Abofalle im Netz: So schützen Sie sich vor unseriöser Inkasso-Abzocke!
Hundertausende von Bürgern sind bereits Forderungen ins Haus geflattert, in denen ein Internet-Abo bezahlt werden soll. Viele Empfänger lassen sich von den Schreiben der Inkassobüros und ihrer Anwälte beeindrucken und zahlen. Doch dazu besteht kein Anlass.
Wieder einmal soll „eine noch offene Forderung“ eingetrieben werden. Sie beläuft sich auf 333,87 Euro. Ein Inkasso-Büro in Köln hat ingesamt zwölf Posten zu dieser Summe addiert. Davon entfallen nur 192 Euro auf ein Zweijahres-Abonnement, das der Empfänger angeblich beim Internet-Anbieter „opendownload.de“ abgeschlossen hat. Dort werden neben Antiviren-Software und Excel-Tools auch PC-Spiele wie das „Moorhuhn Remake 1.0“ angepriesen. Der große Rest der Rechnung: Rücklastschrift- und Mahngebühren, Verzugszinsen, Inkasso- und Vergleichsgebühren, Auslagen und „Treuhand-Kontogebühren des aufsichtsführenden Rechtsanwaltes“. Die Mehrwertsteuer von 18,05 Euro kommt zusätzlich obendrauf.
Die gesalzene Rechnung flatterte Hans-Georg Bührer aus Rielasingen im November ins Haus. Der Einfachheit halber hatte die Midas Inkasso GmbH gleich einen Zahlschein beigelegt. Empfänger: Ein Rechtsanwalt in Essen. Bührer, Lehrer an einer Schule in Stockach, widersprach bei Midas schriftlich, lehnte die Forderungen rundweg ab, verwies erbost auf einen „großangelegten Betrugs-Versuch“ und leitete den Schriftverkehr an den SÜDKURIER.
Aus den Unterlagen des Inkasso-Büros geht zwar hervor, dass Hans-Georg Bührer beim Internet-Shop ein Anmeldeformular ausgefüllt hatte. Dass er damit aber ein Abo abgeschlossen hat, war ihm nicht bewusst. „Der Internetauftritt“, sagt Bührer dieser Zeitung, „war so gestaltet, dass der Preishinweis versteckt war“. Es sei der Eindruck vermittelt worden, die Leistung sei kostenlos. Der Name „Opendownload“ hat den Eindruck zweifellos verstärkt.
Diese trickreiche Geschäftspraxis bestätigt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Nachfrage. „Ein deutlicher Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit eines Angebots erfolgt meist nicht“, sagt Eckhard Benner, Referent für Verbraucherpolitik bei der Stuttgarter Zentrale. „Dass die Leistungen nicht gratis sind, wird in kaum lesbaren Texten versteckt“, erläutert Benner.
„Opendownload.de“ hat zwar einen Hinweis auf Kostenpflichtigkeit auf seiner Startseite platziert. Doch liegt die Vermutung nahe, dass die Information erst aufgenommen wurde, nachdem Verbraucherschützer den Missstand bekämpften. Der Anbieter selbst reagierte auf eine entsprechende E-Mail-Anfrage dieser Zeitung nicht.
Die stark bei Google beworbene Seite "www.top-of-software.de" setzt vermeintlich säumige Zahler neuerdings durch die Wiesbadener Tropmi Payment GmbH unter Druck. Sie überzieht seit zwei Jahren unzählige Internet-Nutzer mit Mahnschreiben, darunter auch der Konstanzer Rentner Gerd Metzmacher. Von ihm werden für „Informationen zu mehr als 1000 Computerprogrammen“ – so ein Zusatz im Top-Firmenlogo – 96 Euro gefordert. Auffällig: „Download.de“ und „Top of Software“ gleichen sich bei ihrem Netz-Auftritt bis in einzelne Texte hinein. So ist der geforderte Abo-Betrag bei zweijähriger Vertragslaufzeit identisch. Auch die „Vorteile als Member“ sind deckungsgleich. Dafür hat Verbraucherschützer Eckhard Benner eine Erklärung: „Es fällt auf, dass es bei diesem Geschäftsmodell häufig wiederkehrende Muster gibt.“ Nach seinen Kenntnissen handelt es sich bei den einschlägigen Betreibern um vier Anbieter, die anscheinend miteinander kooperieren.
Es gibt Hinweise, dass zumindest „top of Software“ auch Hand in Hand mit einem Inkassobüro arbeitet. So sind die kostenpflichtigen Telefonnummern des jeweiligen Kundencenters dieselben. Auch die Angaben im Briefkopf der Mahnung lassen den Empfänger im Unklaren, wer genau hinter dem Schreiben steckt: Es gibt sowohl das Fettdruck-Logo „Top of Software“ als auch in Kleinbuchstaben links daneben den Absender Tropmi Payment GmbH, die „mit freundlichen Grüßen“ unterzeichnet. Als Empfänger des Geldes wird jedoch die Global Payment Services GmbH ausgewiesen. Sie ist ein mit Tropmi Payment „verbundenes Unternehmen“, worauf das Kleingedruckte am Fuß des Schreibens hinweist.
Sind Angebote wie „download.de“ und „Top of Software“ also nur Fassaden vor einem miteinander eng verbandelten Abzocke-System? So deutlich will es Verbraucherschützer Benner nicht sagen, doch spricht er von „fragwürdigen Geschäftspraktiken“.
Die von den Inkassobüros meist professionell gestalteten Mahnschreiben verunsichern viele Empfänger. Vor allem ältere Menschen begleichen die Forderung, um sich Ruhe zu erkaufen. Obwohl auch Gerd Metzmacher mit „Mehrkosten“, „weiteren Unannehmlichkeiten“ und der Meldung an die Schuldnerdatei Schufa gedroht wurde, verweigerte er die Zahlung. Ihm war vorgehalten worden, im März 2010 bei „Top of Software“ ein Abo abgeschlossen und eine Rechnung erhalten zu haben. Das bestreitet der Rentner.
Schriftverkehr bringt nichts Auch die Behauptung mit der Rechnung wertet Eckhard Benner als „typisches Muster“ dieser Inkasso-Praxis. „Man sagt, es sei unter Wahrung der Widerspruchsfrist eine Rechnung verschickt worden.“ Ist das aber nicht der Fall, kann ein geneppter Kunde nicht fristgerecht vom Vertrag zurücktreten.
Hans-Georg Bühner erhielt zwar für sein „Opendownload“-Abo im Herbst 2008 eine Rechnung von der einschlägig bekannten Mannheimer Content Services Ltd. Sein Widerspruch blieb ungehört. Dagegen wurde ihm drei Jahre später, im November 2011, die Forderung von Midas Inkasso aufgetischt – auf 333,87 Euro angewachsen.
Seit November hat Bühner zwar Ruhe, aber sein Ärger bleibt. Gerd Metzmacher suchte wegen der Drohungen sogar einen Rechtsanwalt auf, da er ein Mensch ist, der sich die Mühe macht, auch Vorwürfe wie die eines Inkasso-Büros in Einzelnen zu entkräften. Dabei ist dieser Aufwand nach Auskunft von Verbraucherschützer Benner nicht notwendig. „Wichtig ist: nicht zahlen.“ Es reiche aus, einen Widerspruch abzuschicken. Weitere Mahnungen könne man wegwerfen. Für Abofallen-Opfer – so auch das Fazit in Internet-Foren – ist Aussitzen die erste Bürgerpflicht.
Vom 12.01.12 von suedkurier.de.
Autor:Joerg Hessbrueggen aus Wesel |
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