 2b AHEAD kam, sah, und prognostizierte.
Achtung Spoiler: Technik wird immer wichtiger!
Mittwoch Abend lud WeselMarketing zu einem Pressegespräch, bei dem Journalisten den Gast aus Deutschlands größtem Zukunftsinstitut (vor seinem eigentlichen Vortrag vor der WeselPartner-Runde) dazu befragen konnten, was er als baldige Entwicklungen erwartete. Fragen nach der Region sind jedoch bei einem universellen Thema wie Digitalisierung ebenfalls universell zu beantworten, weswegen dieser Tagesordnungspunkt fix abgearbeitet war.
Thomas Brocker, Geschäftsführer von WeselMarketing und Reinhard Hoffacker von der NISPA sorgten sich unterdessen um die Sicherung von Ausbildungsplätzen und genügend Fachkräften, von anderer Ecke wurde die ausbaufähige Wahrnehmung des »Auesees als Naherholungszentrum« bemängelt und der wortgewandte Gast erzählte von einer App, die Gefühle aus Stimmen heraushören kann. In diesem Fall war die App von solchem Themenreichtum sicher selbst beeindruckt. Der Verfasser dieser Zeilen hörte in den Stimmen primär Ehrfurcht und Neugier in unterschiedlichen Gewichtsanteilen.
Natürlich — und darauf konnte man seinen letzten 1 GB USB-Stick verwetten — wurde auch die Schließung des Saturn angesprochen. Dieses Beispiel nutze Carl dann auch als Aufhänger für eine detaillierte Analyse von segmentierten Märkten, Kundentypen und den Problemen des »Es-Allen-Recht-Machen-Handels«. Als Rettung diene nur Profilierung und präzise Kundenadressierung. Und was Saturn angeht: Determinismus halt.
Das Thema Digitalisierung eignet sich ja hervorragend, um argumentativ zwischen Terminator und technischer Utopie zu fabulieren. Michael Carl nimmt dabei die gelassene Position des Optimisten ein: er geht versöhnlich mit der beginnenden Maschinenlesbarkeit der Welt um, weil ihr dadurch neue Kapitel eröffnet werden könnten.
Doch wie viel Datenschutz verträgt eine Industrie 4.0? Und ist die Kluft zwischen dem Schlagwort Datenschutz auf der einen und selbstverständlicher Selbstverdatung so vieler Konsumenten auf der anderen Seite nicht auch eine Chance, sich bewusst auf Seiten der technischen Innovation zu verorten? Diese Fragen wurden aufgeworfen. »Aufgeworfen«, wohlgemerkt. Denn Niemand würde seine jeweilige Kompetenzportion auf's Spiel setzen, nur um Lösungen anzubieten, deren Funktionieren dem komplexen System der Wirtschaftsentwickung unterworfen sind. Also fokussierte sich Michael Carl auf das Aufzeigen von Möglichkeiten, Variablen — was auch den Vorteil hat, Niemandes Entscheidungsfreiheit in Grund und Boden zu beraten.
Wie wird es mit Wesel in 10 Jahren aussehen? Diese Kernfrage wurde ebenfalls nicht beantwortet — weil sie selbstverständlicher Weise unbeantwortbar ist —, doch sie diente als Kristallisationskeim einer breiten Palette an Entscheidungspunkten, die man durch Malen nach Verkaufszahlen zu einem Bild der Region verbinden kann. Wirtschaft ist eben wie Malen nach Zahlen: viel Beschäftigung und ein wenig Kunst.
Autor:Timothy Kampmann aus Wesel |
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