Biostation vergräbt Otterholts
"Mein Name ist Lutra, ich ziehe hier ein."

Die Tierart, um die es heute geht, muss leider ohne ein Porträtfoto aus Wesel auskommen. Nicht aus Geiz, sondern weil wir noch gar keins im Inventar haben. Denn der Fischotter (Lutra lutra auf Wissenschaftlich) kommt im Kreis Wesel bisher nicht vor. Oder besser gesagt, wir haben ihn hier noch nie beobachtet. Bei aller berufsmäßigen Aufmerksamkeit kann uns auf über 1.000 km² natürlich eine Menge entgehen. Und vielleicht hat in den letzten Jahren auch sonst irgendjemand zwischen Schermbeck und Sonsbeck die schlanke Gestalt durchs Wasser gleiten oder am Ufer hocken sehen.

Unter guten Bedingungen ist der Fischotter mit nichts zu verwechseln. Er ist die einzige einheimische Otterart in Europa. Die gängigen Wasser-Säuger Bisam und Nutria sind viel kleiner als der bis zu 1,30m lange „Wassermarder“. Vom ähnlich großen Biber unterscheiden ihn sofort die für Marder typische Kopf- und Körperform und der fehlende Paddelschwanz. Während der Biber Pflanzenfresser ist, sagt schon der Name, worauf es der Fischotter abgesehen hat. Und während der Biber im Punkte Immobilien mit Burgen im Wasser aufwartet, zieht der Otter bescheidenere Verstecke am Ufer vor.

Das Warten auf den Otter könnte im Kreis Wesel bald vorbei sein. Einerseits breitet er sich in den Niederlanden und dem Münsterland aus. Auch rheinaufwärts bei Düsseldorf wurde er schon nachgewiesen (und ist dorthin vermutlich durch den Kreis Wesel geschwommen). Vor allem erwartet ihn hier jetzt aber ein wohnliches Zuhause. Oder zumindest ein Versteck im obigen Sinne, wenn auch kein natürliches. Denn als Teil des Projektes „Grün-Blaue Rhein Allianz“ wurden am 29. Oktober gleich vier sogenannte „Otterholts“ am Ufer des Diersfordter Waldsees in der Erde versenkt. Dabei handelt es sich um stabile Konstruktionen, die als Ersatz für die heute selten gewordenen natürlichen Unterschlupfe herhalten.

An dem grenzüberschreitenden Interreg-Projekt unter der Leitung von ARK Naturrontwikkeling sind ganze 10 Partner beteiligt: neben ARK und uns auch fünf weitere niederländische Institutionen (Rijkswaterstraat, Waterschap Rijn en Ijssel, Vereiniging Nederlands Cultuurlandschap, Sportvisserij Nederland und De Bastei. Auf deutscher Seite sind das Naturschutzzentrum Kleve, die NABU-Naturschutzstation Niederrhein und die Bezirksregierung Düsseldorf beteiligt. Die Aktion wurde von der Firma Holemans unterstützt und begleitet. Mit dabei waren Sjaak Koning, Sebastian Wantja aus dem NZ Kleve und Paul Schnitzler aus unserem Hause.

Begeisterung über Kotfunde ist ein schwer nachvollziehbarer Zug. Sie gilt auch für Biologen nicht pauschal. Doch wenn wir den Otter hier demnächst nachweisen, wird die Begeisterung erheblich sein, obgleich wir wohl weniger seiner Person als den Spuren seiner Füße oder Verdauung begegnen werden. Auf der Suche danach werden wir in den kommenden Monaten immer wieder am Diersfordter Waldsee vorbeischauen. Wenn er dort ankommen sollte, steht ihm zwischen Rhein-, Issel- und Lippeaue kein Mangel an Gewässern zur Verfügung. Vielleicht bringt einer unserer vier Otterholts den Stein ins Rollen und Lutra lutra zieht bald im Kreis Wesel ihre Jungotter auf.

Autor:

Biostation Kreis Wesel und Krefeld (Thomas Traill) aus Wesel

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