HAMMELSPRUNG RETTETE MAJOR KOCH
Die offene Bühne zeigte den Blick in den Verhandlungssaal. Der vorsitzende Richter machte zunächst in einem Prolog die Zuschauer im Parkett darauf aufmerksam, dass hier eben gleich ein Gerichtstermin stattfindet wird, zu dem alle Zuhörer aufgefordert wurden, aufmerksam den Ablauf in allen Nuancen zu verfolgen. Als dann wegen Parkplatzproblemen endlich alle Beteiligten des Prozesses eingetroffen waren, (manches Mal war man verunsichert, ob der gesprochene Text aktuell sei oder zum Schauspiel von Ferdinand von Schirach gehörte), konnte nachdem auch der verspätet eingetroffene hektische Verteidiger nach Abnehmen der Fahrrad-Hosenklammern und er seinen Platz eingenommen hatte, der vorsitzende Richter seine Anklageschrift verlesen. Der Richter erhob sich von seinem Platz und bat mittels eindeutiger Handbewegung auch die Schöffen im Parkett sich von ihren Plätzen zu erheben. Alle reagierten widerstandslos gegen die Staatsgewalt und die Zuschauer hatten ihre Rolle erkannt und erhoben sich von ihren Sitzen. Nach Verlesen der Anklage, die Major Koch bezichtigte widerrechtlich mit seinem Kampfjet ein ziviles Flugzeug mit Terroristen an Bord abgeschossen zu haben. Koch hatte zu seiner Rechtfertigung erklärt, das zivile Flugzeug habe Kurs auf das vollbesetzte Olympia-Stadion in München aufgenommen. Ein Zeuge von der Flugsicherung konnte in allen Einzelheiten den Vorgang der Ereignisse schildern und die Tat des Majors nachvollziehen. Eine Nebenklägerin, die ihren Mann beim Abschuss des zivilen Jets verloren hatte, konnte lediglich die zuletzt geführte Telefonverbindung erläutern, in der ihr Mann das von Terroristen gekaperte Flugzeug bestätigt hatte. Es folgten dann die endlosen Plädoyers mit rechtlichen Begründungen der Staatsanwältin und in Folge die des Strafverteidigers. Die Staatsanwältin plädierte für schuldig, der Verteidiger sprach für die Unschuld seines Mandanten.
Das Gericht auf der Bühne und auch die mindestens 500 Zuschauer vom Gericht zu Schöffen und Mitrichter ernannt, zogen sich zur Beratung zurück.
Bei Sekt und Bier gab es natürlich in dieser Pause nach etwa neunzig Minuten Verhandlung zündenden Gesprächsstoff unter den erkorenen Richtern. Um den Theatersaal nach dieser Pause erneut zu betreten, musste der Hammelsprung vollzogen werden. Zwei Durchgänge waren möglich. SCHULDIG oder NICHT SCHULDIG.Die Anzahl der jeweiligen Tore, die von den Richtern durchschritten wurden waren gezählt und die Ergebnisse dem Richter-Team hinter der Bühne mitgeteilt worden.
Für beide Entscheidungsmöglichkeiten hatte die Schauspielgruppe dem Weseler Publikum das Ende vorzutragen vermocht. Zur Urteilsverkündung hatten wiederum alle Mitrichter aufzustehen um das Urteil, das sie selbst durch den Hammelsprung entschieden hatten vom vorsitzenden Richter entgegen zu nehmen.
WESEL entschied sich für FREISPRUCH für Major Lars Koch.
So verkündet am Freitag Abend um 22.00 Uhr im Städtischen Bühnenhaus Wesel.
Autor:Peter Reiss aus Wesel |
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