Gänse im Anflug auf den Niederrhein - Exkursionen der Biologischen Station beginnen bald!

Wildgänse im Abendlicht | Foto: Hans Glader
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Weihnachten ist noch etwas hin, doch der Winter ist jetzt schon zu sehen. Sein Bote rastet bereits am Rhein, steht in kleinen Gruppen auf Wiesen, Weiden und Äckern. Er katzengroß, grau, hat zwei orangene Beine, einen Schnabel derselben Farbe und darüber eine auffallend weiße Stirn. Hinzu kommen schwarze Streifen auf der Brust, die geübte Augen schon von weitem erkennen. Einen Namen hat dieser Winterbote auch: Anser albifrons, zu Deutsch Blässgans.

Noch sind es wenige, doch mit jedem Herbsttag kommen neue aus dem kalten Nordosten dazu. Ein paar sind immer zu sehen, wenn wir längere Zeit zum Horizont schauen. Und sammeln sie sich im Winter, dann kann sich für Momente der Himmel verdunkeln. Dann weben sich Tausend kurze, heisere Rufen zu einem einzigen dichten Klangteppich, wird aus einzelnen Gänsen eine musikalische Naturgewalt.

Sie scheinen nimmermüde. Auch nach Sonnenuntergang verraten ihre Stimmen sie hoch über der Stadt, doch beim Blick hinauf ist nur das kurze Flackern der Sterne zu sehen wenn die vorbeieilenden Gänse sie für Sekundenbruchteile verdecken. Uns fröstelt bei der Vorstellung, hunderte Meter hoch unbekleidet durch die Winternacht zu rasen. Wir malen uns taube Gliedmaßen aus, Erfrierungen. In der Tat kann sich auf lebendem Vogelgefieder in kalter Luft Reif bilden, ganz wie auf unserem Haar. Nur wenige Zentimeter darunter bleibt es aber warm, solange der Vogel satt wird, so gut isoliert die Gänse ihre Naturkleidung.

Und die Strecken, die unsere Gänse mit diesem Schutz durch die Kälte fliegen, sind viel länger als für uns zu sehen. Tausende Kilometer legen sie auf dem Weg von Sibirien nach Mitteleuropa zurück. Manche Sprachforscher mutmaßen, dass “Sibirien” sich von tatarischen “Sib Ir” ableitet, was “schlafendes Land” bedeutet. Ob das stimmt oder nicht, gerade im Winter trifft es zu. Die Weite jenseits des Urals schlummert dann unter einer tiefen Schneedecke, mit der kein futtersuchender Gänseschnabel mehr fertig wird. Um nicht zu verhungern, flüchten die Vögel rechtzeitig in den warmen Südwesten. Rund 200.000 Blässgänse verbringen dann die Wintermonate zwischen Duisburg und der niederländischen Grenze, erstaunliche 10 bis 20% des gesamten sibirischen Bestandes. Denn in de Rheinaue gibt es ein reiches Gras-Büffet, selten Schnee und –ganz wichtig– keine Jagd auf die Vögel!

Sollten die Vögel einmal großflächiger so günstige Bedingungen finden, werden sie sich vielleicht breiter verteilen. Eine Wanderung wäre nicht neu, denn bis in die 1970er-Jahre waren solche Gänsemassen bei uns unbekannt. Erst danach baute sich der Winterbestand so auf, was möglicherweise mit einem Rückgang in den Winterquartieren Südosteuropas einherging. Wer weiß also, wie lange uns die arktischen Gänse noch erhalten bleiben? Hier und heute aber können wir ihren Anblick genießen und uns freuen, dass etwas unseren Winter so energisch belebt. Deshalb bietet die Biologische Station im Kreis Wesel für alle interessierten Bürger/innen öffentliche und private Führungen zu den Tieren an. Termine dafür können bei der Station angefragt werden. Die Termine der öffentlichen Exkursionen stehen auf der Homepage (www.bskw.de) und werden kurz vorher in den Medien bekanntgegeben.

Doch bei den Führungen werden nicht nur Blässgänse in allen Lagen zu sehen sein, denn auch andere Arten verbringen den Winter hier: Weißwangengänse, Saatgänse und einige echte Raritäten wie die Rothalsgans und die Zwerggans treiben sich dann ebenfalls am Rhein herum. Hinzu kommen andere Wasservögel wie die Pfeifente und der Silberreiher, die uns gerade in der kalten Jahreszeit zu Hunderten bis Tausenden besuchen. All das und vieles mehr über unsere Landschaft und ihre Wintervögel gehört mit zum Programm.

Autor:

Biostation Kreis Wesel und Krefeld (Thomas Traill) aus Wesel

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