Schwere haben es nicht leicht

Dass dieses so ist, zeigten in einer gelungenen Aufführung die vier Darsteller des Tournee-Theaters Landgraf am Sonntag im Städt. Bühnenhaus Wesel.
Da begegnen sich in der Mittagspause in einem Imbiss-Restaurant die gut genährte Bibiolokarin Helen (Katrin Filzen) und der Büroangestellte Tom (Martin Lindow). Helen die mit diversen Diäten vergebens versucht hat abzuspecken, aber ihren Humor nie verloren hat. Diese ihre Natürlichkeit erregt bei Tom eine Zuneigung und Amors Pfeil hat voll sein Herz getroffen. Beseelt von dieser Begegnung und im Überschwang der Gefühle wird er nach der Mittagspause von seinem Kollegen Carter (Benjamim Kernen) als verliebter Glockel entlarvt. Natürlich ist Carters Neugier groß, wer denn nun die neue Liebe ist, die dem verschlossenen Tom so viel bedeutet. Denn Toms Zuneigung zu der ebenfalls im Büro arbeitenden Jeannie ( Julia Hansen) ist Vergangenheit. Tom gibt trotz der
provokanten obzönen Worte und widerwärtigen Gesten Carters den Name seiner neuen Liebe nicht Preis. Schließlich gelingt es Carter Tom den Treffpunkt seiner nächsten Begegnung mit Helen zu entlocken. Bei einem gemeinsamen Essen von Helen und Tom taucht unverhofft auf. Beim Anblick der molligen Helen gerät Carter außer sich und es kommt zu einem Eklat. Wieder im Büro rät Carter Tom
mit massiven Worten von der Verbindung zu Helen ab. Ein solch ungleiches Paar könne vor der Gesellschaft nicht bestehen. Die Histerie, die Carter an den Tag legt, findet eine nun aus ihm heraussprudelnde Erklärung. Carters Kindheitserinnerungen an eine fette, immerzu fressende Mutter haben sich bei ihm eingebrannt. In der Schule fand er keine Freunde, sondern nur Kinder, die ihn wegen der unförmigen Mutter hänselten. Die Mutter war einfach nicht gesellschaftsfähig. Sollte Tom etwa auch in den Strudel von Demütigungen durch das Aussehen seiner Helen geraten? Natürlich erfährt Jeannie nun auch vom Aussehen Toms neuer Geliebten. Sie stellt sich die klassische Frage: Was hat sie, was ich nicht habe? Keine Antwort findend beendet sie nun die für sie verloren gegangenen Beziehung zu Tom mit eine schallende Ohrfeige. Tom und Helen erleben zurückgezogen ihren Liebesrausch, doch Helen fragt Tom, ob dieses isolierte Leben weiterhin Bestand haben soll. Auch Tom will heraus aus der Isolation und besucht zusammen mit Helen den Betriebsausflug seiner Firma. Doch auch dort am Badestrand suchen sie die Zweisamkeit, fernab aller Kollegen. Carter hat sich liebevoll Jeannie zugewandt und beide begegnen wie zufällig Helen und Tom, die nur mit Badebekleidung sich am Strand abgesondern haben. Jeannie in den Arm haltend kann Carter beim Anblick der drallen in einem Badeanzug gekeideten Helen seine Beleidigungen nicht zurückhalten. Er und Jeannie lassen nach den Beschimpfungen Helen und Tom verlassen zurück. Nun hat Tom erkannt, dass Carters Prophezeiung zur Wahrheit geworden ist. Er bricht das Verhältnis zu Helen und sie igelt sich mit dem übergroßen Strandlaken ein und verzieht
sich in ihr Schneckenhaus.
Ein lang anhaltender Applaus im vollbesetzten Bühnenhaus dankt für die sich verbeugenden Schauspieler. Mag sein, dass sich der ein oder andere Zuschauer in den einzelnen Charakteren wiedererkannt hat.