Mit dem Fahrrad nach Gibraltar - Zwei ADFC-Tourenguides erfüllen sich einen Traum und machten eine Reise quer durch Europa

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Ingrid Kroezemann (67 Jahre) und Olaf Bunzel (62 Jahre) lernten sich vor circa zwei Jahren bei einer ADFC Fahrradtour kennen. Nun erfüllten sich die beiden einen Traum und reisten vier Monate lang durch Europa - und das nur mit dem Fahrrad. Als Ziel setzten sich die beiden Gibraltar, der Weg dorthin war für sie aber das viel spannendere auf der Tour durch Europa. Im Folgenden erzählt Olaf Brunzel von der Fahrrad-Reise und den spannendsten Erlebnissen.


Start am 11. April 2018:
Wir starten morgens um 9.00 Uhr mit jeweils 30 Kilogramm Gepäck. Ganz in Ruhe. Alles ist zu Hause für unsere lange Abwesenheit geregelt. Ein Startfoto am Berliner Tor. Aber schaffen wir so eine riesige Tour überhaupt? Ingrids Fahrrad neigt zu starken Schwingungen im Rahmen wegen der schweren Gepäcktaschen. Bei mir ist es ähnlich. Wir schieben unsere Bedenken bei Seite und fahren einfach weiter. Es wird schon gut gehen.
Die nächsten Stationen waren Geldern und Hückelhoven. Nach einer Übernachtung auf einem Hotelschiff in Maastricht und Aufenthalt in Lüttich, ging es von dort aus entlang der Maas nach Namur. Von dort aus in sieben Tagesetappen 1.300 Kilometer bis nach Paris.

Ankunft in Paris am 20. April.
Stadtrundfahrt Paris mit dem Fahrrad am 21. April. ein Erlebnis für sich. Paris mit dem Fahrrad. Ansehr vielen Stellen geht das deutlich besser als erwartet weil gut ausgebaute Radwege getrennt von der Straße durch die Stadt führen. Dennoch bleiben etliche Kreisverkehre die man nur etwas beherzt und mit deutlich angekündigten Handzeichen überwinden kann.

Nach drei weiteren Tagesetappen erreichen wir die Loire bei Chateauneuf sur Loire. Am 25. April Besichtigung der Kathedrale Sainte-Croix d'Orleans. Weiter auf dem Loire-Radweg entlang des Flusses. Besichtigung einiger Schlösser der Loire - Chateau Chambord, Chateau Bois, Chateau Amboise, Chateau Chenonceaux.

Am 30. April verlassen wir Tours auf dem Euro Weg 6 in südliche Richtung. Von Tours über Angouleme nach Bordeaux. Stadtbummel durch Bordeaux. Eine wirklich sehenswerte ruhige Stadt. Mit schönen Plätzen und Cafés die zum Verweilen einladen. Von Bordeaux geht es durchs Landesinnere bis zur Atlantikküste bei Biarritz. Hier fahren wir viele Kilometer eine alte ausgebaute Eisenbahnlinie. Durch Wälder über Felder oft schnurgerade durch Naturschutzgebiete. Eine herrliche ruhige Fahrt durch den Süden Frankreichs. Die Atlantikküste erreichen wir am 14. Mai bei Biarritz.

16. Mai - Spaziergang durch San Sebastian. Mit der Zahnradbahn auf den Monte Igueldo.
Wunderschöner Blick von dort oben auf die Bucht La Concha. Jetzt sind wir mitten im Baskenland. San Sebastian hat eine wunderschöne Altstadt. Berühmt und weit bekannt sind die Tapasbars. Bei einem Besuch dieser Stadt unbedingt zu empfehlen: die besten Tapas von ganz Spanien. In zwei Tagesetappen weiter nach Pamplona. Hier gibt es einen sogenannten Via Verde. Angelegte Radwege für Tourenfahrer. Der größte Teil der Strecke auf einer Länge von 40 Kilometer ist eine alte ausgebaute Eisenbahnlinie - genannt Via Plazaola. Auf dieser Strecke fahren wir durch die Pyrenäen über viele Brücken und durch insgesamt 39 Tunnel. Die Tunnel sind ein echtes Abenteuer da sie oft unbeleuchtet sind und das Wasser den kleinen Rinnsalen von der Decke läuft. Hier sind wir durch den längsten Fahrrad-Tunnel Europas gefahren, er ist 2.700 Meter lang.

Pamplona erreichten wir am 19. Mai - die Stadt, in der jedes Jahr der umstrittene Stierlauf stattfindet, genannt Sanfermines. Das Wetter war dieses Jahr für spanische Verhältnisse im Mai ungewöhnlich kühl und regnerisch. Auch Ende Mai hatten wir oft nur 20 Grad Celsius. Die Leute haben uns gesagt, dass zu dieser Zeit oft schon 37 Grad sind.
Sechs weitere Etappen bis Madrid. Bei der Fahrt in die Innenstadt von Madrid gelangen wir in einem Kreisverkehr in den mehrere zweispurige Straßen münden. Zugleich ist hier der Zubringer für eine Stadtautobahn. Die Verkehrslage ist rasant und unübersichtlich. Ingrid muss am Kreisverkehr anhalten und ist verzweifelt, weil sie keine Lücke findet. Hier ein Lob an die spanische Polizei: Zwei Polizisten in ihrem Auto erkennen die schwierige Situation von Ingrid und sperren den Kreisel dass sie weiterfahren kann.
Auch der Weg zum Hotel durch den dichten Großstadtverkehr ist ein spannendes Erlebnis. Es gibt zwar auch hier viele Radwege, aber dennoch führen die Wege auch durch Kreisverkehre und selbst auf dem Radweg oft dicht an Cafe Tischen und an parkenden Autos vorbei. Neben den berühmten Sehenswürdigkeiten gibt es auch viele schöne Plätze und wirklich sehenswerte große Stadtparks.

Toledo - nur circa 90 Kilometer südlich von Madrid - erreichen wir in einer einzigen Etappe. Eine wirklich sehr schöne Altstadt die zudem noch malerisch oben auf dem Berg liegt. Über Ciudad Real und Pozoblanco nach Cordoba.
Jetzt sind wir in Andalusien. Viele Gebäude in Cordoba erinnern an die maurische Epoche dieser Stadt. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit die Mezquita: Das UNESCO Weltkulturerbe wurde 1236 in eine katholische Kirche umgewandelt und im 17. Jahrhundert wurde ein Kirchenschiff im Renaissance-Stil hinzugefügt. Über die Berge Andalusiens erreichen wir schließlich am 14. Juni das Mittelmeer bei Jimena de la Frontera.

Am 16. Juni, wir mit dem Fahrrad nach Gibraltar. Vom Campingplatz Sudeuropa starten wir zu einem Tagesausflug mit dem Fahrrad nach Gibraltar. Gibraltar ist englisches Hoheitsgebiet. Daher überfahren wir eine Grenze und danach direkt quer über die Landebahn des Flughafens auf die berühmten Halbinsel. Mit der Seilbahn geht es hinauf auf den Felsen von Gibraltar.
Wir haben es geschafft. 3.500 Kilometer von Wesel bis Gibraltar mit dem Fahrrad. Ein erhabenes Gefühl. Und ein umwerfender Ausblick von dort oben auf das Mittelmeer und die umliegende Landschaft. Wir haben Glück es ist herrlicher Sonnenschein und das tiefblaue Meer liegt unter uns. Und die berühmten Affen auf dem Felsen scheinen sich mit uns zu freuen. Unsere verdiente Ruhepause nach Erreichen unseres Zieles legen wir erst eine Tagesetappe später ein.

Wir finden dafür einen schönen Campingplatz direkt am Strand. Und auch eine weitere
Besonderheit nehmen wir uns vor. Eine Busfahrt von Marbella in die bekannten Städte Ronda und Setenil de la Bodegas in den andalusischen Bergen.
Am 23. Juni Busfahrt von Malaga nach Granada. Die Busgesellschaft nimmt Fahrräder mit die dazu in den Kofferraum im Bus geschoben werden. Besichtigung der Alhambra in Granada am 27. Juni. Im Anschluss Busfahrt von nach Valencia. Hier überbrücken wir 450 Kilometer mit dem Bus. Stadtrundfahrt mit dem Fahrrad durch Valencia. In fünf weiteren Tages Etappen fahren wir bis Tarragona. Von da nehmen wir den Zug, um in die Innenstadt von Barcelona zu fahren.

Barcelona erreichen wir am 5. Juli. Ja, die Sagrada Familia ist trotz allem Rummel für mich die Hauptsehenswürdigkeit in Barcelona. Antoni Gaudi war ein begnadeter Architekt. Seine zahlreichen Werke die in Barcelona zu besichtigen sind, sind wirklich sehenswert. Über Geschmack kann man bekanntlich streiten, aber bemerkenswerte sind seine Werke auf jeden Fall. Aber unabhängig davon, Barcelona hat Atmosphäre. Die vielen
Plätze, der Hafen, die vielen Cafés und Bars. Alles das muss man unbedingt erlebt haben.

Von Barcelona bis zur Grenze nach Frankreich sind es noch 180 Kilometer. Wir wählen für den Grenzübertritt eine Strecke abseits der Küste weil wir dort mit weniger Steigungen über die Ausläufer der Pyrenäen kommen. Wildschweine auf einem Campingplatz. Schon kurz nach der Ankunft wurden wir von Camping Nachbarn vor Wildschweinen gewarnt. Der Campingplatz war ruhig, lag mitten in einem Naturschutzgebiet und war auch mit einem Zaun eingezäunt. Wir fühlten uns sicher und schoben unsere Bedenken beiseite. Eine Nacht wurden wir durch Geräusche wach. Wir hören es rascheln, manchmal tief einatmen, aber auch leises Grunzen undeutliche Schmatzgeräusche. Wir sitzen senkrecht in unserem kleinen Zelt auf der Luftmatratze. Wildschweine. Ja, wir liegen in einem Wald aus Korkeichen. Es knackt laut wenn die Schweine die Eicheln zerknacken. Doch wir haben Glück. Unsere Camping Nachbarn ein paar Meter weiter beschließen beim Anblick der Wildschweine wieder abzureisen. Das Öffnen und Schließen der Autotür vertreibt die Schweine. Dieses kleine Abenteuer haben wir also unbeschadet überstanden.

In Frankreich fahren wir unmittelbar die Küste entlang. Die Landschaft ist hier wieder total anders. Gekennzeichnet durch große Lagunen - Etang de Thau, Etang de Vic, Etang de l'Or. Oft haben wir hier die Möglichkeit im Meer zu baden. Wir fahren entlang der Badestrände und Promenaden mit Cafes und Restaurants. Bei Le Grau-du-Roi verlassen wir das Mittelmeer in nordöstliche Richtung und fahren über Aigues-Mortes und Saint-Gilles nach Tarascon.
Die Fahrt geht durch die Provence. Die Region wo die Impressionisten gelebt und gewirkt haben. Die Landschaft ist traumhaft. Wir fahren an Lavendelfeldern vorbei, Wein und typische südfranzösische Bruchsteinhäuser. Die Grillen zirpen laut. Aber noch etwas fällt auf: Wir nehmen allmählich Abschied von den Palmen. Diese haben uns durch fast ganz Spanien und in Frankreich bis hierhin begleitet. Sie scheinen nur noch in Vorgärten und großen Blumenkübeln zu stehen.

Stadtrundfahrt in Lyon am 25. Juli. Wir fahren die Saone weiter flussaufwärts. Bis Chalon-sur-Saone. Von da zweigt der Europaradweg 6 ab, der uns weiter bis Mulhouse führen wird. Im Wesentlichen fahren wir dabei die Doubs entlang und auch oft den Canal du Rhone au Rhin. Dieser hatte auf unserem Weg recht viele Schleusen. Es gibt auch Stellen, wo er durch einen Tunnel führt. Ebenso auch Wasser-Kreuzungen wo er über Brücken weitergeleitet wird. Nach der Wasserscheide geht es mit den Schleusen genau andersherum. Für uns Radfahrer ein klares Zeichen dass es von nun an bergab bis ins Rheintal geht.

Von Frankreich geht es jetzt in die Schweiz. Wir besuchen Basel. In der sommerlichen Hitze ist es hier offensichtlich Volkssport geworden im Rhein zu schwimmen. Hunderte von Menschen packen ihre Bekleidung in Schwimmsäcke und schwimmen im Rhein flussabwärts. Die Strömung ist hier gleichmäßig aber dennoch relativ schnell. Ganze Völkerscharen treiben mit der Strömung den Rhein hinunter. Vom Cafe aus beobachten wir dann eine regelrechte Völkerwanderung der Badenden, wenn sie wieder stromaufwärts zum Einstiegsort zurück wandern.
Von hier aus fahren wir auf Schweizer Seite den Rhein weiter stromaufwärts. Erst kurz vor Waldshut überqueren wir den Rhein. Von hier aus machen wir noch eine Tagestour mit dem Fahrrad zum Rheinfall von Schaffhausen. Hier beenden wir unsere Tour. Schon vor ein paar Tagen hatten wir Tickets für die Zugfahrt von hier nach Wesel gekauft.

Das Ende unserer Fahrradtour durch Europa nach fast genau vier Monaten und 5.600 Kilometern. Wir sind gesund von unserer Tour zurückgekehrt. Die vielen Eindrücke und Erlebnisse sind ein Geschenk des Himmels, das uns immer erhalten bleibt. Wir beide sind froh und dankbar dass wir das Alles nach Beendigung unseres Arbeitslebens erleben konnten. Es ist wichtig Träume zu haben und wunderschön wenn man sie auch erfüllen kann.
Die Bilder zum Beitrag zeigen einige der Impressionen von der Tour. Sie wurden Olaf Bunzel zur Verfügung gestellt.

Autor:

Lokalkompass Wesel aus Wesel

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