Eliot Quartett vs Popmusik - Gedanken eines Aufgeschlossenen
Von der Bewunderung für klassische Musikanten

Foto: Inge Bohlen

Warum bin ich eigentlich hier? Hier im Bühnenhaus, meine ich, wo das Eliot Quartett konzertiert. Obwohl ich doch gar keine Ahnung von klassischer Musik habe. Warum tue ich das? Erklärungsversuche.

Mögliche Antworten auf eingangs gestellte Frage wären diese: Weil Max Brandt vom Städtischen Musikverein mich eingeladen hat. Weil auch meine Gattin gerne mal Klassik hört. Weil ich ab und zu was ganz Anderes machen will. Weil Paul Borgards vom Bühnenhaus immer so nett grüßt. Oder weil ich mich grundsätzlich gerne im Weseler Kulturleben herumtreibe. Fünf Antworten, die - alle zusammen genommen - eine akzeptable Portion Wahrheit enthalten.

Die treffendste Beantwortung ist aber: Ich bewundere diese hochtalentierten Musiker/innen. Und das gilt nicht nur für Maryana Osipova (Violine), Alexander Sachs (Violine), Dmitry Hahalin (Viola) und Michael Preuß (Cello), die als Ensemble "Russische Klangfarben" zu Gehör bringen. Mit welcher Präzision, Disziplin und Spielfreude das Quartett die Kompositionen von Schostakowitsch, Prokofjev und Tschaikowski interpretiert, ist äußerst beeindruckend. Müsste ich Entsprechungen in der Welt der U-Musik finden, würde ich bei Eric Clapton, Stevie Ray Vaughn, Mark Knopfler, Paco de Lucia oder Al Di Meola hängen bleiben.

Für alle eingefleischten Klassikfreunde: das sind Gitarristen aus dem Blues/Rock/Pop-Sektor, deren Können unter Experten als nahezu genial anerkannt ist. Und so gelangen wir zu dem Punkt, an dem man unumwunden zugeben muss, dass es in der E-Musik wahrscheinlich in Relation zur Gesamtmenge weitaus mehr Genies gibt als in der Popmusikwelt. Nicht nur unter den Komponisten - auch unter den Interpreten. Klar, nicht alle sind Lang Langs! Aber es wimmelt zwischen Ave Maria und (Also sprach) Zarathustra von Hochbegabten, wie es sie sonst nur unter Jazzmusikern gibt.

Im Klassik-Orbit existieren wahrscheinlich mindestens zehn Beatles-ähnliche Phänomene. Und waren es nicht die Liverpooler Pilzköpfe, die Celli (Yesterday, Eleanor Rigby), Spinette (For no one, Piggies) und Streichorchester (The long and winding Road, A Day in the Life) in der Popmusik etabliert haben?! Egal, die Beatles waren eben einmalig - ebenso wie Bach, Beethoven, Mozart oder Schubert. 

Vielleicht sind derartige Vergleiche aber auch obsolet. Denn eines ist mal sicher: Weder die Einmaligkeit entscheidet über das Maß an Freude, das Musik auslösen kann (trauriger Beweis: Schlager nach 1980!), noch die Qualität (Depp-Depp-Depp, Johnny Depp) oder die Spielfreude. Mangels Letzterer hätte man gegen Bob Dylan schon in den späten Sechzigern Auftrittsverbote aussprechen müssen.

Die Erkenntnis der voranstehenden Gedanken? Gut ist, was gefällt. Wer zuhört, ist dabei zweitrangig. Deshalb dürfen wir ja ungestraft (und eingeladen!) unter all den hochgebildeten Musikexperten sitzen und dem exquisiten Vortrag des Eliot Quartetts lauschen.
Danke, lieber Herr Brandt - wir kommen bald wieder!

Hallo Leser! Wenn Ihr noch hier seid, bekommt Ihr jetzt was auf die Ohren ...

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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