Giftköder in Flüren (oder anderswo) und was man dagegen tun kann - ein Interview

Weimaranerhündin Leica ist immer wachsam. | Foto: Thomas Radtke
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In Flüren und Umgebung leben Hunde-Besitzer in ständiger Sorge: Nicht zum ersten Mal haben Tierhasser Giftköder ausgelegt. Die Bürger sind alarmiert, bei Lokalkompass und Facebook sind intensive Warnaktionen angelaufen.

Erst im Dezember postete Vera Langenberg aus Flüren in der Facebook-Gruppe "Flüren ist mein Zuhause": "Seit zirka vier Wochen werden mit stark zunehmender Tendenz flächig Giftköder ausgelegt!" Ihr Hund fraß vergiftete Köder und musste in einer Tierklinik operiert werden.

Verschiedene Arten von Giftködern (Leckerlis in Knochenform, Markknochenscheiben mit einer breiigen roten Füllung, Reisbällchen mit Rasierklingen, Speckstreifen) wurden am Zigeleiweg, am Flürener Weg, an der Reeser Landstraße, am Heuweg, am Deich und am Emscherweg gefunden.

Knapp drei Monate lang hatten die Flürener Ruhe. Doch kürzlich schrillte der Alarm in den Sozialen Netzwerken wieder: Thomas Radtke, selber Besitzer einer Weimaranerhündin, warnte seine Mitbürger via facebook:
"Es geht wieder los ... die Meldung hat mich über GiftköderRadar erreicht!"

Diesmal ist die Rede von Hackfleischbällchen, die im Umfeld des Waldstadions gefunden wurden.
Thomas Radtke beantwortet uns einige Fragen zur Sache.

Redaktion: Wann etwa sind zum ersten Mal Giftköder in Flüren gefunden worden und wie sahen sie aus?
Thomas Radtke: "Das geht in Flüren ziemlich weit in die Vergangenheit zurück. Die ersten Fälle, damals noch überwiegend im Bereich des Heuwegs, waren schon vor Jahren im Gespräch. Aber, seit dem vierten Quartal 2015 nimmt das Ganze möglicherweise andere Dimensionen an, in Frequenz und in der Fläche. Und nun Anfang April die Hackbällchen am Waldstadion.
So eine Übersicht entsteht aber nur (zählt Funde samt Details auf), da die Flürener sich sehr rege untereinander austauschen, sei es im Gespräch oder über die sozialen Medien. Hier passen wir zum Glück noch aufeinander auf!"

Redaktion: Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen Hunde Schaden erlitten?
Thomas Radtke: "Jeder einzelne Fall ist schon einer zu viel. Aber meines Erachtens nimmt die Häufigkeit leider spürbar zu. Dass neben Hunden und anderen Tieren auch Menschen zu Schaden kommen können, ist einfach verantwortungslos. Anfang des Jahres habe ein Hund aus dem Bereich Flürener Weg - Reeser Landstraße sehr gelitten.”"

Redaktion: Ist die Polizei im Thema (was unternimmt sie)?
Thomas Radtke: "Mit der Polizei habe ich selbst bezüglich Giftködern noch keinen Kontakt aufzunehmen brauchen. Mir wurde versichert, dass die Kripo diese Fälle sehr ernst nehme, schnell zur Stelle sei und Proben der gefundenen Köder für Laboruntersuchungen weiterleite. Je konkreter, desto besser. Leider sei bisher noch niemand beim Auslegen auf frischer Tat ertappt worden.”"

Redaktion: Was ist der „Giftköderradar“ und wie profitiert man davon?
Thomas Radtke: "Giftkoeder-Radar.com ist eine aus meiner Sicht brillante Idee zweier Programmierer, Amalia und Sascha, die seit 2011 eine einheitliche Plattform für Giftköderwarnungen zur Verfügung stellen; als Smartphone-App, wie auch als Internetseite, damit Hundeliebhaber einen einfachen Zugang zu Giftköderwarnungen haben, wo sie sich gerade befinden. Die Smartphone-App mit Umkreissuche, aktiver Warnfunktion per Mail und der Möglichkeit, selber Meldungen einzustellen, ist eine so hilfreiche Sache."

Redaktion: Welchen Rat geben Sie Spaziergängern mit Hunden?
Thomas Radtke: "Offene Augen und der gesunde Menschenverstand sind die beste Hilfe für den Hund. Ein Spaziergang hat dann schon eine ganz andere Qualität, als wenn der Hund einfach seine Strecke abreißen darf.
Mein zweiter Tipp: den Hund an der Leine führen. Dann hat man die nötige Kontrolle - und kommt auch direkt der Leinenpflicht nach (schmunzelt).

Facebook, Whatsapp, das persönliche Gespräch und Lokalkompass sind ganz wichtige Hilfsmittel, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und von Warnungen sofort zu erfahren. Bei Lokalkompass schätze ich die Initiative der Redaktion sehr; so wird im akuten Fall auch schon mal selbstständig nach kurzer Abstimmung mit dem Finder von Giftködern eine Meldung geschaltet, damit möglichst kein Tier zu Schaden kommt!

Giftkoeder-Radar.com ist für mich eine weitere wichtige Informationsquelle. Diese Community bewährt sich sehr. Ein Maulkorb schützt letztendlich auch vor Aufnahme von Giftködern, vor allem, wenn man einen “Staubsauger”-Hund hat."

Auch Jana Lengenfelder treibt vor ihren Spaziergängen mit ihrem Podenco-Mischling Rayo die Sorge vor Giftködern. Die Flürenerin drückt's so aus: "Der Hund ist ein Familienmitglied und wenn dieser plötzlich von uns geht, ist es genau so traurig, als wenn ein Mensch aus unserem Umfeld stirbt."

Die Pressestelle der Kreispolizei Wesel rät dazu, dass Thema nicht übermäßig zu emotionalisieren. Stabsleiterin Sabine Vetter: "Und liegt keine einzige Anzeige vor - seit Wochen nicht!" Die Warnwellen bei Facebook empfindet sie eher als Panikmache.

"Hunde fressen vieles - zum Beispiel auch Kot!", so die Hauptkommissarin. Eine notwendige Operation sei kein Beweis dafür, dass ein Hund einen absichtlich ausgelegten Giftköder gefressen habe. Auch Zufälle seien möglich, beispielsweise ausgelegtes Rattengift gegen Plagenager.

Den Giftköderradar findet Sabine Vetter löblich, möchte ihn aber nicht überbewerten: "Die Beweisführung ist schwierig!" Wer glaube, einen Giftköder gefunden zu haben, solle dies umgehend der Polizei melden und Anzeige erstatten. Sachlichkeit sei hilfreicher als unkritische Warnungen in den Sozialen Netzwerken.

Kommentar zum Thema

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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