Totgekifft - Schauermärchen verkaufen sich besser
Es gibt eine alte Journalisten-Weisheit:
Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.
Manch einer wird es vielleicht gelesen haben:
In Düsseldorf sollen angeblich 2 junge Leute am Cannabiskonsum gestorben sein. Das jedenfalls erklärten die damit befassten lokalen Mediziner. Und unsere komplette deutsche Medienlandschaft postuliert diesen unhaltbaren Unsinn willig auf alle Titelseiten.
Sicher:
Es gibt absolut keinen Beweis in dieser Erklärung für einen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und den Todesfällen. Da steht lediglich, man könne es nicht ausschließen und man habe eben keine andere Erklärung gefunden. Das spricht eigentlich nicht für diese Mediziner. Für die reißerische Überschrift reichte es - mal wieder - trotzdem.
Sicher:
Es gibt längst wissenschaftliche Nachweise darüber, was eine letale (tödliche) Cannabisdosis wäre. Nämlich ca. 750 KG, konsumiert in maximal 15 Minuten. Wissenschaftler schafften es einfach nicht, Versuchstieren genug davon zu verabreichen, um einen Todensfall zu erzeugen. Weltweit gibt es bis heute keinen einzigen nachgewiesenen Todesfall, der direkt auf Cannabiskonsum zurückzuführen war. Da mag für die Düsseldorfer Rechtsmediziner vielleicht der Reiz zu groß gewesen sein, eine weltweit beachtete Schock-Meldung zu produzieren.
Sicher:
In einem Nebensatz findet man in der Veröffentlichung die sehr viel wahrscheinlichere Ursache für das Herzversagen bei einem der jungen Männer: Eine Vorerkrankung am Herzen.
Sicher:
Bereits am folgenden Tag melden sich verschiedene fachkundige Wissenschaftler und Mediziner, die diese Erklärung der Düsseldorfer als falsch entlarven...leider auf Seite 10 unter 'Sonstiges'.
Weltweit scheint die Politik sich nach über 50 Jahren erfolgloser - oder besser gesagt handfest kontraproduktiver - Prohibition in diesem Thema den Tatsachen nicht mehr zu verschließen. In immer mehr Ländern hört man auf, die Gefängnisse mit harmlosen Kiffern zu füllen. Sogar im Mutterland dieser Verbotsstrategie - den USA - legalisiert ein Bundesstaat nach dem anderen das Marijuana. Dort funktioniert dann plötzlich auch das mit dem Jugendschutz. Die Konsumenten werden brave Steuerzahler. Und einziger Verlierer ist das organisierte Verbrechen. Sterben können daran nur die dogmatischen Argumentationsketten erzkonservativer Tatsachenverweigerer.
Aber nicht so in Deutschland:
Die Große Koalition hat gerade Marlene Mortler - eine echte bayrische Freundin der Bierlobby und ohne jede Grundbildung im Thema - zur Bundesdrogenbeauftragten gemacht. Wie kaum anders zu erwarten meint die nun auch: "Was verboten ist, bleibt auch verboten!" Und sie beruft sich dabei auf genau die - übrigens damals von den USA aufgedrückten - internationalen Verträge, die in den Vereinigten Staaten mit den aktuellen Legalisierungen gerade die überfällige Korrektur erfahren.
Das sogar Prof. Dr. Thomasius die aktuellen Todesfallmeldungen als irreführend bezeichnet, ist bezeichnend. Der Hamburger Arzt wird für gewöhnlich immer dann vom Kanzleramt hinzu gerufen, wenn es gilt, Cannabis in Diskussionen und Ausschüssen zu verteufeln.
Aber es ändert zunächst Mal nichts daran, dass Medien und Politik in Deutschland sich weiterhin verzweifelt an zweifelhaften Behauptungen festkrallen, die irgendwie dazu beitragen, Cannabis ein Gefährlichkeits-Etikett anzuheften.
Diese Woche hat der Copy+Paste-Journalismus in der Drogenpolitik einen neuen Tiefpunkt erreicht. Und es ist wirklich erschreckend, dass offensichtlich nur einer darunter ist, der noch praktiziert, was er auf der Journalistenschule gelernt hatte: Recherchieren und selbst denken. Dafür gebührt ihm Dank. Auch wenn seine Arbeit in den hundert anders lautenden Meldungen sicher kaum noch wahrgenommen wird.
Derartige Blödsinnsmeldungen unhinterfragt auch in die eigene Zeitung zu setzen, das mag kurzfristig Leser- oder Klickzahlen bringen. Langfristig aber wird es ein weiterer Sargnagel für die eh schon kränkelnden Printmedien sein. Auf Dauer lässt sich der Leser nicht derart für dumm verkaufen. Überlasst das doch der Bildzeitung. Dort möchte der Leser verarscht werden und bezahlt auch gerne dafür. :)
Und weil ich nun mal Pirat bin, möchte ich nicht ohne einen Verweis auf das entsprechende Parteiprogramm zum Thema schließen:
- Die Drogen- und Suchtpolitik der Piratenpartei
- Position der Piraten im Kreis Wesel zu Cannabis (dort: Punkt 9.6)
Autor:Andreas Rohde aus Wesel |
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