Servicewüste Bahnhof - Was Hannelore Skroblies am Ticketschalter erlebte / Bahn-AG entschuldigt sich

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Wesel. (Autoren: Helena Libawski und Dirk Bohlen)
Hannelore Skroblies ist stinksauer. Was der 73-Jährigen da am Weseler Bahnhof passiert ist, macht sie wütend. Sie ist derart aufgebracht, dass sie sich nach ihrem „Erlebnis“ sofort auf den Weg zum „Weseler“ macht, um dort ihren Frust abzuladen. Mit Recht ...

Was war passiert? „Da ich schon jahrelang nicht mehr mit dem Zug gefahren bin, wollte ich mich am Weseler Hauptbahnhof im Vorfeld wegen einer Fahrt zum Duisburger Zoo erkundigen.“, sagt die Rentnerin, die seit neun Jahren beim Gehen auf einen Rollator angewiesen ist. „Ich habe keinen, der mich mit dem Auto mitnimmt.“, ergänzt Skroblies, die trotzdem „auch mal raus aus Wesel“ möchte.
„Um ein wenig unabhängiger zu sein und nicht immer nur in der Weseler Innenstadt die Straße rauf und runter laufen zu müssen“, wie sie sagt, wollte sie also nun auf die Bahn umsteigen und habe deshalb erst kürzlich ein 30 Euro teures Zusatzticket gekauft. „Dieses klebe ich dann in meinen Behindertenausweis und habe somit im Umkreis von 50 Kilometern mit den „Öffentlichen“ für ein halbes Jahr freie Fahrt“, freute sich die Rentnerin.
Da hat sie aber die Rechnung ohne der „Freundlichkeit“ eines Bahnmitarbeiters gemacht. Dieser vermieste der lebensfrohen Rentnerin von jetzt auf gleich die Vorfreude auf ihre Unabhängigkeit.
Als sie nämlich den Bahnmitarbeiter am Ticketschalter gefragt habe, ob ihr jemand zum gegebenen Zeitpunkt helfen könne, die Gehhilfe zum Bahnsteig und zum Zug zu tragen - sie schaffe das mit dem Rollator leider nicht alleine - schockierte der „unfreundliche und sture Bahnangestellte“, wie Skroblies schildert, mit der Antwort: „Ja, hier hilft Ihnen doch keiner. Die „Bahnhofswacht“ ist dagegen nicht versichert. Vielleicht ist das in Duisburg anders, aber hier nicht, hier hilft Ihnen keiner.“
„Ich bin mehr als empört. Das ist furchtbar. Der Mann war so unfreundlich Wie kann man einem Menschen so die Freude nehmen?!“, erzählt die 73-jährige Weselerin und kämpft mit den Tränen.
„Ich möchte nicht wissen, wie vielen das schon passiert ist, die nicht den Mut hatten, was dagegen zu unternehmen.“, ergänzt die Rentnerin. Ihr sei ein älteres Pärchen bekannt, dem es im vergangenen Jahr nicht viel besser erging: „Das Ehepaar hat mir erzählt, dass sie auf Grund ihrer Gehhilfen vom Zugpersonal sehr unfreundlich behandelt wurden“ und dass ihnen deshalb die Lust an einer weiteren Zugreise vergangen sei.

Auf die Sache angesprochen, erklärt Jürgen Kugelmann, Pressesprecher der Bahn AG: „Natürlich helfen wir, wo wir können!“ Allerdings seien für Dinge wie Gerätetransport die Mitglieder der Ordnungspartnerschaft der Stadt Wesel zuständig. Die seien aber nicht pampig geworden, hält die Redaktion dem Bahn-Mann entgegen. „Für das Verhalten unseres Mitarbeiters kann ich mich nur entschuldigen. Er könnte sogar selber helfen, indem er seinen Schalter kurz schließt und der Dame den Rollator eben bis zum Gleis trägt!“

Nervenstärke ist gefragt
Einschneidende Service-Erlebnisse am Weseler Bahnhof

„Kein Verständnis dafür“ hat Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. Der Kommentar zur Ordnungspartnerschaft sei unsinnig, denn „die Mitarbeiter helfen sehr gerne weiter.“, erwidert Westkamp.
„Die Situation am Bahnhof muss geklärt werden. Wir hoffen, dass sich da was ändert“, sagen die zweite Vorsitzende Kerstin Tober und der stellvertretende Vorsitzende Manfred Kopischke, beide vom Kreis der Behinderten und ihre Freunde, auf Anfrage des „Weseler“. „Zwar wäre die Dame mit ihrem Rollator die Schrägen runter zum Durchgang gekommen. Das große Problem: vom Durchgang rauf zum Bahnsteig wäre sie nicht gelangt“ und somit auch nicht zum Zug, fügt Tober hinzu. Dieses Problem werde sich spätestens bei Inbetriebnahme der Aufzüge erledigen, verspricht Westkamp.
Einen weiteren Lichtblick - neben der Entschuldigung der Bahn - gibt es dennoch in der „Servicewüste Bahnhof“: „Mir ist bekannt, dass das Aufsichtspersonal hilfsbereit ist.“, fügt Tober abschließend hinzu.
Doch um die Rampen zu überwinden müssen die Menschen, die auf diese angewiesen sind, vorerst Nervenstärke beweisen. Da Verbotsschilder fehlen werden die Rampen noch überwiegend von Radfahrern oder Skatern genutzt. „Die Meisten nehmen noch nicht einmal Rücksicht auf Menschen beispielsweise mit Gehhilfe oder Kinderwagen.“, erklärt Kopischke. In solchen Situationen sollte eigentlich das Aufsichtspersonal eingreifen. Doch diesem fehle - laut einer Aussage eines Aufsichtsmitarbeiters Tober gegenüber - „außer der fehlenden Beschilderung, angeblich auch die rechtliche Grundlage, um einschreiten zu können.“
Der Pressesprecher der Bahn betont, dass behinderte Menschen ihre Hilfewünsche beim Bahnservice anmelden können: entweder per Hotline unter 0180/5996633 oder per Fax: 0180/5159357. Dort könne man das Stichwort „Betreuung“ auf ein Band sprechen und werde entsprechend bedient. Außerdem liege im Reisezentrum ein Flyer „Mobil mit Handycap“ aus, der alle wichtigen Infos für mobil eingeschränkte Reisendeenthalte.
Hätte Hannelore Skroblies das doch bloß gewusst ....

Autor:

Helena Pieper aus Wesel

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