Die Weiße Pracht und meine stille Wette
Ein Häufchen Schneelend
Schnee macht mich immer noch zum Kind: die kurzlebige aber vollständige Verkleidung der vertrauten Welt: Außergewöhnliches, wo immer ich hinblicke; die kostbare Stille, wenn für einmal kein Verkehr in der Ferne rauscht; die Perfektion, die nur so lange besteht, bis wir sie berühren: ein Sinnbild für Zerbrechlichkeit und den Wert der Zurückhaltung.
Romantische Verklärung gefrorenen Wassers, ich weiß. Aber über das sogenannte "Schneechaos" konnte ich mich noch nie aufregen. Wenn ich 7 Stunden und 5 Umstiege brauche, um mit dem ÖPNV 50 km Luftlinie zurückzulegen (so war es am 8. Februar), ist das zermürbend, aber kurze Zeit später nur noch eine unterhaltsame Geschichte. Meine Faszination ist heute umso größer, weil ich Schnee immer seltener sehe.
Deshalb eine banal-kuriose Frage: wann und wo haben Sie in diesem Winter den letzten Schnee gesehen?
Seit dem 14. Februar wurde kein Frost mehr aufgezeichnet (Wetterstation Duisburg-Baerl) und nach 10 Tagen stetiger Milderung zeigte das Thermometer am 24. Februar sogar 20°C. Spätestens dann sollte der Schnee geschmolzen sein. Heute -- eine weitere warme Woche später -- erst recht.
Ich habe dies Jahr mal aufmerksam das Verschwinden der letzten Reste beobachtet: in der offenen, sonnenbeschienenen Landschaft ging es binnen weniger Tage. Länger hielten sich einzelne Verwehungen, die während der Kältephase teils auf gut einen halben Meter angewachsen waren, insbesondere im Schatten. Auf den Straßen war spätestens nach einer Woche Tauwetter wieder freie Fahrt möglich. Am 19.2. konnte ich ungehindert eine Radtour von 50 Kilometern zurücklegen, sah nur noch hier und da ein wenig Weiß. Weit über 99% des Niederrheins hatte seine ursprüngliche Farbe zurück.
Am darauffolgenden Montag, dem 22.2., sah ich zum letzten Mal "unberührten" Schnee: in einem schattigen Straßengraben im Eyller Bruch im Kreis Kleve tauten ein paar einsam späte, geharschte Streifen, während ringsum überall die Vögel sangen. Hier musste eine gewaltige Verwehung gelegen haben.
Seitdem habe ich auf dem Weg von und zur Arbeit ungewohnt viele Abstecher auf Parkplätze, Industrie- und Gewerbeflächen gemacht. Lustigerweise hält sich gerade im wärmeren Stadtgebiet am längsten etwas, weil durch große Räumfahrzeuge oder fleißige Hände/Schippen im Schatten mancher Gebäude regelrechte Eisberge entstanden sind. Bei zweistelligen Plusgraden schrumpften aber auch diese rasant. Etwa zwei Wochen nach der Kältephase, um den 25.2., hatte ich noch rund 7 dahinschmelzende und nicht mehr allzu weiße Haufen im Blick.
Irgendwann um diese Zeit habe ich mich gefragt, ob tatsächlich noch im März irgendwo in Wesel etwas Weißes liegen könnte und mit mir selbst die Wette abgeschlossen, dass dem so sein werde. Nun, Wette gewonnen. Das Bild zu diesem Beitrag ist heute Nachmittag entstanden. Die Stelle verrate ich nicht. Vielleicht erkennt sie jemand. Aber ich bin gespannt, ob irgendjemand in Wesel ab morgen noch Schnee findet.
Autor:Biostation Kreis Wesel und Krefeld (Thomas Traill) aus Wesel |
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