Was tun für die Flüchtlinge? Die Flüchtlingsfrage in den evangelischen Gemeinden

Eine Frau aus Somalia bewohnt derzeit mit ihren zwei Kindern eine Wohnung der Ev. Kirchengemeinde Wesel. Hier auf dem Bild rechts Marlies Hillefeld von der Weseler Flüchtlingshilfe
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  • Eine Frau aus Somalia bewohnt derzeit mit ihren zwei Kindern eine Wohnung der Ev. Kirchengemeinde Wesel. Hier auf dem Bild rechts Marlies Hillefeld von der Weseler Flüchtlingshilfe
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Inwieweit ist die gesellschaftliche Debatte inzwischen auch in die Niederungen kirchlicher Arbeit im Evangelischen Kirchenkreis Wesel angekommen? Beschäftigen sich die Leitungsgremien, Gemeindeglieder schon konkret mit den Herausforderungen, die durch die Ankunft vieler Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, afrikanischen Ländern auf die Kommunen vor Ort zukommen? Oder bleibt der Gemeindealltag im wesentlichen davon ausgenommen?

Zunächst einmal: Das Ergebnis einer Nachfrage über die bisherigen Auswirkungen der Flüchtlingsfrage in den Gemeinden des Kirchenkreises Wesel zeigt kein einheitliches Bild. Es gibt Gemeinden, die schon dabei sind, sich an Hilfsnetzen zu beteiligen, selber Aktionen starten und andere, die bislang noch gar nicht zu konkreten Maßnahmen gekommen sind. Das mag zum einen daran liegen, ob tatsächlich vor Ort schon Flüchtlinge angekommen sind wie in Wesel, Rees und Hamminkeln oder anderswo noch nicht - wie z.B. in Haldern und Brünen. Gemeinsam scheint in allen Gemeinden generell eine große Hilfsbereitschaft vorhanden zu sein. Es werden im Grunde überhaupt keine grundsätzlichen Vorbehalte laut. Also eine erbitterte Debatte etwa zwischen Befürwortern oder Gegnern gibt es überhaupt nicht und sie war wohl auch gerade in den Kirchengemeinden nicht zu erwarten. Hier wird zwar über einzelne Entscheidungen der Verantwortlichen diskutiert und gestritten, aber die humanitäre Geste gegenüber den "Fremdlingen" - wie die Bibel die Flüchtlinge nennt - ist unbestritten.

Wie aber nun zu helfen und was zu tun, das allerdings ist im Einzelfall leichter gesagt als getan. Es gibt inzwischen manche positiven Beispiele, es gibt auch auch Enttäuschungen und Rückschläge.

Beispiel 1: Evangelische Kirchengemeinde Wesel

Was bislang gemacht wurde: Zu Beginn des Jahres wollte man dort schon das Thema "Flüchtlingshilfe" in den Fokus rücken.Ein Grund war das Jubiläum der Kirchengemeinde, die sich gerade im Sinne von "vesalia hospitalis" gastfreundlich präsentieren möchte. Es wurde ein Aufruf gestartet, Wohnräume für Flüchtlinge bereit zu stellen. Zwei freistehende Wohnungen stellte die Gemeinde der Stadt Wesel zur Unterkunft zur Verfügung, was gern angenommen wurde. In weiteren informellen Gesprächen wurde über Wohnraumüberlassung gesprochen - getan hat sich dann dort weiter nichts mehr. Vor einigen Tagen schließlich kam es zur Unterstützung der Volkshochschule, die für die Erteilung der Deutsch-Kurse Räume benötigt. Die stehen nun im Haus am Dom zur Verfügung. Die angedachte Kinderbetreuung scheiterte aber erst einmal im ersten Anlauf.

Eine weitere Idee sind Versuche, Begegnungen zwischen Flüchtlingen und Einheimischen in kirchlichen Räumen zu organisieren und zu begleiten. Ein schöner Gedanke, eine tolle Idee, das "Café International" in der Friedenskirche. Dennoch trotz vieler Helfer in den Startlöchern bleibt die Resonanz seitens der Flüchtlinge bislang sehr bescheiden. Die Einzelfallhilfe dagegen läuft auf vielen Ebenen bestens - vor allem organisiert von der Weseler Flüchtlingshilfe, die wiederum ideell und auch finanziell in den letzten Monaten durch Spenden und Kollekten der Kirchengemeinde kräftig unterstützt wurde. Da werden Möbel zu Wohnungen gebracht und aufgebaut oder ein Behördengang begleitet, da werden Kinder in Notunterkünften betreut.

Aber auch hier gibt es enttäuschende Erfahrungen, die der Autor als Gemeindepfarrer vor kurzem selbst machte. Der Versuch, mit Konfirmanden Kontakte zu Kindern und Jugendlichen über das gemeinsame Spielen zu ermöglichen, schlug komplett fehl. Der Zugang auf das Gelände der Notaufnahmeeinrichtung in der Trappstraße wurde ihm, dem Jugendleiter und den anwesenden Konfirmanden verwehrt. Sicherheitsbedenken wurden vorgebracht. Auch sonst war die Erfahrung sehr ernüchternd: Security, die sich ganz dem Klischee entsprechend maulfaul und abschottend gebärdet, aber mit Motorrädern und Fahrzeugen der Luxusklasse am Einlass-Tor steht. Auf der anderen Seite dann die Flüchtlinge mit einfacher Kleidung und Plastiktüten in der Hand. Kinderbetreuung ist in der Trappstraße nur von Erwachsenen erwünscht. Das kannte ich bislang anders in der Praxis z.B. des Friedensdorf Oberhausens, wo wir regelmäßig auch mit Konfirmanden hinfahren. Auch eine von mir angebotene Spende für Spielgeräte wurde übrigens nicht angenommen.

Beispiel 2: Evangelische Kirchengemeinde Rees.

Hier schreibt Pfarrer Norbert Stephan:
"Die Ev. Kirchengemeinde Rees beteiligt sich aktiv an der Interkulturellen Woche, bei der in diesen und im letzten Jahr Flüchtlinge eingeladen waren, um - so gut es ging - mit den Reesern über die Beweggründe ihrer Flucht, ihre gegenwärtige Situation und ihre Hoffnungen ins Gespräch zu kommen; dabei war unsere Gemeinde 2014 Gastgeber. Darüber hinaus sind wir eingebunden in die Arbeit mit Flüchtlingen durch zahlreiche Kontakte zur Initiative "Fremde werden Freunde" und die Pfarrcaritas Rees; aktuell auch durch die Mitarbeit meiner Frau Cornelia Stephan im Koordinationsteam für die ehrenamtliche Hilfe - Angefangen von Sprachkursen über die Begleitung bei Behördengängen bis hin zur Versorgung mit Kleidung, Möbeln und Fahrrädern usw. Auch die Suche nach Wohnraum und die Bereitstellung von Räumlichkeiten als Treffpunkt wird hier angeboten, wobei das Gemeindehaus der Ev. Kirchengemeinde ebenso mit einbezogen wird wie das Karl-Leisner-Heim der katholischen Geschwister und das Pius-Haus. Zahlreiche
Angebote werden dankbar angenommen, manches ist erst noch im Entstehen begriffen. Finanzielle Hilfe wurde gerade in den letzten Wochen immer wieder zugesagt - und auch geleistet, besonders von Menschen, die weniger Zeit teilen wollen oder können. Aber auch Spenden bei den anstehenden Adventsfeiern (Senioren- und Gemeindeadventsfeier) sind für die Flüchtlingshilfe vorgesehen. Darüber hinaus hat das Presbyterium unserer Kirchengemeinde bereits im August 500,- Euro an das Psychosoziale Zentrum (PSZ) mit Sitz in Düsseldorf überwiesen, um durch ihre Flucht traumatisierten Menschen helfen zu können. Einige der Flüchtlinge kommen durch persönliche Kontakte zu Gemeindegliedern, besonders aber auch durch Gespräche mit mir als Ortspfarrer, in die Sonntagsgottesdienste, einige bringen ihre Kinder auch zum Kindergottesdienst. Zwei dieser Familien aus dem Iran konnte ich (durch Aussagen vor Gericht in einem, durch Begleitung zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einem zweiten Fall) helfen, ein Bleiberecht zu erlangen. Zu den Gottesdiensten kommen aber z.B. auch koptische Christen und sporadisch Menschen aus Eritrea, wobei letztere teilweise ihre religiösen Wurzeln in Pfingstgemeinden haben."

Beispiel 3: Diakonisches Werk des Kirchenkreises Wesel.

Schon bei der letzten Diakoniesammlung in den Gemeinden des Kirchenkreises wurde für ein Projekt der Flüchtlingshilfe ein größerer Betrag gesammelt, der für Personalkosten im Bereich der Flüchtlingshilfe verausgabt werden sollte. Das ist erst zum Teil geschehen, wird aber bald realisiert. Bislang wurde einer Mitarbeiterin im Diakonischen Werk eine Aufstockung von 10 Wochenarbeitsstunden übertragen, damit sie Kontakte zu Kirchengemeinden und ehrenamtlichen Initiativen pflegen soll, Fördertöpfe für diese erschließen und vermitteln, Vernetzungsarbeit leisten, Kontakte zu Ämtern pflegen und Ehrenamtliche werben und in ihrer Arbeit unterstützen soll.

Eine Frau aus Somalia bewohnt derzeit mit ihren zwei Kindern eine Wohnung der Ev. Kirchengemeinde Wesel. Hier auf dem Bild rechts Marlies Hillefeld von der Weseler Flüchtlingshilfe
Die Aufnahmeeinrichtung in der Trappstr. in Wesel - hier im Aufbau durch das THW. | Foto: THW Wesel
Autor:

Albrecht Holthuis aus Wesel

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