Russischstämmige Familie hilft Ukrainern
Drei Tage Giro Konto gesperrt

Larissa Komelkow  (47) möchte  auch andere zur Hilfe ermutigen
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Larissa und Viacheslav Komelkow stammen aus Omsk in Sibirien. 1998 kamen die beiden nach Deutschland, genauer gesagt nach Wesel, um hier eine neue Heimat zu finden. „Wir haben uns sofort wohlgefühlt und ausschließlich hilfsbereite Menschen auf unserem Weg zur Integration getroffen.

Deutsch Kurse und andere Maßnahmen halfen ihnen dabei, in ihr neues Leben zu finden. Während Larissa die deutsche Staatsangehörigkeit annahm, behielt ihr Mann aus organisatorischen Gründen die russische. Beide fanden schnell Arbeit in ihren erlernten Tätigkeiten. So arbeitet der 52jährige als Kraftfahrzeugschlosser und die 47jährige Larissa, deren Studium der Sozialpädagogik und Psychologie in Deutschland anerkannt wurde, in einem Pflegeheim. Zwei Töchter, Alina (21) und Xenia (11) sowie der Bau eines Häuschens im Weseler Ortsteil Obrighoven machten das Leben perfekt. Auch Larissas Verwandtschaft lebt in Wesel.

Hilfe für drei Generationen

Dann entschloss sich Putin, in die Ukraine einzumarschieren. „Wir konnten es nicht fassen“, so Larissa, „wie kann ein Mensch so etwas tun“. Mit Entsetzen hätten sie die Nachrichten vom immer grausameren Vorgehen Putins in der Ukraine verfolgt, hätten von den Toten in den angegriffenen Städten sowie den Flüchtenden und deren Nöten erfahren.
Nach einigen Tagen fragten ihre Nachbarn, bei denen es sich um Ukrainer handelt, ob sie sich an der Hilfe für eine aus der Ukraine geflohene Familie beteiligen wollten. „Das“, so Larissa, „war selbstverständlich und bedurfte keiner Minute des Nachdenkens“. So sei am 09. März eine Familie mit drei Generationen zu ihnen gekommen, eine Großmutter mit zwei Töchtern und zwei Enkelkindern. „Natürlich haben wir mit unseren Kindern darüber gesprochen und die waren auch sofort einverstanden“, erzählt Larissa. Die älteste in Nimwegen studierende Tochter nutze ihr Zimmer sowieso nur, wenn sie zu Besuch käme und so habe man dieses in die Unterbringung der ukrainischen Familie mit einbeziehen können. Bei den Behördengängen begleitete die gebürtige Russin die Familie und war erfreut über das Entgegenkommen der relevanten Stellen.

Soweit so gut, allerdings kam am nächsten Tag ein neuer Schreck in Form eines Schreibens der Niederrheinischen Sparkasse Dinslaken-Wesel, in dem den Komelkows mitgeteilt wurde, dass sie erstmal nicht über neue Geldeingänge auf ihrem Giro Konto verfügen könnten. „Da bekamen wir Angst“, so Larissa, „was hatten wir mit dem Krieg zu tun und wie sollte es mit uns weitergehen?“ Zum Glück erhielten beide ihre Gehälter jeweils zum Ende eines jeden Monats, so dass sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen konnten. Trotzdem sei die Angst dagewesen, wie es im nächsten Monat aussehen werde. Nachfragen bei der Sparkasse bestätigten die Richtigkeit des Schreibens. Der Grund sei die russische Staatsangehörigkeit ihres Mannes. Nach weiteren Anrufen habe dieser dann alle relevanten Papiere eingereicht und drei Tage später hätten sie eine Nachricht erhalten, dass wieder über das Konto verfügt werden könne.
Reinhard Hoffacker von der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe bedauert den Vorfall. „Es handelt sich um einen Automatismus aufgrund der Regelung, den Zahlungsverkehr russischer Staatsbürger zu unterbinden, wobei damit logischerweise die reichen Oligarchen getroffen werden sollen“. Das System könne aber nicht unterscheiden, ob es sich um eine normale Familie oder einen Oligarchen handele. Deshalb werde das im Einzelfall überprüft und die Sperrung bei positivem Ergebnis rückgängig gemacht. Larissa und Viacheslav jedenfalls fiel ein Stein vom Herzen.

Verwandtschaft lebt noch in Russland

Nach einer Woche verließ die ukrainische Familie das Haus, wobei die Großmutter mit ihrer jüngsten Tochter zu weitläufigen Verwandten nach Oberhausen zog, während die andere Tochter mit ihren Kindern eine Wohnmöglichkeit über die Stadt Wesel fand.
„Wir würden es immer wieder tun“, resümiert Larissa, „und möchten auch andere Menschen dazu ermutigen, alle Befürchtungen über Bord zu werfen und den Menschen aus der Ukraine zu helfen“. Dabei sei sie von der allgemeinen Hilfsbereitschaft sowieso schon begeistert.
Sorgen machen der Familie auch die Heimat und die dort lebenden Verwandten Viacheslavs. Was diese über den Krieg in der Ukraine wissen, entzieht sich der Kenntnis Larissas. „Wir reden bei unseren Telefonaten nicht viel darüber, denn meine Schwiegermutter ist ziemlich alt und dazu kommt die Angst vor unbedachten Äußerungen und deren Folgen“. Besuche seien erstmal nicht möglich. So hofften alle auf ein baldiges Ende des Krieges.

Randolf Vastmans

Autor:

Randolf Vastmans aus Xanten

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