Garten-Geschichten 4
Alles nur Kohlweißlinge, oder was?

Karst-Weißling (Pieris mannii): die Flügelecken der Vorderflügel sind etwas abgerundeter, die schwarzen Punkte eckiger als beim Kleinen Kohlweißling   | Foto: © Angelika Eckel
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  • Karst-Weißling (Pieris mannii): die Flügelecken der Vorderflügel sind etwas abgerundeter, die schwarzen Punkte eckiger als beim Kleinen Kohlweißling
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Der Kleine Kohlweißling (Pieris rapae) gilt als Allerweltsfalter. Besonders farbenprächtig oder spektakulär ist er nicht. Der weiße Schmetterling ist beinahe überall in Gärten und in der Kulturlandschaft zu sehen, wo er bei Gärtnern und Landwirten oft nicht sehr beliebt ist, da sich seine Raupen gerne von diversen Kulturpflanzen wie Blumenkohl, Kohlrabi, Raps, Ackersenf oder Kapuzinerkresse ernähren, die fast alle zur Familie der Kreuzblütler gehören. Ein Grund ist das Senföl, dessen scharfer Duft sie anlockt.

In diesem Sommer machen sich die Schmetterlinge in meinem Garten rar. In den vergangenen Jahren kamen mehr und unterschiedlichere Besucher. So habe ich dieses Jahr noch keinen C-Falter (Polygonia c-album) gesehen, auch kein Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) und sogar die kleinen Bläulinge wie die Faulbaum-Bläulinge (Celastrina argiolus) sind verschwunden. Ein einzelnes Tagpfauenauge (Aglais io) besucht die Blüten des Gemeinen Wasserdosts und hin und wieder ist ein Admiral (Vanessa atalanta) unterwegs. Nur auf den Allerweltsfalter, den Kleinen Kohlweißling ist Verlass. Jetzt im Spätsommer tanzen zeitweise mehrere im Sonnenschein, um dann ebenfalls auf den Blüten des Wasserdosts, des echten Dosts oder der Katzenminze zu landen.
Eines Morgens, als ich die Haustür aufschließe sitzt einer von ihnen an einer Blüte des Wandelröschens in dem großen Topf, der auf unserem Hausstein steht. Die Blüten des Wandelröschens sind fotogen, und dann noch mit einem Schmetterling, auch wenn es nur ein Kleiner Kohlweißling ist….. Also, schnell den Fotoapparat geholt, und als ich zurück komme – ja, der Schmetterling ist noch da. Er hat seine Morgenmahlzeit noch nicht beendet.

Ist es wirklich ein Kleiner Kohlweißling? Diese Frage ist berechtigt, denn es ist gerade erst drei, vier Jahre her, dass ich von der Existenz des Grünader-Weißlings (Pieris napi) erfahren habe, der dem Kleinen Kohl-Weißling stark ähnelt. Auf seiner Unterseite zeichnen sich grünlich bis grünlichgrau die Adern der Flügel deutlich ab. Seine Vorderflügel sind auf der Unterseite weiß und werden zur an der Spitze gelblich. Ich stellte damals das vermeintliche Foto eines Kleinen Kohlweißlings in der Datenbank observation.org ein, wo viele naturinteressierte Menschen ihre Beobachtungen eingeben. Die Daten dienen der Erfassung und Erforschung der Biodiversität. Beim Hochladen eines Fotos, durchläuft dieses automatisch die Erkennungssoftware einer Künstlichen Intelligenz (NIA Bilderkennung), die dann einen Vorschlag macht, um welches Tier, oder welche Pflanze es sich handelt, bzw. handeln könnte. Und da war sich in diesem Fall die KI ganz sicher (zu 100%), dass es sich nicht um einen Kleinen Kohlweißling handelte, sondern um einen Grünader-Weißling. Na so was!

Und auch diesen Morgen gab es eine Überraschung: Als ich pflichtschuldig meine Beobachtung eines vermeintlichen Kleinen Kohlweißlings bei observation.org eintrug, also das Foto hochlud, war sich die KI diesmal zu 100% sicher, dass es kein Kleiner Kohlweißling war, der sein Frühstück auf meinem Wandelröschen eingenommen hatte, sondern ein Karst-Weißling (Pieris mannii), denn sein schwarzer Fleck auf dem Vorderflügel ist eher eckig, der vom Kleinen Kohlweißling eher rund. Dann ist die Flügelspitze des Kleinen Kohlweißling etwas spitzer geformt, die des Karst-Weißling eher abgerundet. Genau diese feinen Unterschiede zu erkennen, darin liegt die Stärke der KI, deren Analyse auf Mustererkennung basiert. Was mich angeht: Karst-Weißling – Noch nie gehört! Kein Wunder, denn eigentlich ist dieser wärmeliebende Schmetterling im Süden, im weiteren Mittelmeerraum, zu Hause. Der Klimawandel ermöglicht es ihm, sich nach Norden auszubereiten. Die erste Sichtung eines Karst-Weißlings in Deutschland wurde im Landkreis Lörrach, ganz im südwestlichsten Zipfel Deutschlands, im Jahr 2008 dokumentiert. Seither breitet er sich weiter nordwärts aus. Die Raupen des Karst-Weißlings leben bevorzugt an der Immergrünen Schleifenblume (Iberis sempervirens) oder der Wilden Rauke (Diplotaxis tenuifolia) genannt, die beide zur Familie der Kreuzblütler gehören.

GBIF (Global Biodiversity Information Facility):
Jetzt muss man nicht alle möglichen Datensammlungen durchsuchen, um zu wissen, wo schon mal ein Karst-Weißling oder eine andere Art, die einen gerade interessiert, gesichtet wurde. Alle Meldungen aus unterschiedlichen Datensammlungen weltweit, die Naturfreunde und Naturfreundinnen ihre Beobachtungen eingeben, werden in den GBIF-Datenpool (https://www.gbif.org) überführt. Über die Jahre hinweg ergibt sich ein interessanter Datenpool, um mehr über die Biodiversität auf unserem Planeten zu erfahren. Es lässt sich abfragen, wo z.B. Arten neu auftauchen, die es bis dahin dort nicht gab, oder wo Arten verschwunden sind. Um zu erfahren, welche Meldungen es für eine Art in Deutschland gibt, gibt es eine Länder-Seite Deutschland https://land.gbif.de/occurrence/search/: Hier wird in das Feld „Species/Taxonomic group“ der Name einer Art eintragen, von der man wissen möchte, wo in Deutschland sie schon gesehen wurde. Da der deutsche Name nicht immer eindeutig ist, der Grünader-Weißling wird manchmal auch Raps-Weißling genannt, empfiehlt es sich, den lateinischen Namen zu benutzen. Im Falle des Karst-Weißlings, also „Pieris mannii“.
Aber: Diese Datenbanken müssen auch gefüttert werden. Also, überlegt Euch doch, ob Ihr nicht Lust habt, bei der Erforschung und Dokumentation der Biodiversität mitzuhelfen. Und das erweitert auch noch den eigenen Horizont, denn „Man sieht nur was man weiß“ – also entweder nur Kleine Kohlweißlinge oder auch Grünader-Weißlinge und Karst-Weißlinge. Wer fotografisch in der Natur unterwegs ist, kann einen wertvollen Beitrag zur Biodiversitätserfassung leisten. Für das Smartphone bietet observation.org die intuitiv zu bedienende App „ObsIdentify“ an.
Angelika Eckel für die BUND-Kreisgruppe Wesel

Autor:

BUND-Kreisgruppe Wesel aus Wesel

Freybergweg 9, 46483 Wesel
+49 2853 693582
bundkgwesel@bund-wesel.de
Webseite von BUND-Kreisgruppe Wesel
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