DER VERRÄTERISCHE PUNKT oder Die endliche Geschichte
Gerade in der Vorbereitung zu meinem Bericht "Der verräterische Punkt" platzt die Nachricht von Herrn Dirk Bohlen im LK Wesel, dass massive und nicht angekündigte Baumfällungen in Wesels Innenstadt für Aufruhr sorgen. Die angekündigte Baumfällung einer Linde in der Hamminkelner Landstraße in Höhe des Hauses Nr. 199, veranlasste mich diese Abfolge kritisch zu beobachten. Da ich aus vergangener Zeit, und das fast auf den Tag genau vor 10 Jahren, in unmittelbarer Nähe unserer Wohnung eine Linden-Fäll-Odyssee miterlebt habe. Einer der vier alten Linden ging es an die Krone, als am Freitag, dem 25.Januar 2002 Mitarbeiter der ASG Wesel erschienen. Die Linde vor dem Haus 175 der Hamminkelner Landstraße wurde mit rasselnden Kettensägen bearbeitet. Von oben bis unten wurde die linke der vier Linden dem Erdboden gleich gemacht. Es schmerzte zu zusehen wie der im Sommer schattenspendende und schallschluckende Koloss seine Zweige und Äste verlor, die dumpf auf den Asphalt der Landstraße aufschlugen. Ein Video-Film von 20 Minuten Länge, den ich mit meinem Camcorder Hi 8 von dieser Aktion produzierte, sollte die letzte Erinnerung der Linde festhalten. Wie erfreut war ich und mein Mitstreiter Horst Kupfer, als wir am Freitag, dem 28. März 2003 die Anpflanzung eines neuen jungen Baumes beobachten konnten. Doch bereits am darauffolgenden Montag-Nachmittag war alles so anzusehen, als hätte hier nie eine Neuanpflanzung stattgefunden. Nur eine verräterische Pflanzkuhle war übrig geblieben. Dieser Baum bekam daraufhin von uns den Spitzname: Drei-Tages-Linde. Gestohlen? Auf Anfrage bei der ASG sei Pilzbefall im Boden für die Rückgängigmachung der Pflanzaktion verantwortlich. Hatte man das nicht zuvor gewusst? Jedenfalls war erneutes Warten angesagt. Das Warten dauerte ewig, bis Horst Kupfer die Gelegenheit am Samstag, dem 11. September 2004 sah, Herrn Franz Michelbrink anzusprechen. Herr Michelbrink zu jener Zeit Chef der ASG und gleichzeitig Bürgermeisterkandidat der Stadt Wesel hielt sich für eine Wahlkampagne in der Weseler Innenstadt auf. Das war die beste Gelegenheit bei den um Wählerstimmen Kämpfende auf das Problem unserer 3-Tages-Linde aufmerksam zu machen. Herr Michelbrink versprach sich selbst darum zu kümmern und tatsächlich bekam Horst Kupfer einen klärenden Anfruf vom Sachbearbeiter Oberender. Hieraus war zu entnehmen, dass der Brandkrustenpilz die Erde verseucht habe und erst 5 Jahre nach der Beseitigung des alten Baumes eine Neuanpflanzung möglich sei. Nun hieß es wieder mal zu warten, jedoch waren immerhin schon 20 Monate seit der Fällung vergangen. Im Sommer 2009, nachdem der Pflanzbereich im Bodendecker immer noch keine Ersatzpflanzung zeigte, bat Herr Kupfer mit einem Schreiben Herrn Oberender er möge sich an sein Versprechen erinnern. Prompt kam auch die Zusage, dass Herrn Oberender veranlassen wolle, eine Linde noch im Herbst 2009 zu pflanzen. Und tatsächlich - am Mittwoch, dem 18. November wurde ein frischer Baum mit drei Stützpfosten von der ASG eingepflanzt. Und dann - wie schon gehabt, nach drei Tagen war davon nichts mehr zu sehen. Ein Gespräch mit den Herren Kupfer, Oberender und mir sollte doch nun endlich Klarheit schaffen. War inzwischen aus Wesel Schilda geworden? Oder wie anders sollte man den wiederholenden Fauxpas erklären?
Dieses Mal so erfuhren wir von Herrn Oberender sei die Gasleitung für die benachbarten Häuser Schuld. Diese Reihenhäuser stehen seit ewigen Zeiten und die alten Linden seit Urzeiten. Da tauchen unweigerlich Vermutungen auf, dass hier im Umfeld mit der Beseitigung des Laubes man so überfordert ist, dass stets neue Gründe zur Verhinderung laubtragender Bäume gesucht und - scheinbar auch gefunden werden.
Damit ist leider die Geschichte der alten Linde und der beiden 3-Tage-Linden der Hamminkelner Landstraße 175 abgeschlossen.
Es ist jetzt nur zu hoffen, dass der Linde vor dem Haus 199 nicht ähnliches Schicksal wiederfährt. Es wäre sonst schlimm um den Baumbestand der Hamminkelner Landstraße bestellt, die doch einst als einzige Verbindung von Wesel nach Bocholt, und natürlich von Bocholt - Wesel galt.
Autor:Peter Reiss aus Wesel |
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