Piraten "entern" Berlin!
Was war ich gestern Abend erstaunt, als ich die Ergebnisse der gestrigen Wahlen in Berlin gelesen habe. Die Piraten Partei liegt bei sagenhaften 9%!
Was wollen die Piraten überhaupt, was sind ihre Ziele?
Ich habe das Glück einen von ihnen, Andreas Rohde (selbst Bürgerreporter der
1. Stunde) persönlich zu kennen und nutze diese Gelegenheit ihm mal ein paar Fragen zu stellen.
IMKE S.: Wie bist du auf diese Partei aufmerksam geworden und seit wann bist du aktives Mitglied bei den Piraten und was ist deine Funktion innerhalb der Partei?
ANDI R.: Hallo Imke. Erstmal danke für dein Interesse.
Ich wurde bereits mit der Gründung im Jahre 2006 auf die Piratenpartei aufmerksam und hatte dann die Entwicklung in den nächsten 2 Jahren sehr genau verfolgt. Anfang 2008 wurde ich dann zum ersten Mal in meinem Leben ein Parteimitglied. Funktionen und Positionen haben bei den Piraten nicht den gewohnten Stellenwert wie in anderen Parteien. Jeder arbeitet einfach dort mit wo er glaubt sich einbringen zu können. Es gibt bis heute keine einzige bezahlte Stelle bei den Piraten. Alle Arbeit ist rein Ehrenamtlich. Und genau so mache ich es bis heute auch.
Mit der Gründung der Weseler Piratengruppe im Mai 2008 übernahm ich auch die kreisweite Pressearbeit und die Orga des Europa- und Bundestagswahlkampfs im Kreis Wesel. Später dann auch die gleichen Aufgaben im NRW-Landtagswahlkampf.
Ende 2008 begann die programmatische Erweiterung. Hier waren meine Themen vor allem Jugend- Gesundheits- und Drogenpolitik, Daten- und Verbraucherschutz, sowie Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung. Hier leite ich als sogenannter Koordinator mehrere Arbeitsgruppen und Arbeitskreise.
IMKE S.: Könntest du bitte kurz und präzise die Ziele der Piraten erläutern!
ANDI R.: Ich verstehe die Piraten als Bürgerrechtspartei. Ein wesentliches Ziel ist auf jeden Fall mehr Transparenz auf allen Ebenen der Politik. Volksvertreter sollen ihrer Berufsbezeichnung wieder Ehre machen. Wir wollen den gläsernen Staat, nicht den pauschalverdächtigten, durchsichtigen Bürger.
Die Wahrung unser aller Bürger- und Grundrechte ist ein Ziel, das angesichts der mangelnden Wertschätzung durch andere Parteien immer wichtiger wird.
IMKE S.: Welche Ziele verfolgt ihr speziell in Berlin?
ANDI R.: Berlin hat natürlich auch ganz stadtspezifische Fragestellungen zu beantworten. So wurde dort z.B. unter anderem ein Konzept für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr und eine grundlegende Novellierung der Drogenpolitik erarbeitet. Aber auch die Stadtfinanzen und die Transparenzforderung steht dort ganz oben auf der Agenda. Besonders wichtig ist – und das nicht nur in Berlin – die Bildungspolitik. Auch dazu haben wir umfangreiche Konzepte erarbeitet.
IMKE S.: Was kannst du uns über Entstehung der Piraten erzählen, also wer hat die Partei gegründet und warum? Soweit ich weiß ging es ja ursprünglich nur um Privatsphäre im Internet.
ANDI R.: Kurz zusammengefasst sage ich es so: 2006 gründete sich aufgrund einer Überwachungsinnitiative der Schwedischen Regierung die dortige Piratpartiet, und wurde sofort drittstärkste Partei des Landes. Schnell folgten Parteigründungen in vielen weiteren Ländern, so auch in Deutschland. Aus anfänglich 600 Mitgliedern – hauptsächlich aus der IT-Welt – wurde in 5 Jahren nun eine 12000 Mitglieder starke, thematisch breit gefächerte Partei, die sich immer mehr Themen erarbeitet.
IMKE S.: Wie steht ihr zu Sozialpolitik, sprich Hartz 4?
ANDI R.: Das Harz-IV-Konzept sehen wir als unsoziales Verarmungsprogramm, das einer der wirtschaftsstärksten Nationen der Welt unwürdig ist. Wir stellen dem die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen entgegen.
IMKE S.: Wie steht ihr zum Thema Bildungspolitik, z.B. Studiengebühren, Pisastudie, Chancengleichheit auch für Kinder der sogenannten Unterschicht? Was sind eure Vorschläge zur Lösung unserer Bildungsmisere?
ANDI R.: Studiengebühren lehnen wir strikt ab und fordern darüber hinaus die völlige Lehrmittelfreiheit in allen Schulformen. Bildung darf keine Frage des sozialen Status sein. Vieles in unseren Bildungsprogrammen greift genau diese Problematiken auf. Bildung war immer das größte Kapital unseres Landes und Basis einer funktionierenden Industriegesellschaft. Bei jeder Wahl verkommt Bildung wieder zum billigen Schlagwort, bei dem ausnahmslos alle Parteien viel zu bemängeln, aber leider nichts zu ändern haben. Wir wollten einen konsequenten, zukunftsfähigen Umbau, der alle Gesellschaftsschichten mitnimmt.
IMKE S.: Und zum Schluss würde mich noch interessieren, wie du versuchen würdest einen CDU Wähler zur Piraten Partei zu „bekehren“! ;-)
ANDI R.: Eher gar nicht. Wenn eine deutsche Partei uns regelmäßig neue Herausforderungen für unsere Arbeit entgegenstellte, dann war es die CDU. Meine Idee ist es da eher mit kontinuierlicher, sachlicher Arbeit deren falsche Wege und unsere besseren Alternativen herauszustellen.
Übrigens gibt es durchaus eine ganze Reihe ehemaliger CDUler in unseren Reihen, die glauben, dass diese heutige CDU immer größere Bevölkerungsgruppen achtlos zurück lässt.
Ich bedanke mich bei Andi Rohde für die ausführlichen Auskünfte!
Ahoi Kapitän! ;o)
Autor:Imke Schüring aus Wesel |
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