Mehrgenerationenhäuser Ende oder Neustart?
Mehrgenerationenhäuser können - wenn es noch keine vergleichbaren Angebote gibt - in sozial benachteiligten Regionen oder im ländlichen Raum ein Angebot für ehrenamtlich Engagierte, Vereine und Initiativen sowie für berufliche Starterun-ternehmen sein.
Doch leider läuft Ende dieses Jahres das erste Förderprogramm des Bundesfami-lienministeriums für die 500 Mehrgenerationenhäuser in Deutschland aus. Damit sind bundesweit in fünf Jahren 10.000.000 Euro verbraucht. Gar nicht daran zu denken, wie viele soziale Projekte davon gefördert hätten werden können. Das Büro für Altersdiskriminierung formuliert das so: „Mehrgenerationenhäuser: Kos-tenträchtig wird herumlaboriert“. "Das macht jeder Kirchenkreis, bloß bekommen die kein Geld dafür.", so Uwe Schwarz, SPD-Sozialexperte im niedersächsischen Landtag. Fairerweise sollte allerdings nicht ungeschrieben bleiben, dass sich viele Ehrenamtliche in den Mehrgenerationenhäuser stark engagiert und erfolgreiche unentgeltliche Arbeit geleistet haben. Allerdings wurden mit den Fördergeldern teilweise auch die bauliche Substanz sowie das berufliche Personal in den Häusern aufgebessert. Nur wenige Mehrgenerationenhäuser können, wie vom Bund gefordert, aus eigener Kraft weitermachen.
Für nur 450 Häuser soll es nun ab 2012 für drei Jahre ein Folgeprogramm geben. Der Bund will 30.000 Euro pro Jahr und Einrichtung tragen und die Kommunen sollen sich verpflichten, 10.000 Euro pro Jahr und Einrichtung dazu zu steuern. Da die Finanzierung dauerhaft gesichert sein soll, könnten die Kommunen nach den drei Jahren dann gänzlich auf den Gesamtkosten sitzen bleiben. Das Programm wird in Kürze neu öffentlich ausgeschrieben. Wahrscheinlich werden einige Mehrgenerationenhäuser sich nicht erneut bewerben, deshalb erhalten neben den alten auch neue Einrichtungen eine Chance. Nach Vorstellung des Bundes-familienministeriums sollen alle Landkreise und kreisfreien Städte über ein Mehrgenerationenhaus verfügen.
Für die hiesige Region käme mithin der Kreis Wesel in den (auch finanziellen) Genuss eines Mehrgenerationenhauses. In Deutschland haben wir grob geschätzt 111 kreisfreie Städte und 412 Landkreise, das macht zusammen 523 Kommunen. Auch bei dem jetzt auslaufenden Förderprogramm hatten nicht alle Kommunen ein Mehrgenerationenhaus. Mathematisch gesehen werden demnach auch zukünftig deutschlandweit etwa 73 Kommunen über kein Mehrgenerationenhaus verfügen. Halten diese Kommunen, wie das Bundesfamilienministerium glauben lassen will, dann für ihre Bürger ein schlechteres adäquates Angebot vor? Die Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Sicher wird es Kommunen geben, für die ein Mehrgenerationenhaus eine Bereicherung ist. Andererseits gibt es auch Kommunen, wie z.B. die Stadt Wesel, die, auch in Zusammenarbeit mit dem Kreis Wesel und den Wohlfahrtsverbänden, ein breit gefächertes Angebot für ihre Bürgerinnen und Bürger vorhalten. Hier käme ein Mehrgenerationenhaus eher als kostenträchtige und unnötige Konkurrenz an. Auch gibt es kein Konzept, wie in einem Zuständigkeitsbereich für einen Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, die vom Bund gewünschte, Stadtteilarbeit aussehen könnte. Angemerkt werden muss, das z.B. in Berlin die Stadtteile die Größe einer Großstadt haben.
Ferner ist das Vorgehen des Bundesfamilienministeriums - Eingriff in die Länder-hoheit und in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen - grundsätzlich verfas-sungsrechtlich nicht ohne Bedenken.
Autor:Neithard Kuhrke aus Wesel |
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