Stadtrat Wesel
Haushaltsrede der Partei DIE LINKE

Es sind ungewöhnliche Zeiten, das mussten wir alle in den letzten Wochen und Monaten erfahren. Die Corona-Pandemie hat das gesellschaftliche und das wirtschaftliche Leben und unseren Alltag auf den Kopf gestellt. Die Situation hat sich ständig verändert und immer neue Anforderungen mit sich gebracht, die schnelles und flexibles Handeln erforderten. Im Zusammenspiel von Verwaltung und Politik wurden viele Maßnahmen auf den Weg gebracht – oft mit großer Einigkeit.
Auch der Haushaltsentwurf 2021 ist gekennzeichnet durch die beiden Krisen, die uns zur Zeit vor allem beschäftigen. Ich rede bewusst von 2 Krisen, denn auch wenn Corona den Klimawandel medial in den Hintergrund gedrängt hat, ist er immer noch da und bedarf ganz dringend radikaler Gegenmaßnahmen auch in Wesel. Und nicht zu vergessen: durch beide Krisen wird sich die soziale Krise weiter verschärfen.
Wir werden nicht gegen den Haushaltsentwurf stimmen, denn er enthält etliche Punkte, die wir gern mittragen oder sogar selbst gefordert haben. Wir begrüßen ausdrücklich die zusätzlichen Stellen in der Jugendamtsverwaltung, deren Notwendigkeit die Organisationsuntersuchung ergeben hat, die Einrichtung eines Sozialraumprojektes an der Grundschule Feldmark, die personelle Unterstützung der Schulen im Bereich der Digitalisierung und die Teilnahme am Förderprojekt „Guter Lebensabend“. Mit besonderer Freude haben wir festgestellt, dass auf unseren Vorschlag hin die kostenlose musikalische Früherziehung in Kindertageseinrichtungen nicht nur wie ursprünglich vorgesehen in 4, sondern in allen interessierten Einrichtungen angeboten werden soll. Auch Maßnahmen, die dem Klimaschutz und dem Erhalt der Biodiversität dienen, finden unsere Zustimmung ebenso für die weitere Umsetzung der Schulentwicklungsplanung.
Es gibt aber auch Punkte in diesem Entwurf, die wir nicht für richtig halten, bzw. Dinge, die uns in diesem Entwurf fehlen. Dass die Freigabe der Gelder für eine Skater- oder Pumptrackanlage an die Existenz und Zustimmung durch einen Jugendbeirat, den es in Wesel noch nicht gibt, geknüpft werden soll, halten wir für nicht nachvollziehbar. Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der Kommunalpolitik kann ganz verschiedene Formate haben und braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Die Unterstützung der Schulen mit digitaler Ausstattung und IT-Personal ist sicher gut und richtig. Wir bezweifeln aber, dass das ausreicht, um allen Schülerinnen und Schülern in dieser besonderen belastenden Zeit die benötigte Hilfestellung zu geben. In unseren Augen könnte ein Corona-Schuletat den Schulen die Möglichkeit geben, im Bedarfsfall flexibel und passgenau einzugreifen. Das an der Schule tätige Personal bemerkt am ehesten, wenn es irgendwo hakt, und kennt die Kinder und Jugendlichen am besten, um geeignete Hilfsangebote zu finden. Es ist löblich, den Jugendzentren 20.000 Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Dort ist das Geld sicher gut angelegt, aber dort ist der falsche Ort, um Kinder und Jugendliche, die mit dem Lernen unter Corona-Bedingungen nicht zurecht kommen, zu erkennen und ihnen wirksam zu helfen. Wenn wir mit der Konzipierung und Umsetzung eines Stadtbus-Systems für Wesel die Erstellung eines Mobilitätskonzeptes abwarten, riskieren wir, wichtige Termine für eine entsprechende Weichenstellung zu verpassen.
Es bleibt das Fazit, dass wir nicht gegen den Haushaltsentwurf stimmen wollen, aber auch nicht zustimmen können – beides wohl überlegt und sorgfältig abgewogen.
Demokratie ist Wettstreit unterschiedlicher Meinungen und Ideen. Dialog gehört dazu, einander vorurteilsfrei zuhören, auch abweichende Meinungen in die eigenen Überlegungen einbeziehen. Nur so kann man zu einer fundierten Entscheidung kommen. Im Sinne der Stadt Wesel und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner wünsche ich uns allen eine konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit und kluge Beschlüsse. Vielen Dank!

(Barbara Wagner)

Autor:

Imke Schüring aus Wesel

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