Der schwarze Gürtel - Kuro Obi /Teil 2

Trainingseinheit des Lehrgangs: in der völlig überfüllten Halle warten wir auf neue Kommandos
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Das ersehnte Ziel - oder erst der Anfang?

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Etwas mehr als 7 Jahre hartes Training beim Shotokan Karate Wesel e.V., Lehrgänge und Erfahrungen auf Wettkämpfen lagen hinter mir. Sollte ich das angestrebte Ziel der Prüfung zum schwarzen Gürtel nun erreichen?
In all den Jahren ist viel Schweiß und ja – auch schon mal Blut geflossen. Die letzte Prüfung lag schon mehr als ein Jahr zurück und als unser Trainer Michael Jarchau (6. DAN) fragte, worauf ich eigentlich noch warten würde (ich werde schließlich auch nicht jünger), fasste ich mir ein Herz und meldete mich zur Prüfung an. Meine Vereinskameraden Erica Rossmann, Thomas Grüttgen und Martin Driever waren zum Glück auch dabei. Außerdem wollten sich Martin Bruland und Bernd Allekotte der Prüfung zum 2. DAN-Grad stellen.

DAN-Prüfungen sind nur auf einem Lehrgang möglich und werden vom Chief-Instructor des DJKB Hideo Ochi (8. DAN) persönlich abgenommen. Für uns war die nächste Möglichkeit Samstag, der 16.11.2013 in Bremen.

Von jetzt an gab es kein Zurück mehr. Intensiv machte sich unser Trainer Michael Jarchau an den Feinschliff. Bis zum Erbrechen wurde die Prüfungsordnung durchgekaut. Kihon (Grundschultechniken), Kumite (Kampf) und mindestens 11 verschiedene Katas (Formen) mussten sitzen. Bei den Anwärtern zum 2. DAN sogar noch mehr. Die Zaghaften unter uns wurden aus der Reserve gelockt, die Übereifrigen etwas ausgebremst. Alles musste die richtige Form haben. Kraftvoll, Selbstbewusst, jede Technik ein Ippon (Punkt). Locker, aber doch mit Kime (schnelles Anspannen aller Muskeln am Ende einer Technik) und das Kiai (den Kampfschrei) nicht vergessen. Das verstärkt die Technik.

Der Tag rückte näher, die Anspannung wuchs. Es gab noch so viel zu verbessern. Würde es ausreichen? Werde ich meinen Erwartungen und denen meiner Trainer gerecht? Vergeige ich es, fällt es auf meine Trainer zurück, allen voran Michael. Doch spätestens während der Trainingseinheiten beim Lehrgang in Bremen wird mir klar: Michael hat uns super vorbereitet. Eigentlich brauche ich mir gar keine Sorgen zu machen. Wie bei all seinen Schützlingen, die er auf eine DAN-Prüfung vorbereitet, ist er auch diesmal wieder mitgereist.

Nach zwei schweißtreibenden Trainingseinheiten, geht es los. Noch schnell das durchnässte T-Shirt unter dem Gi (Karateanzug) gegen ein trockenes austauschen. Dann heißt es warten.

Über 80 Prüflinge sind aus ganz Deutschland angereist. Wir werden in Gruppen eingeteilt. Jeder bekommt eine Prüfungsnummer.

Wann komme ich dran, wann muss ich anfangen mich aufzuwärmen? Mache ich zu viel, werde ich müde, mache ich zu wenig, bin ich steif. Den anderen geht es nicht anders. Die erste Gruppe wird hereingerufen. Ok, wenn die zweite Gruppe dran ist, fangen wir an. Gesagt, getan – noch zu früh - es dauert doch länger als gedacht. Also nochmal Pause.

Martin Driever, das „Küken“ unter den Weseler Prüflingen gebärdet sich, wie ein aufgezogenes Spielzeug. Zuviel Energie. Er unterhält die ganzen wartenden Prüflinge mit Clownereien. Wir lachen viel. Als wir uns dann endlich warm machen, sind wir wenigstens beschäftigt, das lenkt ab. Ich fühle mich nicht aufgeregt, doch spüre ich einen ungewohnten Bewegungsdrang. Ich hüpfe, renne, dehne mich, spule Techniken und die Kata ab. Erica scheint die Ruhe selbst. Jeder geht halt anders mit der Anspannung um. Auch Thomas macht sich warm, will aber nach den anstrengenden Trainingseinheiten nicht übertreiben. Es entwickeln sich Gespräche mit anderen Prüflingen.

Martin ist der Erste von uns, der es hinter sich bringt. An die 20 oder 30 Minuten; ich weiß es nicht genau.... Habe kein Zeitgefühl mehr. Er kommt raus, ist ganz zufrieden mit sich, muss aber noch auf das Ergebnis warten. - Schon wieder warten.

Er gibt uns noch ein paar Tipps. Der Boden ist mit Judomatten ausgelegt, die auch schon mal auseinander rutschen. Oh weh, das sind wir gar nicht gewohnt. Da wird es für mich schwer, einen sicheren Stand zu haben. Aber, es bleibt uns nichts übrig, wir müssen flexibel reagieren und das Beste daraus machen.

Dann endlich – wir werden hereingerufen. Es geht los! Erica, Thomas und ich sind zum Glück in einer Gruppe. Das Ergebnis von Martin erfahren wir erst hinterher. Jetzt müssen wir uns konzentrieren. Michael hat uns mit auf den Weg gegeben: „nicht denken, zuhören und machen“. Der Chief-Instructor ist nämlich dafür bekannt, gerne mal von der starren Prüfungsordnung abzuweichen und andere Kombinationen zu verlangen. Wie wahr, auch bei uns ist es der Fall, aber wir sind vorgewarnt. Alles läuft wie am Schnürrchen. Kihon --- Kumite --- Kata. Ein paar Wackler, aber keine groben Ausrutscher. Ich bin zufrieden mit mir. Sensei Hideo Ochi hoffentlich auch. Wir dürfen gehen. Das war es schon?!

Das Ergebnis kommt später. Wieder warten!!! Dann die Erlösung – bestanden, alle haben bestanden! Das war es! Wir sind Sensei (Meister), Träger des schwarzen Gürtels! Vollkommen unwirklich und doch wahr. Unsere mitgereisten Vereinskameraden, allen voran unser Trainer Michael Jarchau beglückwünschen uns und wir stoßen mit Sekt an, den meine Tochter Maren mitgebracht hat. A l l e s -- i s t -- p e r f e k t !? Doch Maren schafft es, diesen Glücksmoment noch zu toppen. Sie zieht einen mit japanischen Schriftzeichen bestickten schwarzen Seidengürtel, den ersehnten Kuro Obi aus der Tasche und Michael überreicht ihn mir. Ich bin sprachlos (und das heißt schon was).

Doch es sind noch zwei Vereinskameraden, Martin Bruland und Bernd Allekotte, die noch immer mit ihrer Anspannung kämpfen. Sie sind schon seit Jahren Meister und stellen sich heute der Prüfung zum 2. DAN.

Es ist fast 22.00 Uhr als wir erst mit Martin, dann auch mit Bernd, der in der letzten Gruppe geprüft wird, anstoßen können. Die Erleichterung ist groß. Alle sechs Prüflinge vom Shotokan Karate Wesel e.V. haben bestanden. Was für ein Tag!
Gemeinsam gehen wir noch schnell etwas essen und lassen ausgelassen und aufgekratzt den langen, aufregenden Tag ausklingen, bevor wir uns auf die lange Heimreise machen.

Auf der Autofahrt habe ich Zeit zum nachdenken. Sind wir jetzt wirklich am Ziel? Was würde das bedeuten? Wenn ich mit dem Auto irgendwohin fahre, stoppe ich den Motor und steige aus wenn ich am Ziel bin. Aber beim Karate ist das anders. Ich höre doch jetzt nicht auf zu trainieren, nur weil ich Meister bin. Es gibt noch so viel zu verbessern und zu lernen, sich weiterzuentwickeln. Nein – auch wenn ich vielleicht keine weitere DAN-Prüfung mehr ablegen werde, eigentlich weiß ich es schon lange: Karate fängt jetzt erst richtig an! Die ersehnte Prüfung war nicht das Ziel, sondern nur eine Etappe. Der Weg ist das Ziel - Karate Do. Karate ist für mich nicht einfach nur ein Sport, sondern eine Lebenseinstellung.

Ich möchte mich noch ganz herzlich bei allen Trainern, Vereinskameraden und Familienmitgliedern bedanken, die uns in den vergangenen Jahren so tatkräftig unterstützt und ausgehalten haben. Die „Gurkentruppe“ aus dem Schnupperkurs hat ihren Meister gemacht und ihr alle habt einen großen Anteil an unserem Erfolg.

D A N K E

Neugierig geworden? Dann kommt doch einfach mal vorbei:
Shotokan Karate Wesel e.V. Training in der Hansaringschule Rheintorstr. 4 in Wesel nähere Informationen gibt es auch auf unserer Homepage
www.karate-wesel.com

Autor:

Beate Kolb aus Wesel

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