Interview mit Rainer Keller, designierter SPD-Kandidat für die Bundestagswahl 2021
"Eine Herzensangelegenheit ist es für mich, dass wir mehr miteinander reden und nicht übereinander."

Rainer Keller im Kandidatenmodus. | Foto: privat
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  • Rainer Keller im Kandidatenmodus.
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Fast ist der Vorstoß ein wenig untergegangen im allgemeinen Pandemie-Frust. Dabei ist es der Weseler SPD gelungen, mit einer interessanten Personalie aufzutrumpfen. Damit hat die Partei die Kandidatenkür für die Bundestagswahl im Herbst 2021 am Niederrhein sehr früh eingeläutet.

Während die Christdemokraten im Kreis Wesel auf die allseits bekannte Sabine Weiss aus Dinslaken setzen, ging die SPD in Wesel jetzt mit einer interessanten Personalie an die Öffentlichkeit: Sie schickt Rainer Keller ins Rennen um die Wählergunst. Der 55-jährige wohnt in Wesel Stadtmitte und hat sich politisch bislang eher in der "zweiten Reihe" engagiert.

Doch gerade darin sieht die zwölfköpfige Findungskommission aus führenden SPDlern im Kreis Wesel einen Vorteil. Während Sabine Weiss aus sozialdemokratischer Sicht den direkten Draht zu ihrem Wahlkreis zu selten glühen lasse, sehe man in der Basisarbeit eine Stärke bei Rainer Keller. Der ist seit geraumer Zeit Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Wesel und Rotkreuzbeauftrager des Kreisverbandes Niederrhein und engagierte sich als Fachberater im Krisenstab des Kreises Wesel insbesondere für Unterbringung und Betreuung ankommender Geflüchteter in der Zeit der ersten Zuwanderungswelle Ende 2015/Anfang 2016.

Wer ist der Mann, der im Wahlkreis 113 (Wesel 1) für die Sozialdemokraten punkten will? Lernen Sie Rainer Keller näher kennen durch seine Antworten in unserem Interview.

Das Interview ...

1) dibo: Bitte stellen Sie sich unseren Lesern vor - mit den Detailinformationen, die Sie für wichtig halten.
Keller: Ich bin 54 Jahre alt, in Drevenack geboren , bin geschieden. Mein 23-jähriger Sohn Aaron und ich haben bis vor wenigen Wochen noch gemeinsam in Wesel gelebt. Meine Lebenspartnerin und ich sind seit fünfeinhalb Jahren ein Paar.
Mein Lebensmittelpunkt ist Wesel. Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin.

Ich bin staatl. examinierter Krankenpfleger und Notfallsanitäter und engagiere mich ehrenamtlich im Deutschen Roten Kreuz.Nach diversen Weiterbildungen, vorwiegend im Bereich von Leitung und Führung, wechselte ich 2001 in die medizintechnische Industrie und habe zunächst für ein japanisches Unternehmen sowie später für us-amerikanische Unternehmen verschiedene Aufgaben in Vertrieb und Marketing übernommen.

Momentan bin ich hauptberuflich als Senior-Key-Account-Manager für ein deutsches Unternehmen im Bereich der Tumorablation tätig. 

2) dibo: Warum sind Sie Mitglied der SPD geworden?
Keller: 1984 bin ich in die SPD eingetreten, weil die Sozialdemokratie für mich seit ihrer Gründung immer die Partei für Frieden, Demokratie und Solidarität war.Dies verkörperte für mich kein anderer Mensch besser als Willy Brandt, der mich immer wegen seiner klaren Haltung zur Demokratie und sozialer Gerechtigkeit fasziniert hat

3) dibo: Musste man Sie zur Kandidatur überreden?
Keller: Bei der Frage musste ich schmunzeln … - Nein.Obwohl sich die Sozialdemokratie momentan in schwerem Fahrwasser befindet, habe ich mich sehr darüber gefreut, dass die Findungskommission innerhalb des Kreisverbandes und der Kreisvorstand der SPD mich einstimmig als Kandidaten vorgeschlagen haben.
Ich habe richtig Lust auf diese Herausforderung.

4) dibo: In welchen Sachbereichen sind Sie besser als Ihre Hauptkonkurrentin?
Keller: Ich mag den Begriff der Konkurrenz nicht. Es sollte vielmehr um den Wettbewerb der besten Ideen und Lösungen für unser Land gehen.Hier sehe ich mich als aufrechten Sozialdemokraten mit meiner Partei in klarem Vorteil, da wir aus Fehlern der Vergangenheit gelernt haben und nach langer und ausführlicher Debatte ein neues tragfähiges Sozialstaatskonzept verabschiedet haben, das die zukünftige Finanzierung der Rente, des Gesundheitssystems gewährleistet und eine Abkehr von Hartz IV beinhaltet.
Weiterhin haben wir als Sozialdemokrat*innen die sozial ausgewogeneren Konzepte, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. 

5) dibo: An welchen "Baustellen" sehen Sie Nachbesserungsbedarf im Wahlkreis?
Keller: Jede politische Entscheidung, die in Berlin, Brüssel oder Düsseldorf getroffen wird, hat mittelbar oder unmittelbar ein Einfluss auf unser Leben.Deshalb geht es für mich darum, dass die Interessen unserer Mitmenschen gehört und beachtet werden, damit wir eine bessere Daseinsvorsorge, faire Löhne und sozialverträgliche Klimaschutzmaßnahmen erreichen 

6) dibo: Sie treffen beim Spaziergang einen Superreichen, der unbedingt einige Milliönchen im Kreis Wesel investieren möchte. Welche Projekt empfehlen Sie ihm?
Keller: Zunächst würde ich den superreichen Investor fragen, ob er denn auch Steuern zahlt.Danach würde ich ihm empfehlen, in nachhaltige, CO2-neutrale sowie innovative Technologien zu investieren, die es ermöglichen, den Strukturwandel weiter voranzubringen und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit fairen Löhnen beinhalten. 

7) dibo: Was bedeutet Heimat für Sie?
Keller: Heimat bedeutet für mich vor allem ein Ort der Geborgenheit. Familie und Freunde sind dabei für mich sehr wichtig, aber auch der vertraute Rundgang über den Wochenmarkt und ein anschließender Kaffee in einem der schönen Cafés. Gerade im Frühjahr und im Sommer finde ich, dass wir am Niederrhein in einer der schönsten Kulturlandschaften Europas leben, die es zu erhalten gilt. 

8) dibo: Nennen Sie uns bitte diese Dinge: Lieblings-Buch; -film; -TV-Sendung; -Reiseland; -Musik; -Politiker/in; -platz in der Heimat.
Keller: „Der erste Mensch“ von Albert Camus; „Pulp Fiction“ von Quentin Tarrantino; 
„Stranger Things“ auf Netflix und„Sherlock“ in der ARD; „Hart aber fair“ in der ARD; Bretagne; 
„Neil Young, Tom Waits, Depeche Mode“-
Politiker: eindeutig Willy Brandt: Lieblingsplatz: am Rhein von Orsoy, Götterswickerhamm über Wesel bis Xanten gibt es wunderbare und schöne Orte, an denen ich sehr gerne bin. 

9) dibo: Welche wären als gewähltes MdB die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Keller: Niemand von uns ist im Januar 2020 davon ausgegangen, dass wir mit einer weltweiten Pandemie konfrontiert werden, deren Auswirkungen unser Leben nachhaltig prägen werden.Die Pandemie hat uns noch einmal eindringlich vor Augen geführt, dass wir als viertgrößte Industrienation der Welt im Gesundheitswesen und der Daseinsvorsorge an unsere Grenzen gestoßen sind.

Medikamente, Schutzmaterialien in der Pflege und Medizin wurden knapp, weil Lieferketten nicht mehr funktionierten.Ärzte und Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind an ihre Belastungsgrenzen gebracht worden.
Hier reicht es nicht aus, dass Applaus erfolgt und Einmalzahlungen vorgenommen werden. Hochqualifizierte Jobs mit hoher Verantwortung müssen auch dementsprechend bezahlt werden und die Arbeitsbedingungen müssen stimmen. Diese Probleme sind struktureller Natur und waren schon vor der Pandemie vorhanden. Sie wurden nur nicht von den politischen Entscheidungsträgern in Bund und Land in den Fokus gerückt.

Hier muss ein klares Umdenken einsetzen und wir benötigen eine deutliche Verbesserung in der Daseinsvorsorge. Wir dürfen uns nicht weiter abhängig machen von internationalen Lieferketten, sondern müssen hier gemeinsam mit der Europäischen Union, Wege beschreiten, die dem Schutz und der Versorgung von uns allen dienen.
Politik muss ebenfalls dafür sorgen, dass die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie weitestgehend beherrscht werden und niemand, ob selbstständig, abhängig beschäftigt oder in Schule oder Ausbildung befindlich hinten über fällt.Wir haben uns alle dieses Virus nicht ausgesucht und dürfen niemanden zurück lassen.
Als sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter wird dies eine der vordringlichsten und ersten Aufgaben für mich sein.

Eine Herzensangelegenheit ist es für mich, dass wir wieder mehr miteinander reden und nicht übereinander.Politik darf nicht im abgekapselten Raum stattfinden und wir brauchen keine Anwält*innen als Mittler*innen, sondern Menschen, die im mitten Leben stehen und die Interessen unserer Mitmenschen im Auge behalten.

Natürlich dürfen wir die weiteren drängenden Fragen unserer Zeit nicht außer Acht lassen. Dazu gehören für mich, dass wir die Folgen des vom Menschen gemachten Klimawandels weiter abmildern und auf eine sozialverträgliche Erfüllung der Pariser Klimaschutzziele bestehen.
Weiterhin treibt mich um, dass unser Sozialstaat weiter Bestand hat und auf breitere Fundamente gestellt wird.

10) dibo: Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Der deutsche Bundestag braucht mehr Sozialdemokratie, weil ...
Keller: … die SPD stets die Partei des sozialen Fortschritts war, aus ihren Fehlern gelernt hat und die richtigen Antworten und Lösungen für die Fragen unserer Zeit hat.
Weiterhin bin ich der Überzeugung, dass nur eine starke Sozialdemokratie die richtigen Lösungen parat hat, um einer weiteren Spaltung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken.
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Steckbrief

Rainer Keller ist 55 Jahre alt und wurde als fünftes und jüngstes Kind in eine Arbeiterfamilie in Drevenack geboren ist "glücklich geschieden“ und hat einen Sohn (23). Nach der Schule (Gymnasium Wesel-Nord) und anschließender Schule für Sozialpädagogik leistete er seinen Zivildienstleist im Rettungsdienst in Essen ab, wo er dann auch als staatlich anerkannter Rettungsassistent, später als staatlich examinierter Krankenpfleger und in der Intensivpflege beruflich tätig war.
Später war Keller in einem japanischen und später bei US-Amerikanischen Unternehmen in leitender Position in Vertrieb und Marketing hauptberuflich tätig. Seit Januar 2020 fungiert Keller als Senior-Key-Account-Manager im Bereich minimal-invasiven Tumortherapie für ein kleines Medizintechnikunternehmen.
Politisch fand Keller ab 1984 den Weg zu den Jusos, eigentlich war diese Entscheidung schon durch die Eltern in die Wiege gelegt worden. Seit 2017 engagiert er sich wieder verstärkt in der SPD Wesel-Mitte / Büderich / Ginderich und ist seit April 2019 Beisitzer im Ortsvereinsvorstand und seit November 2020 sachkundiger Bürger im Rat der Stadt.
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Infos

Der Wahlkreis 113 (Wesel 1) umfasst die Kommunen Alpen, Hamminkeln, Hünxe, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Schermbeck, Sonsbeck, Voerde, Wesel und Xanten.
Wann genau die Bundestagswahl im Spätsommer/Herbst 2021 stattfindet, steht noch nicht genau fest. Theoretisch möglich sind Termine zwischen dem 25. August und dem 24. Oktober. Da jedoch in einigen Bundesländern die Herbstferien im Oktober einen möglichen Wahlsonntag blockieren, halten Experten den 19. oder den 26. September für die wahrscheinlichsten Wahltage.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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