Norbert Segerath, Bürgermeister-Kandidat für Die Linke, mag keine Stammtisch-Parolen
Er ist gelernter Chemiker, Sachverständiger beim TÜV Nord und Rentner mit eigenem Sachverständigenbüro. Norbert Segerath mag's gern akurat und korrekt. Und genau so ging er auch ans Interview mit dem Weseler! Es passte dem 66-Jährigen nicht recht in den Kram, dass wir uns (mangels Platz im Print) Kürzungen vorbehalten wollten.
Dennoch, es hat geklappt, wie Sie unten lesen können. Der Kandidat für Weseler Bürgermeisteramt verriet uns viel: über seine Hobbys (Fahrrad fahren, Urlaub in den Bergen, vorzugsweise Alpen und im mediterranen Bereich, kochen, lesen).
Und dass er moderne Comedy nicht mag, sondern Kabarett und Satire á la Dieter Hildebrandt, Urban Priol, Georg Schramm und Volker Pispers. Oder Humor á la Ringelnatz, Max Goldt, Marc-Uwe Kling und Bastian Sick.
Aber was will der Kandidat der Weseler Linken politisch? Wenn Sie das interessiert, dann lesen Sie unser Interview.
Redaktion: Warum glauben Sie, dass Sie ein besserer Bürgermeister sind als Ulrike Westkamp oder Jürgen Linz?
Segerath: Ich trete als Bürgermeisterkandidat für die Partei Die Linke in Wesel an, weil ich der Meinung bin, dass die Interessen einer Vielzahl von Weseler Bürgerinnen und Bürgern in den anderen Parteien nur unzureichend berücksichtigt werden.
Redaktion: Gewähren Sie unseren Lesern bitte einen tiefen Einblick in Ihre Stärken und Schwächen!
Segerath: Eine meiner Stärken, die man sicher in manchem Zusammenhang auch als Schwäche bezeichnen kann, ist meine Beharrlichkeit. Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Als das Thema Betuwe-Linie in Wesel von vielen schon als abgehandelt betrachtet wurde, habe ich in den Ausschüssen und in der Öffentlichkeit immer wieder auf die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen hingewiesen, die neben der Lärmbelästigung und den städtebaulichen Beeinträchtigungen mit den Ausbauplänen einhergehen.
Eine weitere Stärke ist meine Fähigkeit, von meinen politischen Mitstreitern Rat und Unterstützung anzunehmen. Dadurch werden eventuelle Schwächen gut neutralisiert. Ich kann bei meiner politischen Arbeit auf einen breit gefächerten Wissens- und Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Redaktion: Sie gewinnen 30 Millionen Euro. Was kaufen Sie für Wesel, was für sich selber?
Segerath: Die Frage geht für mich in die völlig falsche Richtung. Bund und Land müssen die Kommunen mit ausreichenden Mittel ausstatten, damit sie ihre Aufgaben gut erfüllen und ihren Bürgerinnen und Bürgern ein auskömmliches Leben in einem lebenswerten Umfeld bieten können. Es darf nicht sein, dass das Wohlergehen einer Stadt davon abhängt, das ein Wohltäter seine Geldbörse zückt und für etwas zahlt, das er persönlich für gut hält unabhängig von der Mehrheit der Betroffenen.
Redaktion: Geben Sie bitte ein griffiges Statement zu Stadtmarketing und ASG in Wesel: Funktionieren beide gut?
Segerath: Die ASG ist ein sehr gut funktionierendes, effektiv und bürgernah arbeitendes Unternehmen der Stadt Wesel, das vor jeglicher Art der Privatisierung geschützt werden muss.
Das Stadtmarketing kostet sehr viel Geld und ist meiner Ansicht nach nicht wirklich effektiv. Viele gute Ansätze werden nicht aufgegriffen, realisiert werden vielfach nur Veranstaltungen großer Unternehmen. Die Berücksichtigung kleinerer Aktionen aus den privaten Initiativen kommt mir etwas zu kurz.
Redaktion: Was können Sie an Ihrer Heimatstadt überhaupt nicht leiden?
Segerath: Mich stört vor allem, dass unsere Stadt demnächst von einer 5 bis 6 m hohen, nach jetzigem Stand tristen grauen Wand zweigeteilt wird, dass Gefahrgüter durch die Stadt und Trinkwasserschutzgebiete transportiert werden
Dass es die sogenannten Tafeln geben muss, ist für mich in einem so reichen Land wie dem unseren schon immer ein Unding. Dass die Weseler Tafel aus Mangel an Geld, Lebensmitteln und freiwilligen Helfern gefährdet ist, zeigt wie weit das soziale Gleichgewicht auch in unserer Stadt aus dem Lot geraten ist.
Redaktion: Eine Vision: Sie sind schon Bürgermeister und müssen eine Bewerbung formulieren, um öffentliche Gelder zu bekommen. Es geht um Verkehrsplanung. Was schreiben Sie?
Segerath: Entweder gibt es einen Anspruch auf die Zuwendung öffentlicher Gelder oder aber nicht. Es gibt meines Wissens keine Stelle, weder im Land noch im Bund, an der man sich um öffentliche Mittel bewerben kann. Wie man allerdings in einen Bedarfsplan eingebunden wird entzieht sich meiner Kenntnis, da müsste ich eine(n) Fachfrau(mann) befragen bzw. damit beauftragen.
Redaktion Gibt’s Dinge, die Sie besonders wütend machen?
Segerath: Ich bin grundsätzlich nicht wütend. Wut macht blind, trübt das Bewusstsein und die Urteilsfähigkeit. Zornig bin ich, wenn dumme Menschen ebenso dumme Entscheidungen fällen, wenn offensichtlich Einzelinteressen über das Interesse der Allgemeinheit gestellt werden, wenn Fehler vertuscht oder bagatellisiert werden und vor allem, wenn keiner mehr Verantwortung übernehmen will.
Redaktion: Eine Vision: Wesel ist totalitär, Sie sind Wladimir Segerath und dürfen drei Dinge abschaffen. Welche sind das?
Segerath: Wenn wir hier eine totalitäre Regierungsform hätten, wäre ich mit Sicherheit nicht ihr Repräsentant. Totalitarismus lehne ich grundsätzlich ab.
Redaktion: Worauf stehen Sie im Privaten? In Bezug auf Musik, Film, Essen, Reisen, Kleidung, Getränke, etc.?
Segerath: Musik: Rock, Pop, Klassik, alles was gut klingt.
Film: Komödie, Romanze, Dokumentarfilme, Action, Krimi
Essen: als begeisterter Hobbykoch alles was gut und manchmal auch ungesund (nach ärztlicher Meinung) ist, in begrenzter Menge. Regionale Küche genauso wie Haute Cuisine, fernöstlich und mediterran, einfach alles.
Kleidung: Ganz nach dem Wahlspruch meiner Mutter: sauber und ganz verleiht allen Dingen Glanz.
Getränke: da ich als geborener Ruhrpottler gelernter Pilstrinker bin, also Bier in lustiger Runde, Wasser gegen den Durst, Wein zum Essen.
Redaktion: Sind die Linken auf Bundesebene eine ernstzunehmende Größe oder eine Gruppe von Stammtischredenschwingern?
Segerath: Parolen, die auf die Stammtische der Republik zielen – wie „Wer betrügt, der fliegt“ oder „Autobahnmaut für Ausländer“ - kamen in den letzten Monaten aus einer ganz anderen politischen Richtung. Die Partei Die Linke steht als einzige Kraft im Bundestag für eine konsequente Friedenspolitik. Sie fordert wie keine andere Partei, die Verursacher und Nutznießer der wirtschaftlichen Krise an der Behebung der Folgen zu beteiligen.
Redaktion: Welche/n Prominente/n würden Sie gerne kennenlernen (bitte mit Begründung!)?
Segerath: Albert Einstein, Werner Karl Heisenberg, Nils Bohr, Karl Marx, Johann Wolfgang von Goethe, und viele mehr, alle mit der gleichen Begründung. Das waren Wissenschaftler, die nicht nur ihre Fachgebiete gesehen haben sondern auch die gesellschaftlichen Folgen ihrer Forschungen im Auge hatten. Eine ausgestorbene Gattung Mensch, leider.
Redaktion: Ulrike Westkamp klingelt am Vorabend der Wahl spätabends angeheitert an Ihrer Haustür. Was sagen Sie ihr?
Segerath: So unwahrscheinlich dieses Scenario auch ist, ich würde die Tür öffnen und Frau Westkamp hereinbitten, ihr einen Kaffee anbieten, mich mit ihr unterhalten und sie dann fragen, wie sie gedenkt nach Hause zu kommen. Drei Möglichkeiten: ich fahre sie, ich rufe ein Taxi oder sie lässt sich abholen.
Redaktion: Wenn die Weseler Bevölkerung am 25. Mai Segerath wählt, dann bekommt sie ...
Segerath: Einen Bürgermeister, dessen höchster Anspruch die absolute Bürgernähe ist.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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