Blind - und mitten im Leben
Im Alter von 28 Jahren erhielt der gebürtige Neusser Guido Wolters (46) die Diagnose Retinopathia Pigmentosa, eine latent vererbbare Augenerkrankung.
Die Krankheit nimmt über einen langen Zeitraum nach und nach die Sehkraft bis zur totalen Blindheit.
Schon als junger Pfadfinder war er nachtblind, mit 23 Jahren kam eine extrem ausgeprägte Gesichtsfeldeinschränkung hinzu.
Sein Gesichtsfeld ist inzwischen auf 3 Prozent reduziert (Tunnelblick), in diesem Tunnel sieht er unscharf und „mit starkem Schneesturm“ erklärt er. Im Alter von 40 Jahren verfügte er noch über 7 Prozent, doch es geht stetig abwärts.
In 10 bis 15 Jahren wird der Tunnel für ihn geschlossen und er vollends erblindet sein.
Für Gesunde vielleicht schwer nachvollziehbar, meistert er sein Schicksal mit Bravour.
Sein Motto: „Ich will mein Leben leben.“
Er kennt viele Blinde, die lachen und ihr Leben genießen, „und ich will das auch, und das geht auch.“
Seine bewundernswerte Sicht der Dinge: „Für mich ist nur das Visuelle ausgeschaltet, ansonsten lebe ich wie jeder andere auch“ sagt er und streichelt Blindenhund Pino, der ihm seit vier Jahren treu zur Seite steht.
Die Diagnose bedingte berufliches Umdenken, er wechselte vom Verwaltungsdienst zur Physiotherapie.
Sein Hobby Autofahren musste er aufgeben, fand im Gegenzug neue Hobbies: Wassersport in der Blinden und Sehbehinderten Wassersportgemeinschaft Moers, Schützenverein Neuss, Kochkurse sowie Fort- und Weiterbildung als Physiotherapeut, da er in seinem Beruf aufgehe.
Beim Komplett-Umbau seines Hauses in Wesel bewies er handwerkliches Geschick.
Arbeiten, die er fühlen kann, seien optimal für ihn.
So waren sämtliche Reinigungsarbeiten sein Ding.
Er kann besser fühlen als andere sehen, wo was entfernt werden muss an Wand, Boden oder Fenster.
Tapeten entfernen, Wände vergipsen und glattstreichen, für ihn kein Problem, da er auch diese Arbeiten fühlen kann. Beim Anstreichen kann er hören, wo er bereits gestrichen hat oder ein zweiter Anstrich fehlt.
Der Umgang mit der Bohrmaschine ist für ihn problemlos, schwierig ist nur der Ansatz.
Sägearbeiten waren tabu, jedoch die Kapp Säge konnte er bedienen und verlegte Böden mit Unterstützung. An seine Grenze kam er bei der Elektroinstallation. Er beendet seinen Renovierungsbericht wie folgt:
„Sämtliche Aufräumarbeiten während der Renovierung waren mein Part, ich kann einfach nicht rumstehen und nichts machen.“
Autor:Jutta Kiefer aus Wesel |
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