Interview mit Jürgen Berner: Über Schüler, Eltern, Politik und die Zukunft in Wesel
Schon seit Wochen wird's in Wesel und Umgebung herumerzählt: Der Berner geht nach Dunkeldeutschland! Mittlerweile ist die Ente jedoch wieder aus der Welt geschossen und das Lesevolk hat Gewissheit: Der AVG-Direx bleibt der Kreisstadt nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst erhalten.
Jürgen Berner nahm sich Zeit in den stressigen letzten Unterrichtswochen und stand uns Rede und Antwort.
Die redaktionelle Entscheidung fiel dieses mal auf ein sogenanntes Schlag-auf-Schlag-Interview. Dabei wird dem Interviewten eins ums andere Wort genannt, zu dem er seine Gedanken formulieren soll. Lesen Sie hier, was Jürgen Berner antwortet.
Voran steht unsere Frage: „Was fällt Ihnen ein zu ...?“
Wesel
Berner: Ist eine schöne Stadt im Grünen, mit viel Erholungswert. Perlen wie Auesee und Rheinpromenade sind leider städteplanerische Stiefkinder mit „Wildwuchs“.
Schülerfreundlichkeit
Berner: Sollte heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein, was sie meistens auch ist. Am AVG gehört sie zum Standard, wie immer gilt aber: Freundlichkeit ist grundsätzlich auch personenabhängig und nicht zu „verordnen“.
Privatleben
Berner: Ist immer wichtiger als das Berufsleben. Ohne ein ausgeglichenes Privatleben kann der Mensch im Berufsleben zu stark „verbogen“ werden.
Handyverbot
Berner: Was verboten und was erlaubt ist, bedarf der gemeinsamen Verabredung und muss vom Alter der vom Verbot Betroffenen abhängen.
Kollegen(inn)en
Berner: Sind, ob sie es wollen oder nicht, in der Schule eigentlich darauf angewiesen, im Bereich der Erziehung an einem Strang zu ziehen. Wenn der eine Hüh! und der andere Hott! sagt, kann Erziehung nicht greifen, das ist auch im Elternhaus so. Dies in Elternhaus und Schule durchzusetzen, ist leider immer schwieriger.
Hobbys
Berner: Wer keine hat, ist „arm dran“. Für mich gilt: Rennrad fahren, Windsurfen, Fotografieren, Fördergesellschaft Preußen-Museum, Gartenarbeit, in Zukunft auch wieder Lesen, Kunst, Reisen (in Deutschland kennt man so Vieles nicht!).
Ehrlichkeit
Berner: Ist das Wichtigste im Miteinander von Menschen!
Unterrichtsausfall
Berner: Gibt es leider immer und hat es früher in viel stärkerem Maße gegeben. Heute wird aber mehr darauf geachtet, weil jeder glaubt, durch eine verkürzte Schulzeit (G8) darf bloß keine kostbare Stunde verloren gehen. Andererseits müssen die Kollegien heute sehr viele Vertretungsstunden leisten, da im Vormittagsbereich jede Stunde vertreten wird. Ohne eine deutliche Vertretungsreserve an Lehrerwochenstunden in der Schule lässt sich Unterrichtsausfall nicht immer vermeiden.
Bildungspolitikern
Berner: Würde ich mal raten, die Schulwirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen, vor Ort nachzufragen und den Rat der Betroffenen zu beherzigen. Das wird wohl ein Wunschtraum bleiben. Politische Führung zu zeigen, kann nicht heißen, vornehmlich das zu tun, was angeblich eine Mehrheit will.
Der Weseler
Berner: Ist keine Bildzeitung!
Eltern Ihrer Schüler
Berner: Sind in der Regel sehr verständnisvoll und kooperationsbereit.
Fußball-WM in Brasilien
Berner: Ich bin mal gespannt! Zusehen, wenn „Unsere“ spielen, ist Pflicht!
Lokalpolitikern
Berner: Rate ich, auch im lokalen Bereich Führung zu zeigen und nicht immer zu versuchen, das zu tun, was angeblich eine (meist lautstarke) Mehrheit will.
Gesundheit
Berner: Ist wichtiger als alles andere!
Kreisschulamt
Berner: Für die Schulform Gymnasium vergleichsweise unwichtig.
Glaubwürdigkeit
Berner: Eine wichtige Eigenschaft von Menschen und Institutionen. Wer immer nur sein Fähnchen nach dem Winde dreht, hat sie nicht.
Zentralabitur
Berner: Finde ich in Ordnung, gewährt Vergleiche, entlastet die Lehrerschaft von der Aufgabenstellung, bringt aber auch keine besonderen Vorteile. Wenn Lehrer früher solche Aufgaben gestellt hätten, wie das heute manchmal der Fall ist, hätten sie einen „Rüffel“ bekommen und neue Aufgaben stellen müssen.
Danksagungen
Berner: Sind ein wichtiges Vehikel, um Menschen, die es verdient haben, Wertschätzung zu zeigen.
Erfurt
Berner: Ist eine sehr schöne Stadt, die ich gerne wieder besuchen werde, in die ich aber nicht ziehe, nur weil das jemand fälschlicherweise behauptet hat.
Abschied
Berner: Gehört zum Leben und kann schön oder schmerzhaft sein. Abschied vom Berufsleben fällt mir persönlich unter den gegebenen Bedingungen nicht sonderlich schwer. Da ich in Wesel bleibe, erlebe ich ja hautnah alles mit, was in meiner Stadt passiert, und bleibe „am Ball“.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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